Münchner OB: Über Pistorius als Kanzlerkandidat nachdenken
Authentisch, verständlich, angesehen: Münchens SPD-Oberbürgermeister Reiter ist voll des Lobes für seinen Parteifreund, den Verteidigungsminister - und kritisiert Kanzler Scholz.
München/Berlin.Für Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kommt Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzlerkandidat seiner Partei "natürlich" infrage - und damit als Alternative zu Kanzler Olaf Scholz. "Wenn jemand wie Boris Pistorius ein solches Ansehen hat, muss die SPD auch darüber nachdenken, ob er die beste Wahl für die Kanzlerkandidatur ist oder ob man mit dem amtierenden Bundeskanzler ins Rennen geht", sagte Reiter dem "Tagesspiegel" (Dienstag). Die Entscheidung darüber liege aber "bei keinem anderen als Olaf Scholz selbst", fügte er hinzu. "Und die Initiative müsste dann von Olaf Scholz selbst ausgehen."
Reiter: Scholz erklärt Entscheidungen kaum bis gar nicht
Er teile "99 Prozent" der Entscheidungen des Kanzlers. "Aber mein Eindruck ist, dass er eigentlich immer zu lange braucht, um zu entscheiden, und dass er seine Entscheidungen kaum bis gar nicht erklärt", sagte der Oberbürgermeister. "Wenn er einmal Zeit zum Nachdenken braucht, ist das in Ordnung, aber dann sollte er es offen kommunizieren."
An Pistorius lobte Reiter dessen "deutliche, verständliche Sprache". "Er entscheidet, er erklärt, er hat klare Botschaften, er redet mit der Truppe. Er sagt, was er denkt, und er kämpft. Das macht ihn authentisch. Bei ihm weiß man, was er will", erläuterte er. Solche Qualitäten suchten die Menschen in einem Kanzler.
"Fünfmal Söder, sechsmal Merz und ein halbes Mal Scholz"
"Die Menschen wollen einen Kanzler, der mit ihnen redet, der sie versteht, der weiß, was sie bewegt, der präsent ist." Wenn in der Tagesschau "fünfmal Söder, sechsmal Merz und ein halbes Mal Scholz" zu sehen sei, "oft mit ruhigem Blick, und ohne etwas zu sagen", sei diese Symbolik "gefährlich", kritisierte Münchens OB. "Das muss Olaf Scholz dringend ändern."
Wessen Aussagen bei Münchens OB Wutanfälle auslösen
Deutlich schärfer ging Reiter mit SPD-Co-Chefin Saskia Esken und Generalsekretär Kevin Kühnert ins Gericht. "Saskia Esken mag Verdienste in der Vergangenheit haben, aber ihre skurrilen Auftritte häufen sich. Wer im Fernsehen sagt, aus dem tödlichen IS-Anschlag in Solingen lasse sich nichts lernen, darf nicht länger an der Spitze der SPD stehen", sagte er.
Kühnert warf er vor, er habe sich "zufrieden" mit den jüngsten SPD-Wahlergebnissen in Sachsen und Thüringen gezeigt. "Bei solchen Aussagen von Esken oder Kühnert bekomme ich einen Wutanfall. So unterstreicht man keine Führungsstärke, sondern erweckt den Eindruck: Hauptsache, wir behalten ein paar Mandate und ich behalte meinen Posten." (dpa)