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Dieses Rollstuhl-Tandem freut sich über Unterstützung

Plauen.

Mit einem "komischen Kribbeln", einer Art Taubheitsgefühl im Bauch, hat es bei Peter Spiegelhauer 1987 angefangen. Als der sportliche Mann zum Arzt ging, wies zunächst nichts auf multiple Sklerose hin. Als die Diagnose ein paar Jahre später getroffen wurde, erinnert sich der Schwerkranke heute, habe er diese nicht ernst genommen, es nicht akzeptiert. "Ich fühlte mich doch gesund, fuhr Motorrad, hatte eine gute Arbeit, eine Frau und Kinder." Jetzt weiß der 56-Jährige, dass sich die Krankheit in seinem Fall von ihrer unbarmherzigen Seite gezeigt hat.

Laufen kann Spiegelhauer nicht mehr. Bis vor Kurzem hat er sich mit Trippelschritten am Rollator vorwärtsbewegt. Geht es ihm schlecht, kommt er fast nicht aus dem Bett. Wenn sein Körper den Invalidenrentner mal wieder im Stich lässt, muss seine Lebensgefährtin Gabi Fraaß (53) ran. Es gilt, 75 Kilogramm hochzuhieven. Sie tut das zwar gern, doch sie sitzt selbst im Rollstuhl und gerät auch an ihre psychischen Grenzen. Seit dem verhängnisvollen Stich einer Mücke im Juli 1996 ist Fraaß querschnittsgelähmt.

Das Plauener Paar hat sich mit der schwierigen Lebenssituation arrangiert. "Den Kopf in den Sand stecken wir nicht", sagt Fraaß. Sie ist eine Kämpfernatur, sonst hätte sie den Schicksalstag vor 20 Jahren nicht überlebt. Die gelernte Krankenschwester machte Urlaub in Kenia. "Nach der Heimkehr hatte ich grippeähnliche Symptome, auch schlimmen Schüttelfrost." Auf Malaria hin sei sie nie untersucht worden, schüttelt sie den Kopf. Durchfall, Erbrechen kamen hinzu. Ihre Beine trugen sie nicht mehr. Mit einem Hubschrauber musste die Mutter eines damals sechsjährigen Mädchens nach Leipzig ins Uniklinikum geflogen werden. "Es war fünf nach zwölf", schildert Fraaß, die innerlich fast verblutet wäre. Bis zum Januar 1997 dauerte ihre Reha. In dieser intensiven Zeit erhielten sie und Töchterlein Anja Unterstützung durch die Großeltern. Und die sind - immerhin schon Mitte 70 - bis heute da, wenn sie gebraucht werden.

Zum Glück habe sie die Wohnung gefunden, resümiert die bastel- und handarbeitsbegeisterte Frau. Auf 96 Quadratmetern im Erdgeschoss des behindertengerechten Hauses an der Stegerstraße im Plauener Osten hat das Rolli-Tandem genug Bewegungsfreiheit. Auch eine Terrasse ist vorhanden, im Sommer der Lieblingsort von Spiegelhauer. Dort sitzt er, raucht, denkt über sein Leben nach. Verbittert sei er nicht, nur manchmal, da wolle sich ein Loch öffnen, in das er zu fallen drohe, beschreibt der frühere Schlosser und Kurierfahrer seine Gefühle.

Der gebürtige Zschopauer wuchs zweisprachig auf. "Meine Mutter ist Ungarin", begründet er. Einst arbeitete er im MZ-Werk, liebte seine Enduro und schmucke Autos. Doch an dem Tag, als er das Bremspedal nicht mehr treten konnte, weil das Gefühl im Fuß weg war, wurde alles anders: Ein schwerer Unfall! "Es tut mir weh, dass ich nicht mehr Autofahren kann", gibt der Mann zu.

Mal rauskommen, andere Bilder sehen, das geht auch heute noch mit dem behindertengerecht umgebauten Auto. In der Praxis allerdings funktioniert ein Ausflug nur nach langer Planung: Bevor Gabi Fraaß am Lenkrad sitzt - sie fährt per Automatik - , müssen die Räder abgeschraubt, der Rollstuhl zusammengeklappt und auf beschwerliche Art ins Fahrzeuginnere befördert werden. Ein seitlicher Lift oder ein ähnliches Hilfsmittel, das wäre der Wunsch des Paares zum Weihnachtsfest. Kosten: 5000 Euro.

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Multimedia-Reportage über Gabi und Peter