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Panorama
Messerangriff in Hamburg: Was einen Monat danach bekannt ist

Gut vier Wochen nach dem Messerangriff am Hamburger Hauptbahnhof werden die Ermittlungen umfangreicher. Die Staatsanwaltschaft befasst sich nun auch mit einem Vorfall in Schleswig-Holstein.

Hamburg.

Ein Monat ist seit dem Messerangriff mit 19 Verletzten im Hamburger Hauptbahnhof vergangen. Die Sommerreisezeit hat begonnen, die Bahnsteige sind wie an jenem Freitagnachmittag oft überfüllt. Auch Menschen, die ein Messer dabeihaben, sind im Bahnhof unterwegs - bei einer Kontrollaktion nur fünf Tage nach der Tat stellten Polizisten elf verbotene Messer am Hauptbahnhof sicher, bei einer weiteren Kontrolle Anfang Juni wurden vier Messer aus dem Verkehr gezogen.

Eine Sprecherin der Bundespolizei versichert dennoch: "Öffentliche Verkehrsmittel und deren Infrastruktur – und damit auch der Hamburger Hauptbahnhof als meistfrequentierter Bahnhof Deutschlands – sind grundsätzlich als sichere Orte anzusehen." 

Zahl der Verletzten steigt auf 19

Am 23. Mai hatte eine Frau auf dem Bahnsteig von Gleis 13/14 wahllos um sich gestochen. Die offenbar psychisch kranke Deutsche verletzte nach neuen Angaben der Staatsanwaltschaft 19 Menschen. Drei Frauen im Alter von 24, 52 und 85 Jahren und ein 24 Jahre alter Mann erlitten lebensgefährliche Verletzungen, sieben weitere Menschen schwere und sieben andere leichte. Inzwischen stellten die Ermittler fest, dass eine weitere Person mit dem Messer verletzt wurde, wie eine Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft sagte. Alle Verletzten seien aus den Krankenhäusern wieder entlassen worden.

Frau räumt Tathandlung beim Haftrichter ein

Dank des mutigen Eingreifens von zwei Passanten wurde die Messerstecherin auf dem Bahnsteig gestoppt. Die Polizei nahm die 39-Jährige fest. Am folgenden Tag ordnete ein Haftrichter ihre vorläufige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Der Unterbringungsbefehl lautete auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Laut Staatsanwaltschaft räumte die Frau die Tat vor dem Haftrichter ein.

Angriff auf Vater im Januar

Nach dem Messerangriff wurde bekannt, dass die mutmaßliche Täterin zuvor schon dreimal gewalttätig geworden sein soll. Der schwerwiegendste Vorfall ereignete sich im vergangenen Januar, als die Frau nach Angaben der Staatsanwaltschaft Lübeck ihren Vater in Großhansdorf in Schleswig-Holstein angegriffen haben soll. Für den Angriff auf den damals 69-Jährigen soll sie einen spitzen Gegenstand benutzt haben. Ihre 71 Jahre alte Mutter erlitt bei der Entwaffnung der Tochter eine Schnittverletzung an der Hand. Die Staatsanwaltschaft Lübeck leitete ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung ein, das inzwischen von der Hamburger Staatsanwaltschaft übernommen wurde.

Gericht lehnte Einweisung in Klinik ab

Im Laufe der Ermittlungen zum Angriff auf den Vater ergaben sich nach Angaben der Lübecker Staatsanwaltschaft Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung der Frau, die Behörde beantragte deswegen eine Unterbringung der Betroffenen in einer psychiatrischen Klinik. Das Amtsgericht Lübeck lehnte das jedoch ab, eine Beschwerde gegen den Beschluss wurde vom Landgericht Lübeck verworfen. 

Weitere Vorfälle im Februar und März

Im Februar soll die Frau dann auf einem Spielplatz am Hamburger Flughafen gegenüber einem Kind gewalttätig geworden sein. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hamburg hielt sie ein sechsjähriges Mädchen an den Schultern fest, schüttelte das Kind und schlug ihm mit der flachen Hand auf den Oberarm. Ein von der Polizei hinzugezogener Amtsarzt habe daraufhin die Unterbringung der 39-Jährigen in einer psychiatrischen Klinik angeordnet. 

Dort sei es Anfang März erneut zu einem Vorfall gekommen: Eine Mitpatientin habe die 39-Jährige angezeigt, weil diese ihr einen Tritt gegen den Oberschenkel versetzt haben soll, sagte die Hamburger Oberstaatsanwältin Melina Traumann. 

Entlassung, Einweisung und erneute Entlassung

Spätestens Anfang Mai war die Frau wieder aus der Klinik entlassen und wurde hilflos gefunden. Daraufhin wurde sie wieder für drei Wochen eingewiesen und behandelt, wie ein Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums mitteilte. Am Tag vor dem Messerangriff im Hamburger Hauptbahnhof wurde die 39-Jährige aus der Psychiatrie im Landkreis Cuxhaven entlassen. Nach Auskunft der Klinik gab es zu jenem Zeitpunkt keinen medizinischen Befund, der eine weitere Unterbringung gerechtfertigt hätte. 

Mit Verletzungsspuren am Flughafen

Nur Stunden später hielt sich die 39-Jährige wieder am Flughafen Hamburg auf. Dort sei sie einem Rettungsdienstmitarbeiter aufgrund von Verletzungsspuren im Gesicht aufgefallen, sagte Traumann. Dieser habe die Polizei informiert. Gegenüber den Beamten habe die Frau angegeben, während eines Klinikaufenthalts von einem Pfleger verletzt worden zu sein. Da sie keine Strafanzeige stellen wollte und angab, noch am selben Tag nach Paris zu fliegen, habe man sie gehen lassen, sagte die Sprecherin. Allerdings habe sie weder ein Flugticket noch gültige Ausweispapiere besessen.

Ministerin setzt auf elektronische Patientenakte

Bahnchef Richard Lutz hatte nach der Tat am Hauptbahnhof seine Bestürzung und Fassungslosigkeit geäußert. Er stellte aber auch klar, dass es in einer offenen Gesellschaft keine hundertprozentige Sicherheit geben könne. Trotzdem gelte es, die Sicherheitskonzepte nachzuschärfen und aus Vorfällen zu lernen. 

Die Bundespolizei hält an ihrem Konzept aus Schwerpunktkontrollen und Streifendienst fest. "Die Sicherheitslage am Hamburger Hauptbahnhof hat sich insbesondere durch die sichtbare Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften spürbar positiv entwickelt", erklärte die Sprecherin. Damit bezog sie sich allerdings auf die vergangenen zwei Jahre. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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