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Kommentar: Danke Jogi! Warum es Zeit wird, dass Bundestrainer Löw geht

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Über den angekündigten Rücktritt von Joachim Löw als Bundestrainer

Spätestens seit dem 17. November 2020 war das Band der Zuneigung zwischen den deutschen Fans und ihrem Fußball-Bundestrainer zerschnitten. Tonlos, fast leblos verfolgte Joachim Löw an jenem Abend beim 0:6 in Sevilla den Untergang seiner Elf gegen in allen Belangen überlegene Spanier. Es war nur eine Partie der gewiss überflüssigen Nations League, ein besseres Testspiel. Es war zugleich aber auch ein Spiegel des Zustands der Nationalmannschaft: eine Vollversammlung hochtalentierter Kicker, der jedoch Struktur, Hierarchie und irgendwie auch Inspiration abhanden gekommen sind. Die einst in der Republik gefeierten Helden locken immer weniger Zuschauer vor die Bildschirme, und auch schon vor Corona blieben bei Heimspielen in deutschen Stadien viele Plätze leer. Das Volk droht dem Fußball mit Liebesentzug.

Es braucht einen Neuanfang. Einen ohne Löw. Nun ist auch beim mittlerweile 61-Jährigen selbst diese Erkenntnis gereift - vielleicht gerade noch rechtzeitig, um sein Denkmal stehen zu lassen. Die Verdienste des gebürtigen Schwarzwälders sind unbestritten: Bei der WM 2006 ließ der akribische Arbeiter und Analytiker Löw als Co-Trainer seinen Chef Klinsmann als Heißmacher und Lautsprecher im Rampenlicht glänzen, bei den folgenden fünf großen Turnieren kam Deutschland dann unter dem Bundestrainer Löw immer mindestens unter die letzten vier. Im Finale der EM 2008 stellte Spanien die noch bessere Mannschaft, im WM-Halbfinale 2010 in Südafrika genauso. Im EM-Halbfinale 2012 richtete Löw seine Aufstellung und Taktik zu sehr am Gegner Italien aus und verzockte sich. Mit dem Triumph bei der Weltmeisterschaft in Brasilien 2014 gelang der große Coup. Mehr noch als der 1:0-Erfolg im Endspiel gegen Argentinien bleibt das spektakuläre, eine ganze Generation Brasilianer demütigende 7:1 im Halbfinale gegen die Gastgeber in Erinnerung.

Der Sommer 2014 wäre der perfekte Zeitpunkt für einen Abschied gewesen. Reizvolle, lukrative Aufgaben rund um den Globus hätten auf einen ehrgeizigen Weltmeistercoach gewartet. Löw entschied sich fürs Bleiben. Wenn man ganz oben angekommen ist, kann es nur noch bergab gehen. Das musste man wissen. Doch Löw war unantastbar geworden.

2018 gab es im von Skandalen gebeutelten und von einem kaum ein Fettnäpfchen auslassenden Präsidenten geführten DFB niemanden, der an diesem Status etwas hätte ändern können. Nach dem blamablen Vorrunden-Aus bei der WM in Russland durfte der Bundestrainer selbst entscheiden, ob er im Amt bleiben mochte. Er wollte. Für Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller bedeutete es das - zumindest vorläufige - Ende ihrer Länderspielkarriere, für die Fans viele neue Gesichter zum Kennenlernen. 112 Profis gaben bislang in der Ära Löw ihr Auswahldebüt, allein 17 davon nach dem letzten WM-Turnier.

Dass Löw schon jetzt seine Demission nach der kommenden Europameisterschaft ankündigt, ist schlau. Damit entledigt er sich aller Ketten, kann jede Entscheidung dem aktuellen Erfolg, muss keine einem Gedanken an die Zukunft unterordnen. Der Neuaufbau ist nun Sache seines Nachfolgers. Und der sollte - auch wenn er mit Verweis auf seinen bis 2024 laufenden Vertrag in Liverpool schon den Kopf geschüttelt hat - Jürgen Klopp heißen. Einer, der den DFB aus seiner Sinnkrise reißen, die Mannschaft zu neuen Höhenflügen führen kann. Einer, den Deutschland liebt. Bei Joachim Löw ist das schon eine ganze Weile nicht mehr der Fall.

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