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Panorama
Gletschersturz begräbt Dorf im Wallis - eine Person vermisst

Seit Tagen beobachten Experten die Entwicklung am Birchgletscher in der Schweiz. Schuttmassen eines Bergsturzes üben Druck auf die Eismassen aus. Jetzt ist "das Unvorstellbare" eingetreten.

Blatten.

Das Schweizer Bergdorf Blatten ist unter riesigen Geröll- und Eismassen begraben worden. Oberhalb der zuvor evakuierten Siedlung im Kanton Wallis brach nach Angaben der Einsatzkräfte ein Gletscher ab, der wiederum von einem Bergsturz in Bewegung gesetzt worden war.

Ein Sprecher des Einsatzstabes berichtete von einer vermissten Person. Es lagen keine Informationen über weitere mögliche Opfer vor.

"Das Unvorstellbare ist heute eingetroffen", sagte der Blattener Gemeindepräsident Matthias Bellwald in einer Pressekonferenz im Nachbarort Ferden. Blatten liege unter einem sehr großen Schuttkegel. 

Obwohl die Katastrophe erst wenige Stunden zurücklag, zeigte sich Bellwald optimistisch. "Wir haben das Dorf verloren, aber nicht das Herz", sagte er und rief zum Wiederaufbau auf. 

Unter dem Druck von abbröckelnden Gesteinsmassen ist der Gletscher abgebrochen.
Unter dem Druck von abbröckelnden Gesteinsmassen ist der Gletscher abgebrochen. Bild: Jean-Christophe Bott/KEYSTONE/dpa

Der öffentlich-rechtliche SRF zeigte Aufnahmen von einer riesigen Staubwolke, die sich mit den Schuttmassen den Berg hinabwälzte. Laut dem Schweizerischen Erdbebendienst wurde die Erde mit einer Stärke von 3,1 erschüttert. Zuvor waren bereits in der Nacht zum Dienstag größere Mengen an Eis, Fels, Schnee und Wasser talwärts gestürzt. 

Gewaltige Schuttmassen

Auslöser dieser Ereignisse war ein relativ langsam verlaufender Bergsturz am rund 3.800 Meter hohen Kleinen Nesthorn, oberhalb des nun abgestürzten Birchgletschers. 

Durch das Abbröckeln des Kleinen Nesthorns lagerten sich in den vergangenen Tagen rund neun Millionen Tonnen Schuttmaterial auf dem Gletscher ab und übten Druck auf die Eismassen aus, wie Keystone-SDA berichtete.

Wegen der Gefahrenlage war Blatten in der Ferienregion Lötschental bereits vorige Woche ganz geräumt worden. Rund 300 Einwohner mussten innerhalb kurzer Zeit ihre Häuser verlassen.

Wegen der Gefahrenlage war das Dorf Blatten in der Ferienregion Lötschental bereits am 22. Mai kurzfristig ganz geräumt worden.
Wegen der Gefahrenlage war das Dorf Blatten in der Ferienregion Lötschental bereits am 22. Mai kurzfristig ganz geräumt worden. Bild: Jean-Christophe Bott/KEYSTONE/dpa

Die Naturkatastrophe sei historisch "beispiellos", sagte Raphaël Mayoraz, ein Naturgefahren-Experte des Kantons Wallis. Er wies darauf hin, dass die Gefahr für das Tal auch nach dem Gletschersturz noch nicht gebannt sei. Denn durch den Abbruch wurde der Fluss Lonza auf einer Länge von etwa zwei Kilometern stark aufgestaut.

Es könne an der Lonza eine Mure (ein Murgang; Erdrutsch-Strom aus Schlamm und gröberem Gesteinsmaterial, der schnell talwärts fließt) stattfinden, sagte Mayoraz. Das sei angesichts der zuvor geringen Wassermengen im Fluss derzeit nicht sehr wahrscheinlich, sagte er. 

Dennoch schloss der Experte nicht völlig aus, dass weitere Teilen des Tals evakuiert werden müssten, und dass Überschwemmungen stattfinden könnten.

Die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter drückte den Bewohnern von Blatten ihr Mitgefühl aus. "Es ist schlimm, wenn man seine Heimat verliert", schrieb sie auf der Plattform X. 

Umweltminister Albert Rösti und Verteidigungsminister Martin Pfister reisten sofort in das Katastrophengebiet und sagten der betroffenen Gemeinde die Unterstützung der Schweizer Regierung zu. 

Eine Einheit der Armee wurde in das Lötschental entsandt, um Hilfe zu leisten. Zunächst werde wohl die Beseitigung der aufgestauten Wassermassen im Fluss für die Soldaten im Vordergrund stehen, sagte Pfister.

Geologen hatten in den vergangenen Tagen von mehreren Faktoren gesprochen, die gemeinsam zum Abbröckeln des Kleinen Nesthorns geführt haben könnten, darunter das Tauen des Permafrostbodens im Zuge des Klimawandels und andere geologische Prozesse und Wetterereignisse. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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