Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen
Die drei SPD-Verteidigungsexperten schrieben gemeinsam der Fraktion.
Die drei SPD-Verteidigungsexperten schrieben gemeinsam der Fraktion. Bild: Christoph Soeder/dpa
Deutschland
Wehrdienst: Möller und Pistorius geben sich gesprächsbereit

Ein Koalitionskompromiss zum neuen Wehrdienst platzt in der SPD-Fraktion. Nun versuchen die Beteiligten, die Wogen zu glätten.

Berlin.

Erst heftiger Streit, dann versöhnliche Töne: Verteidigungsminister Boris Pistorius, Fraktionsvize Siemtje Möller und der Abgeordnete Falko Droßmann (alle SPD) haben sich in einem gemeinsamen Brief an ihre Fraktion gewandt. "Wir wollen nach der Diskussion in der Fraktionssitzung am Dienstag gemeinsam einige Dinge zum neuen Wehrdienst klarstellen", schreiben sie in einem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

"Der Grundsatz der Freiwilligkeit steht an erster Stelle und bleibt leitend für unser weiteres Handeln", erklären Möller, Pistorius und Droßmann darin. Für den Fall, dass sich nicht ausreichend Freiwillige für den Wehrdienst melden, "müssen wir klare gesetzliche Regelungen für etwaige Verpflichtungen schaffen". Und sie betonen: "Dabei ist klar: darüber entscheidet der Deutsche Bundestag". In dem Brief zeigen sich Möller, Pistorius und Droßmann überzeugt, gemeinsam mit der Union einen zeitgemäßen Wehrdienst entwickeln zu können. Ziel ist, dass das Wehrdienstgesetz zum 1. Januar in Kraft tritt.

Musterung für alle oder Zufallsprinzip?

Der Streit der vergangenen Tage drehte sich vor allem darum, welche Mechanismen greifen sollen, wenn sich nicht genügend Freiwillige für die Bundeswehr finden und ob künftig alle jungen Männer wieder gemustert werden sollen. Dafür hatte sich Pistorius eingesetzt. 

FDP-Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sprach sich im Deutschlandfunk für eine umgehende Musterung aller jungen Männer - möglich auch Frauen - aus, auf deren Grundlage basierend auf Freiwilligkeit ein Kontingent erreicht werden solle. Erreiche man dieses nicht, müsse man in der Tat über eine Pflicht sprechen, so Strack-Zimmermann.

Fachpolitiker von Union und SPD hatten stattdessen vorgeschlagen, junge Männer per Losverfahren zur Musterung und wenn nötig später auch per Zufallsauswahl für einen Pflichtdienst heranzuziehen, wenn die Freiwilligenzahlen zu gering bleiben. An dem Kompromiss war auch Möller beteiligt. Pistorius hatte in einer SPD-Fraktionssitzung zu Beginn der Woche heftig dagegen argumentiert.

In der ersten Lesung im Bundestag am Donnerstag hatten sich Pistorius sowie Abgeordnete beider Regierungsfraktionen dann jedoch zu Kompromissen bereit gezeigt. Auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt verwies am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" darauf, dass alle Beteiligten erklärt hätten, "dass sie Interesse haben an einem Kompromiss".

Die Politik müsse am Ende verschiedene Möglichkeiten erörtern und sagen: "Das glauben wir, das ist jetzt der beste Weg", im Optimalfall auch mit großer Zustimmung in der Bevölkerung. "Dass da aber noch ein bisschen Zeit vergeht und noch ein paar Hürden kommen, das sehe ich auch", sagte der CSU-Politiker. 

Kritik vom Reservistenverband 

Kritik an der Debatte und der Idee eines Losverfahrens kam von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. "Das geht alles so nicht", sagte er im "Spitzengespräch" des "Spiegel". Es müsse darum gehen, "dass mehr Menschen sich beteiligen – Jungen und Mädchen, Frauen und Männer - für den Dienst an dem eigenen Land. Das muss die Diskussion sein und das geht jetzt so verloren."

Der Präsident des Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, Patrick Sensburg, sieht eine Wehrpflicht per Losverfahren ebenfalls kritisch: "Das klingt, wie wer den Kürzeren zieht. Ich glaube, das geht auch viel, viel einfacher", sagte er im "Berlin Playbook Podcast" von "Politico". 

