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Deutschland
Organspende wird reformiert - Wie zu mehr Nieren?

Nierenkranke haben meist einen langen Leidensweg an der Dialyse hinter sich - bis vielleicht ein Spenderorgan neue Hoffnung bringt. Nun will die Bundesregierung die Regeln lockern.

Berlin.

Der Mangel an Spenderorganen setzt Kranken, die warten, oft enormem Leid aus. Nun soll ein neues Gesetz zur Überkreuzspende das Problem abmildern. Was die Pläne von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bringen sollen. 

Was ist eine Überkreuzspende?

Die Überkreuzlebendnierenspende ist die Spende einer Niere zwischen inkompatiblen Organspendepaaren. Inkompatibel sind etwa Spender und Empfänger mit nicht passenden Blutgruppen oder Gewebemerkmalen. In solchen Fällen würde die Niere abgestoßen werden. Die Niere wird einer Spenderin oder eines Spenders eines inkompatiblen Organspendepaars entnommen. Dann wird es auf eine Empfängerin oder einen Empfänger eines anderen inkompatiblen Organspendepaars übertragen. Der Empfängerin oder dem Empfänger dieses Paars wird eine Niere eines Spenders eines anderen Paars gegeben - "überkreuz". Zwischen der spendenden und der empfangenden Person soll weiter ein besonderes Näheverhältnis bestehen müssen. Grundgedanke dahinter: Die Motivation zur Spende soll aus der persönlichen Verbundenheit herrühren. 

Auch anonyme Nierenspenden sollen künftig möglich sein. (Archivbild)
Auch anonyme Nierenspenden sollen künftig möglich sein. (Archivbild) Bild: Soeren Stache/dpa

Was soll noch möglich werden?

Die sogenannte nicht gerichtete anonyme Nierenspende. Das ist eine anonyme Spende an eine nicht bekannte Person - sie soll selbstlos motiviert sein und an eine Empfängerin oder einen Empfänger eines inkompatiblen Organspendepaars gehen oder an eine Person auf der Warteliste. Einfluss auf den Empfänger hat der Spender oder die Spenderin nicht. Kommerzialisierung soll es nicht geben können. Weitere Regelungen zielen etwa auf mehr standardmäßige Aufklärung über mögliche Folgen ab. Aufgebaut werden soll zudem ein Programm für die Vermittlung und Durchführung von Überkreuzlebendnierenspenden in Deutschland.

Warum soll es das Gesetz geben?

Es gibt zwar die Möglichkeit, dass ein gesunder Partner, Verwandter oder eine emotional nahestehende Person freiwillig eine Niere spendet. So war dies etwa bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der 2010 diesen Schritt für seine Frau Elke Büdenbender ging. Doch ein Organ übertragen lassen können Spender bisher nur an Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner oder andere, die ihnen "in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen". 

Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU, mitte) brachte die Gesetzesänderung ins Kabinett ein.
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU, mitte) brachte die Gesetzesänderung ins Kabinett ein. Bild: Christoph Soeder/dpa

Dabei hinken die Spendenzahlen bei verstorbenen Spenderinnen und Spendern dem Bedarf stark hinterher - Wartezeit auf eine Nierentransplantation: bis zu acht Jahre. In den vergangenen Jahren gab es jeweils mehr als 500 Nierentransplantationen nach einer Lebendspende und um die 1.500 nach postmortaler Spende. Für einen solchen Eingriff angemeldet sind aber insgesamt deutlich über 2.500 Patientinnen und Patienten, so die Deutsche Stiftung Organtransplantation.

Was könnte noch gegen den Organmangel helfen?

Die Transplantation von Tierorganen, -gewebe oder -zellen (Xenotransplantation). Schweineherzen und -nieren wurden in Versuchen bereits in Menschen transplantiert. Chinesische Ärzte haben nun erstmals eine Schweineleber in einen lebenden Menschen eingesetzt. Der 71-Jährige habe nach dem Eingriff noch 171 Tage gelebt, das eingesetzte Organ sei allerdings bereits am 38. Tag aufgrund von Komplikationen wieder entfernt worden, berichtet das Ärzteteam im "Journal of Hepatology" im Oktober. Die Operation öffne aber noch nicht die Tür für eine breite klinische Nutzung. Eine Niere von Mensch zu Mensch wurde das erste Mal am 17. Juni 1950 übertragen. Eine Reform der Nierenspende fordern Expertinnen und Experten seit Längerem. Nun sollen die parlamentarischen Beratungen von Warkens Entwurf beginnen.

Durch die Änderung soll es mehr Nierentransplantationen geben. (Archivbild)
Durch die Änderung soll es mehr Nierentransplantationen geben. (Archivbild) Bild: Waltraud Grubitzsch/dpa

Was haben die Patienten und Patientinnen hinter sich?

In der Regel eine Dialyse: Das Blut wird außerhalb des Körpers von Schadstoffen gereinigt, weil die eigenen Nieren das nicht mehr schaffen. In Deutschland unterziehen sich heute bis zu 100.000 Menschen dauerhaft dieser Prozedur - in der Regel dreimal die Woche über jeweils mehrere Stunden unter ärztlicher Beobachtung an der Maschine. Dennoch bleibt der einzige Ausweg in der Regel eine fremde Niere. Sie ist in Deutschland das am häufigsten benötigte Organ.

Welchen Perspektivwechsel unternimmt die Politik? 

Statt der familiären Bindung soll der Wille zur Organspende in den Fokus gestellt werden, sagt Warken. "Die Überkreuzlebendspende von Nieren stärkt die bewusste Entscheidung für die Organspende." Die Reform solle vielen Menschen neue Hoffnung geben. Neu soll außerdem unter anderem sein: Anders als heute soll es möglich werden, Organe oder Gewebe, die im Rahmen einer medizinischen Behandlung bei "nicht einwilligungsfähigen" Personen entnommen worden sind, weiterzugeben. Zu diesen sogenannten Operationsresten zählen Herzklappen, die im Rahmen einer Herztransplantation entnommen wurden und noch arbeiten. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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