Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen
"Welches Patentrezept haben Sie?" - Kanzler Scholz fragt bei einem Bürgerdialog um Rat, was das zerstrittene Bild der Ampel angeht.
"Welches Patentrezept haben Sie?" - Kanzler Scholz fragt bei einem Bürgerdialog um Rat, was das zerstrittene Bild der Ampel angeht. Bild: Kay Nietfeld/dpa
Deutschland
05.09.2024

Erscheinungsbild der Ampel macht Scholz ratlos

Bei einem Bürgerdialog in Berlin äußert sich Kanzler Scholz erstmals öffentlich zu den Wahlen in Thüringen und Sachsen. Auf eine Frage hat er aber keine Antwort.

Berlin.

Warum gibt die Ampel ein so heillos zerstrittenes Bild ab? Bei einem Bürgerdialog in Berlin hat Bundeskanzler Olaf Scholz keine Antwort darauf. Er reagiert mit einer Gegenfrage: "Welches Patentrezept haben Sie? Ich meine, ich frage für einen Freund." 

Gefragt hatte ihn ein 48-jähriger Erzieher aus Berlin-Pankow. Er wollte wissen, wie sich Scholz die ständigen Differenzen in der Ampel-Koalition gepaart mit Indiskretionen erkläre. "Das ist wie so ein kleiner Haufen von Kindern: Der eine sagt das eine, der andere sagt das andere, und es wird alles nach außen kommuniziert", meinte der Fragesteller.

Von Scholz kam kein Widerspruch. "Die Wahrheit ist: Sie haben recht", sagte er. Zum Thema Indiskretionen fügte er dann noch hinzu, dass er im Kanzleramt ja eigentlich "drei ummantelte Räume" habe, die abhörsicher seien. Auf eine Nachfrage wiederholte er nur noch kurz: "Sie haben recht."

Differenzen mit Lindner? "Bisher selten" 

Einer Bemerkung des Fragestellers widersprach Scholz aber. Dass er mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) ständig gegensätzlicher Meinung sei, ließ er nicht gelten. "Das ist bisher selten vorgekommen", betonte er.

Die Äußerungen des Kanzlers passen in das Bild der letzten Wochen. Während die Koalitionäre früher nach größeren Streitereien wie um das Heizungsgesetz stets Besserung gelobt haben, scheinen sie das inzwischen aufgegeben zu haben.

Schalldämpfer der Ampel hat nicht funktioniert

Noch vor ziemlich genau einem Jahr hatte Lindner nach einer Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg bei Berlin gesagt: "Wir sind eine Regierung, wo gehämmert, geschraubt wird. Das führt zu Geräuschen, wie Sie schon festgestellt haben. Aber es kommt eben auch was raus." 

Und Scholz ergänzte mit Blick in die Zukunft: "Wir werden hämmern und klopfen, aber mit Schalldämpfern." Das hat nicht geklappt. Die Nebengeräusche der ins Stottern geratenen Ampel sind stattdessen noch lauter geworden. 

Drei Gründe für Erstarken der AfD

Scholz antwortete bei dem Bürgerdialog auch erstmals auf Fragen zu den Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen. Das Abschneiden der AfD mit mehr als 30 Prozent "bedrückt mich sehr", sagte er. Das massive Erstarken der in beiden Ländern vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Partei führte er auf drei Themen zurück: Wachsende Unsicherheit in Zeiten des Umbruchs, irreguläre Migration, Ukraine-Krieg.

Die massiven wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen verunsicherten viele Bürger, sagte der Kanzler. Als Beispiel nannte er den Umbau der Wirtschaft, um den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu verringern. Bei der Modernisierung müsse man "durch die Tat beweisen, dass wir das hinkriegen". Auch beim Thema irreguläre Migration müsse die Bundesregierung nun zeigen, dass sie es im Griff habe. "Das ist das, worum ich mich bemühe."

Was den Ukraine-Krieg angeht, ist Scholz dagegen nicht bereit, seinen Kurs zu ändern. Er wolle die Ukraine weiter mit Waffenlieferungen unterstützen, aber dabei wie bisher besonnen agieren. "Das ist ein Thema, darüber muss man reden. Aber ich finde auch, das ist eine Frage, bei der es dann auch darum geht, dass man wahrhaftig bleibt. Und da kann ich sagen: Ich bleibe bei meinem besonnenen Kurs, aber eben einem Kurs der Unterstützung." 

