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Die EZB senkt die Leitzinsen im Euroraum erneut
Die EZB senkt die Leitzinsen im Euroraum erneut Bild: Boris Roessler/dpa
Brennpunkt
Achte Zinssenkung seit Sommer 2024: Macht die EZB nun Pause?

Die Inflation flaut ab, die Wirtschaft braucht im Zollstreit Unterstützung: Grund genug für die Europäische Zentralbank, Geld noch günstiger zu machen. Es könnte die vorerst letzte Zinssenkung sein.

Frankfurt/Main.

Druck auf Europas Wirtschaft im Zollstreit mit den USA und eine schnell sinkende Inflation: Nach acht Zinssenkungen innerhalb eines Jahres könnte die Europäische Zentralbank (EZB) eine Pause auf ihrem rasanten geldpolitischen Lockerungskurs einlegen. Denn wegen der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump sind die Aussichten so unsicher wie selten zuvor.

Zunächst beschloss die EZB, den für Banken und Sparer wichtigen Einlagenzins um 0,25 Prozentpunkte auf 2,0 Prozent herabzusetzen. Damit hat die Notenbank den Einlagenzins seit Beginn ihrer Serie an Zinssenkungen im Juni 2024 halbiert. Für Firmen wird es tendenziell billiger, sich für Investitionen Geld zu leihen - das kann die Konjunktur ankurbeln. Sparerinnen und Sparer jedoch müssen mit noch niedrigeren Tages- und Festgeldzinsen rechnen.

Mit dem aktuellen Zinsniveau sei die Notenbank "gut aufgestellt", um durch die aktuelle Unsicherheit zu steuern, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in Frankfurt. Die Notenbank komme bei ihrem Zinssenkungszyklus zu einem Ende. Doch es blieben Unsicherheiten - etwa, was den Ausgang des Zollstreits zwischen der Europäischen Union und den USA angehe.

"Sind langsam am Ende der Zinstreppe"

Ökonomen gehen davon aus, dass die EZB die Leitzinsen vorerst kaum noch senken wird. "Wir sind langsam am Ende der Zinstreppe nach unten angekommen", sagt auch Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. "Ein oder maximal zwei Schritte könnten noch folgen, dann hat die EZB ein neues Gleichgewicht erreicht."

EZB-Präsidentin Christine Lagarde will ihre Amtszeit zu Ende bringen - entgegen jüngster Spekulationen
EZB-Präsidentin Christine Lagarde will ihre Amtszeit zu Ende bringen - entgegen jüngster Spekulationen Bild: Michael Probst/AP/dpa

Der Direktor des Frankfurter Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE, Florian Heider, hält eine weitere geldpolitische Lockerung nicht für notwendig: "Eine weitere Stimulation der Wirtschaft durch niedrige Zinsen ist im Moment nicht angebracht. Viele wirtschaftliche Probleme sind struktureller Natur."

Zollstreit mit Trump Gift für Konjunktur

Dass der EZB-Rat bei seiner Juni-Sitzung die Zinsen senken würde, war erwartet worden. Denn die Inflation im Euroraum ist deutlich zurückgegangen - damit fällt ein Argument für höhere Zinsen weg. Im Mai fiel die Teuerungsrate nach einer ersten Schätzung des Statistikamts Eurostat auf 1,9 Prozent und damit unter die EZB-Zielmarke. Die Notenbank strebt für den Währungsraum mittelfristig eine Rate von 2,0 Prozent an.

Zugleich belastet der Zollstreit mit US-Präsident Donald Trump die Konjunktur. Allein die Unsicherheit ist Gift, wie EZB-Vizepräsident Luis de Guindos jüngst in einem Interview betonte.

Schwache Wirtschaft, aber steigende Staatsausgaben

Dieses Jahr traut die EZB der Wirtschaft im Euroraum trotz des Zollstreits weiterhin 0,9 Prozent Wachstum zu. Für 2026 erwartet die Notenbank nun einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes um 1,1 Prozent.

Während die Unsicherheit um die Handelspolitik Investitionen und Exporte belasten dürfte, werden steigende öffentliche Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur das Wachstum mittelfristig stützen - so die EZB-Einschätzung. Zudem könnten Verbraucher dank steigender Löhne mehr Geld ausgeben und Unternehmen sich günstiger finanzieren.

Inflation schwindet schneller als erwartet

Die Inflation dürfte nach Einschätzung der EZB schneller sinken als zuletzt angekommen. Im Gesamtjahr 2025 erwartet die Notenbank mit 2,0 Prozent eine Punktlandung, nachdem sie im März eine Teuerungsrate von 2,3 Prozent angenommen hatte. 2026 dürfte die Inflation nach der jüngsten EZB-Prognose mit 1,6 Prozent die Zielmarke sogar deutlich unterschreiten.

Finanzmetropole Frankfurt: Mit niedrigeren Zinsen hilft die EZB der Wirtschaft (Archivbild)
Finanzmetropole Frankfurt: Mit niedrigeren Zinsen hilft die EZB der Wirtschaft (Archivbild) Bild: Boris Roessler/dpa

Je höher die Inflation, umso geringer die Kaufkraft der Menschen, weil sie sich dann für einen Euro weniger leisten können. Aber auch dauerhaft sinkende Preise wollen Zentralbanken möglichst vermeiden: Denn dann könnten Firmen und Verbraucher Investitionen in der Hoffnung auf noch günstigere Preise aufschieben - das würde die Konjunktur bremsen.

"Inzwischen gibt es sehr gute Gründe, über den Sommer hinweg erstmal auf weitere Zinsschritte zu verzichten", sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes BdB. "Weitere Zinssenkungen der EZB würden die Inflation wieder aktiv antreiben", warnt er. Niemand wisse genau, welche Preiseffekte aus den Zollkonflikten entstünden.

Lagarde will Amtszeit zu Ende bringen

Jüngsten Spekulationen über einen vorzeitigen Rückzug von der EZB-Spitze trat Lagarde entgegen. Sie sei "entschlossen", ihre Amtszeit zu Ende zu bringen, betonte die Französin. Zuletzt hatte es Berichte gegeben, wonach Lagarde Klaus Schwab als Leiter des Weltwirtschaftsforums (WEF) ablösen könnte. Lagardes achtjährige Amtszeit bei der EZB läuft bis Ende Oktober 2027. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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