Das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz bewertet er dennoch als wichtigen Schritt für Deutschlands Sicherheit. Freiwilligkeit solle zunächst reichen. 

"Sollte es nicht ausreichen, da stellt sich die Frage, wie man Regelungen einzieht, dass wir dann auch verpflichtend junge Männer zum Wehrdienst einziehen." Sensburg betont die Einbindung ausgebildeter Reservisten: Es würden die einbezogen, die den Status Reservist haben und unter 65 sind.

Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte Sensburg, er befürworte im Fall der Einführung einer Wehrpflicht die Auswahl nach Qualitätskriterien. "Es gibt zwei Verfahren, das Los- und das Nachrückverfahren, bei dem die Qualifiziertesten gezogen werden." Er wäre eher für das Nachrückverfahren, sagte Sensburg. "Das wäre die einfachere und gerechtere Variante." Aber auch das Losverfahren sei unter Gerechtigkeitsaspekten nicht ausgeschlossen. 

Schüler-Union für mehr Mitspracherecht

Der Vorsitzende der Schüler Union, Manuel Stroh, fordert mehr Mitspracherecht und Berechenbarkeit für seine Generation. "Junge Menschen wollen ihre Zukunft verlässlich planen können", sagte er dem "Spiegel". "Es ist wirklich nervenaufreibend, wenn sich die Wehrpflichtdebatte innerhalb weniger Stunden mehrmals dreht und am Ende keiner mehr weiß, was Sache ist." Er erwarte "ein wasserdichtes Konzept, mit dem meine Generation planen kann", sagte Stroh. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
Das könnte Sie auch interessieren
23:26 Uhr
2 min.
Bei Ausfall von ter Stegen: Völler-Gespräch mit Neuer?
Gibt es vielleicht doch noch ein DFB-Comeback für Manuel Neuer? (Archivbild)
Rudi Völler soll bei Manuel Neuer wegen eines DFB-Comebacks angeklopft haben. Was passiert, wenn ter Stegen nach seiner Rücken-OP nicht rechtzeitig fit wird?
08:14 Uhr
2 min.
Erst zu mild, dann kalt: Kommt am Wochenende der Schnee nach Sachsen?
Können am Wochenende erste, kleine Schneemänner gebaut werden?
Dem Freistaat steht wettermäßig eine abwechslungsreiche Woche ins Haus. Erst gehen die Temperaturen ungewohnt hoch, dann folgt der Absturz. Kommt die erste weiße Pracht?
Patrick Hyslop
23:34 Uhr
2 min.
Nach Kraftakt: Alcaraz bezwingt Fritz bei ATP Finals
Carlos Alcaraz musste im zweiten Match hart kämpfen.
Carlos Alcaraz gilt neben Jannik Sinner als Topfavorit auf die ATP-Krone beim Abschluss-Turnier. Doch im zweiten Gruppenspiel tut sich der Spanier gegen den starken Taylor Fritz schwer.
15:28 Uhr
4 min.
Klingbeil: Wehrdienst-Gespräche "auf einer Schlussgeraden"
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD)
Der Vizekanzler und SPD-Chef erwartet, dass die Koalition den Streit um das Gesetz für den neuen Wehrdienst noch vor Donnerstagabend ausräumt. Dann tagt der Koalitionsausschuss.
16.10.2025
5 min.
Was beim Wehrdienst geplant ist und worüber gestritten wird
Antreten, Märsche, Schießübungen – sollten in den nächsten Jahren nicht genügend Freiwillige bei der Bundeswehr zusammenkommen, könnte auch die Wehrpflicht wiederbelebt werden.
Der neue Wehrdienst soll mehr Freiwillige bringen – doch über Musterung, Losverfahren und Anreize wird politisch heftig gerungen. Was geplant und was noch in der Schwebe ist.
Jörg Ratzsch, dpa
10.11.2025
2 min.
Brückensorgenkind von Mittelsachsen wird abgerissen
Am Montag wurde eine erneute Prüfung der Brücke in Gadewitz vorbereitet. Die Brücke soll abgerissen werden.
Die denkmalgeschützte Brücke über die Bahnstrecke Riesa-Chemnitz ist seit etwa zwei Jahren gesperrt. Nun soll sie abgerissen und neu gebaut werden.
Jan Leißner
Mehr Artikel