SPD-Ergebnisse: "Da wäre mehr drin gewesen"

Die SPD war am Sonntag in Sachsen und Thüringen mit 7,3 und 6,1 Prozent auf ihre jeweils schlechtesten Wahlergebnisse seit 1990 gekommen. Das Ergebnis in Thüringen ist sogar das schlechteste bei einer Landtagswahl überhaupt. 

Am Montag hatte Scholz sich zunächst nur schriftlich dazu geäußert und die SPD-Ergebnisse als "bitter" bezeichnet. Gleichzeitig zeigte er sich erleichtert, dass die "düsteren Prognosen", nach denen die SPD unter die Fünf-Prozent-Hürde hätte fallen können, nicht eingetreten sind. 

Beim Bürgerdialog sagte Scholz zu den SPD-Ergebnissen nur, er hätte den Wahlkämpfern in Sachsen und Thüringen bessere Ergebnisse gegönnt. "Da wäre mehr drin gewesen, weil die es wirklich gut gemacht haben. Aber man muss das zur Kenntnis nehmen." (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
Das könnte Sie auch interessieren
12.09.2024
3 min.
Nach Abreise von Sinti und Roma aus Zwickau: Stadt lässt Grünanlagen reinigen
So sah das Camp der Sinti und Roma in Eckersbach aus. Etwa 20 Wohnwagen standen in einem Kreis.
Anwohner in Eckersbach hatten sich über Fäkalien in den Büschen reagiert. Jetzt hat das Rathaus gehandelt. Die Polizei beschäftigt sich noch mit der Großfamilie.
Johannes Pöhlandt
02.09.2024
5 min.
Ampel will durchhalten - Scholz unter Druck
Nach dem Wahldebakel: SPD-Spitzenleute verlassen ihre Pressekonferenz
Die Berliner Ampel-Parteien haben in Thüringen und Sachsen ein beispielloses Wahldebakel erlebt, wollen sich aber nicht aus der Bahn werfen lassen. In drei Wochen folgt der nächste Crash-Test.
Michael Fischer, Martina Herzog, Ulrich Steinkohl und Theresa Münch, dpa
11.09.2024
2 min.
Termin steht fest: Bundesstraße im Erzgebirge wird wochenlang gesperrt
Aufgrund von Schäden an einer Brücke gilt auf dem rund 300 Meter langen Abschnitt derzeit Tempo 50.
Auf der B 95 zwischen Annaberg-Buchholz und Oberwiesenthal werden Schäden an einem Brückenbauwerk beseitigt. Das geht einher mit einer großräumigen Umleitung.
Patrick Herrl
11.09.2024
1 min.
„Hohensteiner Spätlese“: Weinfest in Hohenstein-Ernstthal wurde abgeblasen
Die erste „Hohensteiner Spätlese“ wurde wegen der angekündigten ergiebigen Regenfälle abgesagt.
Keine Livemusik und keine Wein- und Cocktailstände. Die fürs Wochenende geplante „Hohensteiner Spätlese“ wurde abgesagt.
Cristina Zehrfeld
12.09.2024
3 min.
Rochlitzer Händlerherbst: Welche Programmpunkte und Verkehrseinschränkungen auf die Besucher warten
Der Spielmannzug Schmölln/Gößnitz wird auch in diesem Jahr wieder ab 18.30 Uhr durch die Straßen ziehen.
Am Freitagabend findet in Rochlitz der 13. Händlerherbst statt. Ein Überblick über die Programmpunkte und die Verkehrseinschränkungen in der Stadt.
Lea Scheffler
04.09.2024
3 min.
Scholz: Erstarken der AfD "bedrückt mich sehr"
Erstmals redet Scholz öffentlich über die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen. Über seine SPD verliert er dabei nur wenige Worte.
Mehr als 30 Prozent in Thüringen und Sachsen für die AfD: Kanzler Scholz nennt drei Gründe, woran das aus seiner Sicht liegt.
Mehr Artikel