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Zwischen AfD und Verfassungsschutz bahnt sich der nächste lange Rechtsstreit an.
Zwischen AfD und Verfassungsschutz bahnt sich der nächste lange Rechtsstreit an. Bild: Carsten Koall/dpa
Deutschland
AfD zieht gegen Verfassungsschutz erneut vor Gericht

Der Inlandsgeheimdienst stuft die AfD als gesichert rechtsextremistisch ein. Die wehrt sich vor Gericht. Es zeichnet sich der nächste langwierige Rechtsstreit ab.

Berlin.

Nach der Hochstufung der AfD durch den Bundesverfassungsschutz zur "gesichert rechtsextremistischen Bestrebung" ist die Justiz am Zug. Die Partei hat vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Köln eine Klage und einen Eilantrag eingereicht (AZ 13K3895/25 und 13L1109/25) und will dem Inlandsnachrichtendienst gerichtlich untersagen lassen, dass er sie so führt, einordnet und behandelt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat in Köln seinen Sitz. 

Die Einstufung hatte die Forderungen nach einem AfD-Verbotsverfahren wieder anschwellen lassen. Der CDU-Chef und designierte Kanzler Friedrich Merz will sich dazu vorerst aber nicht positionieren. Es werde Aufgabe ausschließlich der nächsten Bundesregierung und ihres - von der CSU gestellten - Innenministers sein, den Bericht des Bundesamts sorgfältig auszuwerten und zu bewerten, sagte Merz in Berlin. "Und bevor eine solche Auswertung nicht vorgenommen ist, will ich persönlich keine Empfehlungen geben für weitere Schlussfolgerungen seitens der Regierung."

Die designierte Justizministerin Stefanie Hubig von der SPD will nach ihrem Amtsantritt rasch über die AfD beraten. Das Gutachten über die Einstellungen in der AfD werde bereits an den ersten Tagen eine wichtige Rolle spielen, sagte sie in Berlin.

Eine Wahl von AfD-Abgeordneten zu Ausschussvorsitzenden im Bundestag lehnt Merz allerdings ab, nachdem der Bundesverfassungsschutz die Partei als rechtsextremistisch eingestuft hat: "Spätestens seit dem letzten Wochenende ist es auch für mich unvorstellbar, dass Abgeordnete im Deutschen Bundestag AfD-Abgeordnete zu Ausschussvorsitzenden wählen", sagte er.

AfD nennt Vorgehen rechtswidrig

In der 195-seitigen Klageschrift gegen den Verfassungsschutz bezeichnen die AfD-Anwälte dessen Vorgehen als "offensichtlich rechtswidrig". Sie sprechen von einem "staatlichen Eingriff in den demokratischen Wettbewerb" mit Blick auf in diesem und nächsten Jahr anstehende Kommunal- und Landtagswahlen. "Durch das vermeintlich neutrale Siegel einer staatlichen Stelle – immerhin eines Geheimdienstes" – drohe ein nicht wiedergutzumachender Schaden bei Wählern. 

Auch Spender, Interessenten, Mitglieder, vor allem Beamte, Soldaten und Richter, dürften sich nun von der AfD abwenden, heißt es weiter, zumal politische Mitbewerber ein Parteiverbotsverfahren und dienstrechtliche Maßnahmen gegen verbeamtete Mitglieder der AfD forderten.

Aktuell verzeichnet die Partei nach eigenen Angaben aber einen besonderen Mitgliederzuwachs. Von 1.000 Mitgliedsanträgen in drei Tagen ist die Rede. "Das dürfte ein neuer Rekord sein", schrieb Partei-Chefin Alice Weidel zum Wochenbeginn bei X. Ein Parteisprecher ergänzte, normal seien 50 Anträge pro Tag. Aktuell habe die AfD 60.000 Mitglieder.

Verfassungsschutz: "extremistische Prägung der Gesamtpartei"

Der Verfassungsschutz hatte am Freitag mitgeteilt, die Partei fortan "aufgrund der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistische Bestrebung" einzustufen. "Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar", hieß es weiter. 

Bislang hatte der Nachrichtendienst die AfD als sogenannten Verdachtsfall geführt. Er hatte demnach bereits Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen, diese hätten sich "in wesentlichen Teilen zur Gewissheit verdichtet".

Auch gegen die Einstufung als Verdachtsfall hatte die AfD geklagt. Nach einem langen Rechtsstreit unterlag sie im vergangenen Jahr vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen und legte dagegen Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht ein. Darüber ist noch nicht entschieden. Die AfD kritisiert den Verfassungsschutz auch dafür, mit der Hochstufung diese Entscheidung nicht abzuwarten.

Niedrigere Schwelle für verdeckte Ermittlungen

Schon bei einer Einstufung als Verdachtsfall kann der Verfassungsschutz nachrichtendienstliche Mittel einsetzen, also etwa Observationen, Bild- und Tonaufnahmen oder sogenannte V-Leute - Vertrauensleute, die Informationen liefern. Bei einem als gesichert extremistisch eingestuften Beobachtungsobjekt sinkt die Schwelle für den Einsatz solcher Mittel. 

Mehrstufiges Verfahren im Rechtsstreit

Wie geht es nun weiter? Da solche Gerichtsverfahren lange dauern können, hat die AfD nicht nur einen Eil-Antrag gestellt, um eine Zwischenentscheidung zu erwirken, sondern auch noch ein "Eil-Eil-Verfahren" angestrengt. Die AfD verlangt eine sogenannte Stillhaltezusage vom Verfassungsschutz und - falls diese nicht gegeben wird - einen sogenannten Hängebeschluss des Gerichts, in dem der Nachrichtendienst zum Stillhalten verpflichtet wird, bis in der Eil-Sache entschieden ist. Einer Gerichtssprecherin zufolge hat das Bundesamt bis Freitagmittag Zeit, um über die Stillhaltezusage zu entscheiden. Im Eilverfahren hat es drei Wochen Zeit, seine Stellungnahme abzugeben.

Die Hochstufung der AfD zur "gesichert rechtsextremistischen Bestrebung" hat die Debatte über ein Parteiverbot neu entfacht.
Die Hochstufung der AfD zur "gesichert rechtsextremistischen Bestrebung" hat die Debatte über ein Parteiverbot neu entfacht. Bild: Sebastian Willnow/dpa

Unionspolitiker gegen Verbotsverfahren 

Grünen-Chef Felix Banaszak rief die Union dazu auf, sich gemeinsam auf ein AfD-Verbotsverfahren zu verständigen. Prüfung müsse jetzt begonnen werden, sagte die Co-Vorsitzende Franziska Brantner. An CDU-Chef Friedrich Merz und den Co-Vorsitzenden der SPD, Lars Klingbeil, appellierte sie: "Lassen Sie uns über das Verbotsverfahren ins Gespräch kommen!" Ebenso wichtig sei es, eine Antwort darauf zu finden, "wie wir die Wählerinnen und Wähler der AfD wieder davon überzeugen, demokratische Parteien zu wählen". 

Führende Unionspolitiker sehen ein Verbotsverfahren aber weiter skeptisch. "Die meisten Wähler wählen die AfD aus Protest. Und Protest kann man nicht verbieten", sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann der "Bild"-Zeitung.

Eine Partei verbieten kann nur das Bundesverfassungsgericht. Beantragen können ein solches Verfahren der Bundestag, die Bundesregierung oder der Bundesrat. Der betroffenen Partei müsste in einem solchen Verfahren nicht nur eine verfassungsfeindliche Haltung, sondern auch ein aggressiv-kämpferisches Vorgehen gegen die Verfassung nachgewiesen werden. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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