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Panorama

GdP-Chef warnt: Messer-Kriminalität zum Problem geworden

Seit dem Anschlag von Solingen rücken Messer-Angriffe einmal mehr in den Fokus. Wie viele es insgesamt gab, steht noch nicht fest. Deutliche Worte kommen von der Gewerkschaft der Polizei.

Berlin.

Im Kampf gegen Messer-Kriminalität fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Verschärfungen des Waffenrechts. "Vor allem Intensivtäter dürfen keine Messer und Waffen mit sich führen", sagte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke. "Deutschland hat ein Messer-Problem." Laut einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur stieg in einigen Bundesländern die Zahl der Messer-Angriffe dieses Jahr erneut. 

Wie sich die Zahl der Messer-Angriffe entwickelt

Noch gibt es keine Zahlen dazu, wie viele Messer-Angriffe es in Deutschland im zu Ende gehenden Jahr insgesamt gab. Als solche zählen im Sinne der Polizeistatistik jene Tathandlungen, bei denen der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird. Das bloße Mitführen eines Messers reicht dafür nicht aus. 

2023 registrierte die Polizei in Deutschland 8.951 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung, bei denen Messer zum Einsatz kamen - entweder um jemanden zu verletzen oder damit zu drohen. Das entspricht einem Anstieg um knapp 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch 10,9 Prozent aller Raubdelikte, die 2023 aktenkundig wurden, waren Messer-Angriffe.

Der GdP-Chef Kopelke beklagte die Datenlage: "Wir haben nicht genug und valide Informationen und Zahlen." Seinen Angaben zufolge werden diese Fälle erst ab dem kommenden Jahr besser erfasst. "Schon jetzt sehen wir aber die gestiegene Zahl der Einsatzlagen mit Messer-Angriffen", sagte der Gewerkschafter. Messer-Kriminalität sei Alltag bei der Polizeiarbeit geworden.

Wie sieht die Lage in den Bundesländern aus?

Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter Landesinnenministerien und -kriminalämtern verweist für dieses Jahr auf unterschiedliche Entwicklungen bei den Messer-Angriffen je nach Region: In Brandenburg etwa wurde für dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg der Zahlen erwartet. Auch im Saarland, in Sachsen und in Schleswig-Holstein deutete sich dies, teils auf Basis der Entwicklung in den ersten zehn Monaten, an.

In Rheinland-Pfalz gab es laut Innenministerium vorläufigen Zahlen zufolge im ersten Halbjahr ähnlich viele Messer-Angriffe wie im Vorjahreszeitraum. In Berlin und Hessen verweisen Polizei beziehungsweise Innenministerium ebenfalls auf ein bislang ähnliches Niveau wie im Vorjahr. Ein Rückgang wurde nach Angaben der jeweiligen Landeskriminalämter in Sachsen-Anhalt in den ersten zehn Monaten des Jahres festgestellt und in Mecklenburg-Vorpommern für das gesamte Jahr erwartet. 

Was ist der Hintergrund der Verschärfungen?

Nach der tödlichen Messer-Attacke von Solingen im August beschloss die damalige Koalition aus SPD, Grünen und FDP das sogenannte Sicherheitspaket. Der Bundestag nahm dies im Oktober an, der Bundesrat stoppte einen Teil davon - Verschärfungen im Waffenrecht wurden allerdings beschlossen.

Im Waffengesetz steht nun etwa, dass das Verbot, Waffen bei Volksfesten oder Sportveranstaltungen mitzuführen, ausdrücklich auch für Messer gilt. "Wir verbieten Messer auf öffentlichen Veranstaltungen und ermöglichen den Ländern, weitergehende Messer-Verbote zu erlassen", hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser dazu im Herbst gesagt. Vor Beginn der Adventszeit forderte die SPD-Politikerin die Behörden in allen Bundesländern zu strengen Kontrollen des Messer-Verbots auf Weihnachtsmärkten auf.

Was sind die Forderungen?

Die Gewerkschaft nannte die Verschärfungen einen "wichtigen Schritt". Der GdP-Bundesvorsitzende gab aber zu bedenken: "Um verdachtsunabhängige Kontrollen in Waffenverbotszonen flächendeckend und wirklich effektiv umzusetzen, fehlt es jedoch an ausreichend Polizisten." Kopelke beklagte: "Der Politik fehlen zunehmend die Ideen im Kampf gegen dieses Phänomen."

Bei dem Messer-Angriff auf dem Solinger Stadtfest waren drei Menschen getötet und acht weitere verletzt worden. Der tatverdächtige Syrer hätte eigentlich 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden sollen. Die Terrorgruppe Islamischer Staat hatte den Anschlag für sich reklamiert.

Kopelke sprach sich für mehr Video-Überwachung aus. Zudem sollten verstärkt moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz eingesetzt werden, sagte er mit Blick auf Maßnahmen gegen Messer-Gewalt. "Die Menschen in Deutschland fühlen sich dadurch auch sehr unsicher." Vor allem junge männliche Räuber setzten Messer immer öfter ein. Auch Streitereien endeten immer häufiger mit Messerstechereien mit Schwerverletzten, sagte er. "Dank den vielen Profis in den Notaufnahmen versterben die Opfer nicht so häufig." (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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