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Na dann: Bleiben Sie, wie Sie sind

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"Wir beide müssen jetzt sehr tapfer sein." Dieses Zitat ist in doppelter Hinsicht eine Premiere. Zum einen sind es meine eigenen Worte, die ich wiedergebe als Einleitung für diesen Text. Zum anderen habe ich sie im Grunde genommen noch gar nicht geschrieben, weshalb ich sie eigentlich auch gar nicht zitieren kann, denn mit diesem Satz beginnt meine Kolumne auf der Seite "Leserforum", die aber erst morgen erscheint. Warum ich es (mal wieder) so kompliziert mache? Ganz einfach: Wie beide müssen jetzt sehr tapfer sein, denn dies ist mein letzter  Blogeitrag in dem zu Ende gehenden Jahr, und der nächste erscheint erst im neuen. Anders formuliert, für mich wesentlich freundlicher und wohltuender klingend: Ab morgen genieße ich meinen mich beflügelnden Jahresendurlaub. Und weil das so ist, möchte ich mich noch mit ein paar Randnotizen aus den Protokollen der Gespräche mit Lesern zwischen zehn und zwölf verabschieden.

Episode 1: Ein Leser hatte mich angerufen, nachdem er den Artikel "Etappensieg im Klimaschutz – aber der Weg ist noch lang" über den zu Ende gegangenen Klimagipfel in Kattowitz gelesen hatte. Er wollte sich beschweren, nicht über den Bericht, sondern über das, was er darin gelesen hatte: "Welche ein Verschwendung von Papier, welch eine Sünde wider die Natur, weil Bäume dafür gefällt werden mussten, um an diesen kostbaren Rohstoff zu gelangen", meinte er und bezog sich damit auf die Nachricht, dass alle Delegierten der insgesamt 196 Länder bei ihrer Abreise eine Ausgabe des 133-seitigen Regelwerks mit im Gepäck hätten. Ob er sich vorstellen könne, dass es auch digitale Versionen, also Dateien auf Rechnern hätten sein können, was dann keine Papierverschwendung sei, war eine Frage, die er nicht mehr hören wollte, weil er sich dann sofort von mir verabschiedet hat.

Episode 2: Ein anderer Leser hatte sich an mich gewandt, weil er mir etwas zu dem Artikel "Freund Wladimir" mitteilen wollte. Der Bericht war der Frage nachgegangen, weshalb Russlands Staatspräsident einst einen Ausweis für die Kantine der Stasi besaß. Der Mann meinte, dass man das doch alles schon längst wisse und der Fakt an sich nicht verwunderlich sei. Dann vernahm ich diesen Satz, den ich angesichts seiner existenzphilosophischen Tragweite zitieren möchte: "Was wir aber nicht wissen, ist das, was wir nicht wissen."

Episode 3: Reaktionen auf meine Blogeinträge gibt es eher selten, weshalb es mir nun eine umso größere Freude bereitet, eine Leserin zu Wort kommen zu lassen. Sie hatte den letzten Eintrag "Hallo, Herr Putin, lesen Sie?" gelesen, denn am Ende hatte ich zwei Fragen gestellt: "Wie kann ich es schaffen, dass das russische Staatsoberhaupt auf meinen Blog aufmerksam wird? Wer kann mir dabei helfen?" Nun denn, die Empfehlung der Leserin war diese: "Suchen Sie sich ein Pferd, entblößen Sie ihren Oberkörper und reiten Sie durchs Land." Hinzugefügt hat sie noch, dass der russischen Präsident mit Sicherheit über mein Tun informiert werden würde, weil seine Mitarbeiter ihm von mir berichten, denn sie kennen Putins Dilemma, weil er immer so ganz allein durch die russische Steppe reiten muss und sich über ein bisschen Gesellschaft sicherlich freuen würde.

Episode 4: Beschimpfungen und Verunglimpfungen meiner Person oder meiner Tätigkeit erreichen mich schriftlich von unbekannten, als anonymen Absendern mit schöner Regelmäßigkeit so im Schnitt einmal in der Woche. Normalerweise ignoriere ich sie, niemals würde ich auf die Idee kommen, ihnen auch noch zu Öffentlichkeit zu verhelfen, indem ich hier darauf eingehe. Die Ausnahme von dieser Regel folgt aber nun. An einem Tag fand ich zuerst eine Ansichtskarte mit einem winterlichen Fotomotiv in der Post, auf der dies zu lesen ist: "Sie sind über Anrufe nicht erfreut, die nicht Ihrem 68er Weltbild entsprechen. Und da lügen Sie, wenn Sie angeben, Sie würden mit mainstreamkritischen Lesern diskutieren. Sie blockieren, denn Sie sind eine ziemlich linke Socke und total falsch besetzt." Eine Stunde später hatte ich einen älteren Herrn in der Leitung, der mich auch öfter anruft, weil er mit mir über die eine oder andere politische Entwicklung in unserem Land reden möchte. Diesmal, weil er wohl ahnte, dass ich mich bald in den Urlaub verabschieden würde, sagte er zum Schluss: "Bleiben Sie, wie Sie sind, bleiben Sie uns erhalten."

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