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Da das Bundesverfassungsgericht eine Änderung gefordert hat, gibt es einen gewissen Zeitdruck. (Archivfoto)
Da das Bundesverfassungsgericht eine Änderung gefordert hat, gibt es einen gewissen Zeitdruck. (Archivfoto) Bild: Uli Deck/dpa
Deutschland
Bundesregierung stärkt Rechte leiblicher Väter

Leibliche Väter sollen künftig einfacher widersprechen können, wenn ein anderer Mann die Vaterschaft für ihr Kind übernehmen will. Und Kinder sollen mehr Mitspracherecht bekommen.

Berlin.

Leiblichen Vätern soll es künftig leichter gemacht werden, die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für ihr Kind anzufechten. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett beschlossen.

Die geplante Änderung, die noch vom Bundestag gebilligt werden muss, geht zurück auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 2024. Danach müssen leibliche Väter, die mit der Mutter des von ihnen gezeugten Kindes nicht verheiratet sind, Anspruch auf ein effektives Verfahren erhalten, um ihre rechtliche Vaterschaft geltend zu machen, sofern dies dem Kindeswohl nicht entgegensteht. 

Vater zog bis vor das höchste Gericht

Im konkreten Fall hatte sich ein leiblicher Vater nach der Trennung von der Mutter durch die Instanzen bis vor das höchste deutsche Gericht geklagt, um auch rechtlich in der Rolle anerkannt zu werden. Als rechtlichen Vater hatte die Mutter des Kindes jedoch einige Monate nach der Geburt ihren neuen Lebensgefährten eintragen lassen - allerdings erst, nachdem der Kläger einen Antrag auf Feststellung seiner Vaterschaft gestellt hatte. Der leibliche Vater hatte nach der Trennung weiter eine Beziehung zu seinem Sohn gepflegt. Seine Vaterschaft feststellen zu lassen, wurde ihm aufgrund der bestehenden sozial-familiären Beziehung zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater verwehrt. 

Die Grundrechte aller Beteiligten würden bei der neuen Regelung angemessen berücksichtigt werden, heißt es aus dem Justizministerium.
Die Grundrechte aller Beteiligten würden bei der neuen Regelung angemessen berücksichtigt werden, heißt es aus dem Justizministerium. Bild: Michael Kappeler/dpa

Um solche Konstellationen in Zukunft zu verhindern, sieht der Kabinettsentwurf mehrere neue Regelungen vor:

  • Zeit spielt eine Rolle: Künftig soll die Vermutung gelten, dass in der Regel noch keine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vater besteht, wenn dieser diese Rolle erst seit weniger als einem Jahr ausfüllt. Im ursprünglichen Entwurf des Justizministeriums war vorgesehen, dass die Anfechtung der Vaterschaft durch einen anderen Mann als den leiblichen Vater immer Erfolg haben sollte, wenn diese in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes erklärt wird. Davon ist man jetzt aber wieder abgerückt.
  • "Anerkennungssperre": Wenn der mutmaßlich leibliche Vater bereits ein Verfahren zur Feststellung seiner Vaterschaft bei Gericht angestrengt hat, soll vor Ende des Verfahrens kein anderer Mann die Vaterschaft für das Kind anerkennen können - und zwar auch dann nicht, wenn er dafür die Zustimmung der Mutter hat.
  • Die zweite Chance: Endet die sozial-familiäre Beziehung eines Kindes zu seinem rechtlichen Vater, soll ein leiblicher Vater, der mit seiner Vaterschaftsanfechtungsklage einst gescheitert war, erneut einen Antrag auf rechtliche Vaterschaft für das Kind stellen können.
  • Recht des Kindes wird gestärkt: Ist ein Kind mindestens 14 Jahre alt, kann es künftig, indem es sein Einverständnis verweigert, verhindern, dass ihm die Mutter statt seines leiblichen Vaters einen anderen Mann als rechtlichen Vater aufzwingt.
  • Kriterien für erfolgreiche Anfechtung: Wenn zwischen dem Kind und dem leiblichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht oder bestand und dann ohne Verschulden des Mannes wegfiel beziehungsweise, wenn er sich ernsthaft und ohne sein Verschulden erfolglos um eine solche Beziehung bemüht hat. Einen Automatismus soll es aber nicht geben. Vielmehr soll das Familiengericht, wenn es im Einzelfall feststellt, dass dies für das Wohl des Kindes erforderlich ist, ausnahmsweise entscheiden können, dass die rechtliche Vaterschaft fortbesteht.
  • Vaterschaftsanerkennung gilt: Damit eine Mutter nicht auf die Idee kommt, ihren Lebenspartner oder einen Bekannten zu bitten, die Vaterschaft für ihr Kind anzuerkennen, nur um den leiblichen Vater auszubooten, soll eine nachträgliche Anfechtung der Vaterschaft ausgeschlossen werden. Voraussetzung ist hier, dass der Mann, der die rechtliche Vaterschaft anerkannt hat, zu diesem Zeitpunkt bereits wusste, dass er nicht der leibliche Vater ist. Auch die Mutter soll in einem solchen Fall die rechtliche Vaterschaft später nicht anfechten können. Mit dieser Regelung will man reine "Sperrvaterschaften" verhindern.
  • Alle sind sich einig: Um unnötige Anfechtungen zu vermeiden, soll in Fällen, in denen sowohl die Mutter als auch der rechtliche Vater und das Kind - beziehungsweise sein gesetzlicher Vertreter - einverstanden sind, auf eine Anfechtung verzichtet werden. Die Anerkennung der Vaterschaft durch den leiblichen Vater wäre dann ohne großen bürokratischen Aufwand möglich.

Hubig hat noch weitere Pläne für Abstammungsrecht

Die Reform eröffne leiblichen Vätern neue Möglichkeiten, mehr Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen, sagt Bundesjustizministerin Stefanie Hubig. "Mein Ziel ist es, dass wir in dieser Legislaturperiode das Abstammungsrecht insgesamt gerechter machen - und auf eine Höhe bringen mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit", so die SPD-Politikerin. 

Hubig würde lesbischen Paaren mit Kind gerne eine gemeinsame Elternschaft von Anfang an ermöglichen. Der Koalitionspartner ist in der Frage allerdings zurückhaltend. Aktuell ist die Rechtslage so, dass die Partnerin der Frau, die das Kind zur Welt bringt, dieses adoptieren muss, um rechtlicher Elternteil zu werden. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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