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Standesbeamtin von Mittweida: Männer verdrücken eher eine Träne bei der Hochzeit

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Auch sie hat bei Hochzeiten manchmal Herzklopfen: Tanja Zieger ist seit einem Jahr Standesbeamtin in Mittweida. Im Gespräch mit der "Freien Presse" verrät sie, was die emotionalsten Momente einer Trauung sind - und ob man für Blitz-Hochzeiten extra nach Las Vegas fliegen muss.

Mittweida.

Mit dem Frühling beginnt die Hochzeitssaison. Bis zu vier Paare werden dann im Standesamt Mittweida wieder täglich verheiratet. "Es ist sehr familiär bei uns", beschreibt Tanja Ziegler die Atmosphäre dort. Seit einem Jahr traut die gebürtige Mittweidaerin Paare. Im Interview mit der "Freien Presse" spricht die 44-Jährige über Hochzeiten, die ihr besonders in Erinnerung geblieben sind, über Männer, die Tränen verdrücken und gibt angehenden Eheleuten Tipps für den großen Tag. 

Freie Presse: Wie viele Paare haben Sie bisher getraut?

Tanja Zieger: Mehr als 20 Paare. Im April vergangenen Jahres bin ich vom Stadtrat zur Standesbeamtin für Mittweida berufen worden und darf seither Paare verheiraten.

Freie Presse: Das Standesamt Mittweida bietet auch Schiffstrauungen auf der Talsperre Kriebstein an. Haben Sie dort auch schon Paare getraut?

Tanja Zieger: Ja, und zwar sehr überraschend. Meine Kollegin war krank geworden. Ich war noch ganz neu - und ich bin auch nicht so seefest. Ich hatte die Brautleute vorneweg angerufen, dass ich nun ihre Standesbeamtin sein werde. Der Bräutigam sagte zu mir: "Na ja, das macht nichts, sie werden das ja nicht zum ersten Mal machen." Aber für mich war es das erste Mal! Letztendlich hat es in Strömen geregnet. Aber es war so eine tolle Hochzeitsgesellschaft, wir hatten so einen Spaß auf dem Schiff. Die Paare haben das Schiff eine Stunde lang für sich. Es fährt im Hafen der Talsperre Kriebstein los und dann auf Mittweidaer Flur - denn nur dort dürfen wir trauen. Bei Lauenhain wird dann Ja gesagt. Meine größte Angst war, dass ich da etwas falsch mache. Man darf sich das auch nicht anmerken lassen. Aber man ist dann so konzentriert, dass einem gar nicht schlecht werden kann. Es hat alles gut geklappt.

Freie Presse: Ist Ihnen noch eine andere Hochzeit besonders im Gedächtnis geblieben?

Tanja Zieger: Bekannte von mir haben tatsächlich darauf gewartet, dass ich Standesbeamtin geworden bin, damit ich sie trauen kann. Das bleibt besonders im Gedächtnis. Es kam schon häufiger vor, dass ich die Paare kannte. Ich bin Mittweidaerin und arbeite seit vielen Jahren in der Stadtverwaltung. Dadurch kenne ich viele Leute.

Freie Presse: Was ist für Sie der emotionalste Moment einer Trauung?

Tanja Zieger: Das Ja-Wort und der Kuss, sofern er stattfindet. Das frage ich vorneweg ab, ob das Brautpaar das möchte. Die Paare müssen sich nicht küssen. Auch die Musik ist oft sehr emotional. Brautpaare können die selber mitbringen und wählen dann zum Beispiel etwas, das mit der Kennlerngeschichte zu tun hat. Oftmals müssen die Männer dann mal die ein oder andere Träne verdrücken.

Freie Presse: Es sind eher die Männer, die Tränen verdrücken?

Tanja Zieger: Meistens, ja! Besonders, wenn die Bräute im großen Trausaal von hinten hereinkommen. Ich öffne dann hinten die Tür für die Braut und habe die Männer im Blick. Es ist schon oft so, dass dann bei ihnen die Schleusen aufgehen.

Freie Presse: Wie lange dauert eine Trauung?

Tanja Zieger: Gerade wenn viele Kinder mit dabei sind, ist manchmal ein bisschen Tohuwabohu. Einmal musste der kleine Sohn zwischendrin auf Toilette. Wir haben dann alle gewartet und uns unterhalten, bis die Oma mit dem Kleinen wiedergekommen ist. Bei uns dauert eine Trauung eine halbe bis eine dreiviertel Stunde. Wir schauen aber überhaupt nicht auf die Uhr. An einem Tag finden maximal vier Eheschließungen statt. In den großen Standesämtern geht es im Halbstundentakt. Ich glaube nicht, dass die Standesbeamtin dann nachmittags noch weiß, wen sie am Morgen verheiratet hat. Ab Mai haben wir freitags und samstags wieder viele Eheschließungen. Insgesamt sind wir drei Standesbeamtinnen. Wir haben das intern so geklärt, dass wir immer an einem Wochenende im Monat keine Eheschließung haben, damit wir als Privatpersonen auch mal ein Wochenende haben.

Freie Presse: Kann man in Mittweida auch spontan heiraten?

Tanja Zieger: Ich hatte mal eine Hochzeit innerhalb von drei Tagen. Das war ganz schön sportlich. Gerade unter der Woche findet sich eigentlich immer ein Termin. Wir haben uns im Standesamt abgesprochen, dass wir keine Eheschließungen noch am selben Tag machen. Frühestens am nächsten Tag. Man denkt immer, das geht nur in Dänemark oder in Las Vegas so schnell. Aber ich sag' mal: Man ist länger nach Las Vegas unterwegs, als dass man dann in Mittweida geheiratet hat.

Freie Presse: Was raten Sie Paaren für den großen Tag?

Tanja Zieger: Die Aufregung ist groß, bei allen Beteiligten. Ich versuche immer, mich dann nicht so anstecken zu lassen. Auch bei mir ist da manchmal Herzklopfen. Gerade, wenn es Bekannte sind, die ich traue. Und zu manchen Leuten hat man auch einen besonderen Draht, da freut man sich richtig mit denen. Der Tipp ist eigentlich: Alles ruhig angehen lassen. Ich sage den Brautpaaren immer: Ich sage ihnen alles, was sie machen müssen. Und am Ende des Tages werden Sie verheiratet sein.

Freie Presse: Gibt es Aufgaben als Standesbeamtin, die Sie vielleicht überrascht haben?

Tanja Zieger: Überrascht eigentlich nicht, ich hatte vorher schon lange in der Verwaltung gearbeitet. Aber es ist teilweise sehr intim. Es gibt nicht nur die Eheschließungen, sondern auch die Geburts- und die Sterbefälle. Das geht dann schon zu Herzen. Hier in Mittweida gibt es das Krankenhaus mit der Geburtenstation, die Pflegeheime, wo es Sterbefälle gibt. Man sagt: Standesbeamte arbeiten von der Wiege bis zur Bahre. Diese emotionale Nähe ist der größte Unterschied zu meiner bisherigen Verwaltungstätigkeit. Ich bin auch so ein emotionaler, sensibler Mensch.

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