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Wenn der Koffer niemanden gehört

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Allein in diesem Jahr bin ich nach der Arbeit bereits vier Mal mehrere Stunden später zu Hause angekommen, weil der Hauptbahnhof in Chemnitz gesperrt war, da ein herrenloses Gepäckstück auf den Bahnsteigen oder in der Bahnhofshalle gefunden worden war und einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst hatte. Bis die Experten des Landeskriminalamtes eingetroffen waren und die Koffer und Rucksäcke untersuchen konnten, nur um feststellen zu müssen, dass sich (saubere und schmutzige) Wäschestücke darain befanden, vergingen bis zu 120 Minuten. Aber: Unter den wartenden Fahrgästen gab es viele genervte und übel gelaunte Personen, aber ich habe kein einziges Mal gehört, dass sich jemand beschwert hat, weil die Polizei überhaupt diesen Aufwand betreibt, obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass sich tatsächlich ein Sprengsatz in den Gepäckstücken befindet, eher gering ist.

Am vergangenen Freitag war auf der Seite "Sachsen" die Meldung "Hauptbahnhof in Dresden evakuiert" zu lesen. Der erste Satz lautete: "Die Bundespolizei hat den Dresdner Hauptbahnhof nach dem Fund einer verdächtigen Gürteltasche gestern evakuiert." Ein Leser hat sich deswegen bei mir gemeldet und fragte mich: "Warum hat der Bahnbeschäftigte, bei dem die Tasche abgegeben worden war, nicht einfach in die Tasche hineingeschaut, statt gleich Alarm zu schlagen?" Sekundenlang war ich sprachlos, dann sagte ich: "Vermutlich, weil er nicht sein Leben riskieren wollte." Es kam noch schlimmer: "Diese Maßnahmen sind keinesfalls gerechtfertigt, und meiner Meinung nach handelt es sich um blanke Hysterie." Dann berichtete er mir noch, dass er als Jugendlicher nach einer durchgefeierten Nacht auch schon mal seine Aktentasche auf dem Bahnsteig vergessen und ein ehrlicher Finder sie gefunden und beim Fundbüro abgegeben hatte. "Heute wäre meine Vergesslichkeit vermutlich existenzgefährdend, weil ich Gefahr laufen würde, auch noch angezeigt zu werden, da ich für den Großeinsatz der Polizei verantwortlich gemacht und zur Rechenschaft gezogen werden würde, da man meine Schussligkeit als Absicht auslegen könnte." Seinen Zorn habe ich dann auf mich gezogen, weil ich ihm meine Meinung gesagt habe: "Liebe tausende Mal umsonst den Bahnhof gesperrt, als einmal einen Koffer mit einer Bombe übersehen und deshalb den Tod von Menschen zu verschulden haben." Was er mir dazu sagte, behalte ich für mich; zwei Stück bittere Schokolade mussten anschließend meine Stimmung kompensieren.

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