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Geständnis: Ich klaube gern mal ...

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Manchmal komme ich mir bei meinen Gesprächen mit Lesern zwischen zehn und zwölf wie ein passionierter Wortklauber vor, womit ich gleich mitten im Thema bin, denn im Deutschen gibt es eigentlich nur den Begriff der Wortklauberei, und ich nehme mir einfach die Freiheit heraus, mich in diesem Fall nicht an den Duden zu halten und aus dem Wort für die Beschreibung der Tätigkeit eins zu machen, das mich als aktiven Betreiber dieses Tuns auszeichnet, weshalb ich mich ruhigen Gewissens auch Wortklauber nennen möchte. Untermauern möchte meine Entscheidung mit fundiertem Fachwissen, denn in meinem ersten Beispiel geht es um ein Kofferwort. Was das ist? Ganz einfach, wenn künstlich (also nicht aus der Sprachentwicklung heraus) zwei Wörter zu einem vereint werden, um zu einen neuen Begriff verschmolzen zu werden. Beispiel? Kein Problem, ich nenne mal gleiche mehrere, wobei ich es den Lesern meines Blogs überlasse, die beiden ursprünglichen Wörter herauszubekommen. Und ja, es ist wieder mal ein Rätsel, und nein, es gibt immer noch nichts zu gewinnen. Also: Kofferwörter sind beispielsweise der Teuro, das Motel, der Brunch oder der Mechatroniker. Alles klar? Nun zu der Unterhaltung heute um kurz nach elf:

 

"Immer wenn ich dieses Wort lese, ärgere ich mich fürchterlich darüber, weil es uns, die wir in DDR groß geworden sind und uns manchmal wehmütig an frühere Zeiten erinnern, in ein abwertendes Licht rückt und so tut, als wären wir nicht mehr ganz bei Trost", meinte die Leserin und fügte hinzu: "Bitte geben Sie das mal an Ihre Kollegen weiter, damit etwas sensibler damit umgehen." Angerufen hatte Sie mich, weil sie in einem Artikel diesen Satz gelesen hatte: "Die Referenten diskutierten mit den Bürgern über die aktuelle Ostalgie und der Erinnerung an einen Unrechtsstaat." Selbst verständlich habe ich mit meinem Wissen glänzen wollen, dass es sich bei der Ostalgie um ein Kofferwort handelt und sowohl der Osten als auch die Nostalgie doch keine negativ besetzten Worte seien, wobei ich aber auch kein Geheimnis daraus gemacht habe, dass ich als jemand, der die DDR nie persönlich erlebt und kennengelernt hat, die Ostalgie ganz wunderbar finde, weil ich davon nur profitieren kann. Mit diesem Satz leitete die Frau in der Leitung das Ende des Gesprächs ein: "Hören Sie mit bloß auf damit, das ist doch die reinste Wortklauberei."

 

Ein halbe Stunde später durfte ich heute dann sogar noch einmal ein Wort klauben. "Das ist jetzt bereits das dritte Mal, dass ich wegen dieses Missbrauchs der deutschen Sprache anrufe, allmählich verliere ich die Geduld", meinte ein Anrufer, denn ich dann tatsächlich an der Stimme erkannte, weil das Gespräch vor diesem erst ein paar Wochen zurück lag, weshalb ich so reagieren konnte: "Ich weiß, dann hatten wir wohl mal wieder ein Festival in der Zeitung." Das dem tatsächlich so ist, erfuhr ich dann, nachdem der Mann am Telefon mit zuerst mit "Aus Protest Biervorräte aufgekauft" die Überschrift des Artikels genannt und dann die Unterzeile vorgelesen hatte: "Ostritzer setzen Zeichen gegen Rechtsrock-Festival". Damit dürfte klar sein: "Festival ist eindeutig ein Begriff, mit dem man gute Laune und viel Spaß in Verbindung bringt, und deshalb es niemals für eine solche Veranstaltung der Rechten verwenden." Und erneut argumentierte ich: "Ein Festival ist zunächst einmal nur eine mehrtägige Kulturveranstaltung, wobei es dann jedoch im Auge des Betrachters liegt, was künstlerisch wertvoll ist und was nicht", sagte ich und bekam zur Antwort: "Jetzt geht diese Wortklauberei schon wieder los, ich fass es nicht." Den Rest des Gesprächs möchte und muss ich auch nicht wiedergeben, denn wir kamen nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Allerdings kam mir diesmal die Idee, den Leser zu fragen, wie er denn ein solches Ereignis nennen würde. Die Antwort hat mich überrascht: "Einen Auflauf", sagte der Anrufer und erinnerte mich damit zunächst einmal daran, dass ich schon länger keine warme Mahlzeit mehr genießen durfte.

Und noch in eigener Sache: Erst in den nächsten Woche gibt es hier einen neuen Blogeintrag, denn ich nehme den morgigen Tag wörtlich: Ein Freitag.

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