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Wenn Wind und Sonne ausbleiben, wird es schwer mit der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien. Wie derzeit.
Wenn Wind und Sonne ausbleiben, wird es schwer mit der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien. Wie derzeit. Bild: Archivfoto: Bernd Weißbrod/dpa
Deutschland

Dunkelflaute in Deutschland: Preis an Strombörse explodiert, erste Betriebe fahren Produktion zurück

Die Bundesrepublik setzt auf Erneuerbare Energien. Doch was tun, wenn kein Wind weht und die Sonne sich nicht zeigt? Derzeit gehen wegen der Dunkelflaute nicht nur die Strompreise durch die Decke, auch international ist man nicht mehr gut auf die Deutschen zu sprechen.

Chemnitz.

Sauberer Strom, produziert durch Windräder und Solaranlagen: Möglich, solange der Wind weht und die Sonne scheint. Leider geschieht genau das gerade nicht in Deutschland. Folge: Die Bundesrepublik kauft massiv Strom aus dem Ausland ein, fossile Kraftwerke müssen einspringen und die Strompreise gehen durch die Decke.

Wichtig: Privatkunden sind vom kurzfristigen Anstieg größtenteils nicht betroffen - es sei denn, sie haben einen flexiblen Tarif. Das sind bis zu einer Million Haushalte in Deutschland.

Großverbraucher, die kurzfristig viel Energie benötigen (z.B. Industrieunternehmen) bekamen diese Woche hingegen ordentlich zu spüren, was das Ausbleiben von Wind und Sonne - die sogenannte Dunkelflaute - mit sich bringt.

Deutlich zu sehen: Der blaue Bereich (Windkraft) fällt nach Mittwoch in sich zusammen, Braun und Grau dominieren - also Kohle und Gas.
Deutlich zu sehen: Der blaue Bereich (Windkraft) fällt nach Mittwoch in sich zusammen, Braun und Grau dominieren - also Kohle und Gas. Bild: Screenshot: Bundesnetzagentur

Daten der Bundesnetzagentur zeigen: Machten Windräder am Montag noch den Löwenanteil der Stromproduktion aus, war davon am Donnerstag kaum noch etwas zu sehen.

Die so entstehenden Stromlücken müssen anderweitig geschlossen werden: durch Zukauf von Strom aus dem europäischen Ausland und durch die verbliebenen Öl-, Kohle und Gas-Kraftwerke. Letztere dominieren inzwischen die Stromproduktion.

Deutsche Atommeiler gibt es nicht mehr, die permanent laufen und Schwankungen verringern könnten. Sie wurden aus politischem Willen abgeschaltet. Dafür kauft die Bundesrepublik jetzt etwa französischen Atomstrom ein.

Weil der Ausfall der Erneuerbaren hierzulande mangels Alternativen nicht einfach kompensiert werden kann, wird Strom in Deutschland nicht nur knapper und durch den Anteil fossiler Brennstoffe schmutziger, sondern vor allem auch teurer.

Dies zeigen Zahlen der staatlich geförderten Plattform Agora Energiewende. Demnach lag der Preis an der Strombörse am Montagabend um 17 Uhr bei rund 120 Euro pro Megawattstunde. Da spielte das Wetter noch mit, Wind blies. Bis zum gestrigen Donnerstagabend um die gleiche Uhrzeit war der Preis auf 936 Euro hochgeknallt.

Der Strompreis (dunkle Linie) schnellte zuletzt drastisch nach oben, lag am Donnerstag bei 936 Euro pro Megawattstunde.
Der Strompreis (dunkle Linie) schnellte zuletzt drastisch nach oben, lag am Donnerstag bei 936 Euro pro Megawattstunde. Bild: Screenshot: Agora Energiewende

Im gleichen Zeitraum hatte sich die Menge importierten Stroms verzigfacht: von etwas mehr als einem Gigawatt pro Stunde am Montag auf über 13 am Donnerstag. Am Freitagmorgen war der Preis auf rund 157 Euro gefallen, Deutschland importierte immer noch rund 11 Gigawatt. Das Bundeswirtschaftsministerium meldete sich auf X zu Wort. Der hohe Strompreis derzeit habe viele Ursachen, etwa Windflaute, gestiegene Gaspreise oder den höheren Stromverbrauch im Winter. Mit Blick aufs Wochenende notierte das Habeck-Ministerium: „Zum Wochenende entspannt sich die Lage, da die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien wieder zunehmen wird.“

Chemische Industrie: „Es ist zum Verzweifeln“

Die hohen Preise lassen Einkäufern, wie etwa Industrie oder Stadtwerken, den Geldbeutel bluten. Wie die Bild-Zeitung meldet, haben erste Betriebe bereits ihre Produktion drosseln müssen. Das Elektrostahlwerk der sächsischen Firma Feralpi in Riesa stoppte seine Produktion sogar völlig. Nicht zum ersten Mal. Bereits im Sommer hatte Feralpi das Werk für 24 Stunden stillgelegt, wie der MDR damals berichtete.

Werkleiter Uwe Reinecke sprach im Juli gegenüber dem Sender von einem kurzfristigen Geschäftsmodell: So gebe es für die Betonstahl-Aufträge teils nur wenige Wochen Vorlauf - weshalb Feralpi den Strom sehr kurzfristig einkaufen müsse.

Gegenüber der Bild-Zeitung kommentierte Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie, die nun stark gestiegenen Strompreise so: „Es ist zum Verzweifeln. Unsere Unternehmen und unser Land können sich keine Schönwetter-Produktion leisten. Wir brauchen dringend Kraftwerke, die sicher einspringen können.“

Private Stromkunden mit flexiblen Tarifen trifft es derzeit auch heftig. Diese informierte etwa der Anbieter Tibber am Dienstag auf X: „Der Wind will aktuell einfach nicht mitspielen. Der geringe Netzanteil aus Windkraft führt zu erhöhten kWh-Preisen.“ Tibber mahnte Kunden mit stündlich dynamischem Tarif dazu, besonders vorsichtig zu sein.

Schweden sauer auf die Deutschen

Doch auch im Ausland machen sich die fehlenden Alternativen Deutschlands bei der Stromproduktion bemerkbar. Und sorgen für Ärger. Schwedens Energieministerin Ebba Busch kritisierte in der Zeitung „Aftonbladet“ die Entscheidung Deutschlands, seine Kernkraftwerke abzuschalten. Diese habe erhebliche negative Auswirkungen auf die Strompreise in Schweden.

„Ich bin sauer auf die Deutschen“, so Busch. „Sie haben eine Entscheidung für ihren eigenen Bereich getroffen, zu der sie das Recht haben. Aber es hatte sehr große Konsequenzen.“ Die Dunkelflaute machte sich am Donnerstag auch im hohen Norden bemerkbar: Auch in Schweden kletterten deshalb die Energiepreise nach oben, ließ die Ministerin wissen. Grund: Weil das Land Strom nach Deutschland exportiert, wurde dadurch das Angebot knapp.

Und auch in Norwegen sorgen die Stromexporte in die Bundesrepublik für Frust. Energieminister Terje Aasland bezeichnete die Situation laut Medienberichten als „absolut beschissen“. Man erwäge, die Exporte nach Deutschland zu überdenken. Der Strompreis in Südnorwegen stieg laut „Focus Online“ auf den höchsten Stand seit 2009 – fast 20 Mal so hoch wie in der Vorwoche. (phy)

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