QR Code
Jetzt App herunterladen!
Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen
Im Prozess gegen Christian B. (links) haben die Schlussvorträge begonnen.
Im Prozess gegen Christian B. (links) haben die Schlussvorträge begonnen. Bild: Moritz Frankenberg/dpa-Pool/dpa
Panorama
02.10.2024

Strafverfolger fordern insgesamt 15 Jahre für Christian B.

Am 36. Verhandlungstag im Prozess gegen Christian B. wird die Beweisaufnahme geschlossen. Die Staatsanwaltschaft fordert lange Haft für den Angeklagten und geht das Gericht hart an.

Braunschweig.

Im Prozess gegen den auch im Fall Maddie verdächtigen Christian B. wegen schwerer Sexualstraftaten hat die Staatsanwaltschaft zusammen 15 Jahre Gefängnis für den Angeklagten gefordert. Im Anschluss an die Freiheitsstrafe sei eine Unterbringung in Sicherungsverwahrung nötig, sagte Oberstaatsanwältin Ute Lindemann vor dem Landgericht Braunschweig. Sollte es zu solch einem Urteil kommen, könnte der Angeklagte nicht nach Verbüßung der Haft entlassen werden.

Lindemann hatte zuvor in einem mehr als dreistündigen Plädoyer begründet, warum sie den Angeklagten für zwei Vergewaltigungen und zwei Fälle des sexuellen Missbrauchs für schuldig hält. In ihrem Schlussvortrag kritisierte sie die Strafkammer des Landgerichts an mehreren Stellen hart. Lindemann sprach von einer voreingenommenen Kammer, von der sie teils den Eindruck habe, dass sie keine belastenden Feststellungen treffen will. 

Maddie-Komplex offiziell nicht Gegenstand des Prozesses 

Dem 47-jährigen Deutschen waren zum Auftakt des Prozesses drei Vergewaltigungen sowie zwei Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern vorgeworfen worden, die er zwischen 2000 und 2017 in Portugal begangen haben soll. Der Prozess erweckt größere internationale Aufmerksamkeit, weil der Angeklagte im Fall der verschwundenen dreijährigen Madeleine "Maddie" McCann unter Mordverdacht steht. Der Maddie-Komplex ist aber offiziell nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens. Insgesamt gilt die Unschuldsvermutung.

Christian B. muss sich vor dem Landgericht Braunschweig verantworten, Vorsitzende Richterin ist Uta Engemann (Mitte).
Christian B. muss sich vor dem Landgericht Braunschweig verantworten, Vorsitzende Richterin ist Uta Engemann (Mitte). Bild: Moritz Frankenberg/dpa-Pool/dpa

Schon vor dem Prozess habe die Kammer mit einem langen Zuständigkeitsstreit Zeit verloren und klargemacht, dass sie das Verfahren nicht wolle, sagte Lindemann weiter. Das Oberlandesgericht (OLG) habe erst angewiesen, das Verfahren zu führen. In der Verhandlung habe sie es dann als einmalig empfunden, wie viel Misstrauen, den Ermittlungsbehörden entgegengebracht wurde. "Man hatte teils den Eindruck, dass Beamte auf der Anklagebank sitzen", sagte Lindemann. 

Zwei mutmaßliche Opfer nicht ermittelt - mögliche Videos der Taten verschollen 

Mit Blick auf die fünf einzelnen Vorwürfe sagte die Oberstaatsanwältin: "Man muss sich schon die Mühe machen, die Indizien, die den Angeklagten belasten, in der Gesamtschau zu sehen." 

Sie hält Christian B. für schuldig, eine 70 bis 80 Jahre alte Frau in ihrer Ferienwohnung vergewaltigt und dabei gefilmt haben. Einem Zeugen, der angab, die Tat auf einem Video gesehen und den Angeklagten erkannt zu haben, attestierte Lindemann eine "nachvollziehbare Schilderung". Aber: Das Opfer konnte nie ermittelt werden und der Verbleib des Videos ist unklar.

Dasselbe gilt für die zweite vorgeworfene Vergewaltigung, für die ein weiterer Zeuge aus Sicht der Staatsanwaltschaft bedeutend war. Von der Befragung dieses Zeugen durch die Kammer zeigte sich die Staatsanwaltschaft "erschrocken". Er sei am Ende so fertig gewesen, dass er die Vergewaltigung einer Jugendlichen vor Gericht nur noch vermutete. Das reiche natürlich nicht und müsse zu einem Freispruch von diesem Vorwurf führen, befand Lindemann. 

Mutmaßliches Opfer aus Irland sagte mehrere Tage in Braunschweig aus

Zur dritten vorgeworfenen Vergewaltigung konnte das Opfer aus Irland über mehrere Tage in Braunschweig vernommen werden. Sie habe etwa 20 Jahre nach der Tat eine "beeindruckende Erinnerung" gezeigt und mehrere Merkmale benannt, die auf den Angeklagten zutreffen, sagte die Oberstaatsanwältin. Sie verwies zudem auf das Vorgehen mit sadistischen Zügen, das der Angeklagte in eigenen Texten ähnlich beschrieben habe. 

In den angeklagten Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern sieht die Staatsanwaltschaft Christian B. schuldig. Eine zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Tat im Jahr 2004 zehnjährige Deutsche sei in Braunschweig als Zeugin mit hohem "Verantwortungsbewusstsein" aufgetreten und will den Angeklagten auf später veröffentlichen Bildern "zu 99 Prozent wiedererkannt haben". 

Staatsanwaltschaft hält Angeklagten in zwei Missbrauchsfällen für schuldig 

Im zweiten Fall kommt die Staatsanwaltschaft zu der Überzeugung, dass der Angeklagte 2017 vor einem Mädchen masturbiert habe. An diesem Tag wurde der Christian B. festgenommen. Die damals Elfjährige war für den Prozess per Videoschalte in Portugal vernommen worden. 

 Der Prozess gegen Christian B. (links) erweckt große Aufmerksamkeit.
Der Prozess gegen Christian B. (links) erweckt große Aufmerksamkeit. Bild: Moritz Frankenberg/dpa-Pool/dpa

Zusammenfassend forderte die Oberstaatsanwältin für die zwei mutmaßliche Vergewaltigungen und einen mutmaßlichen sexuellen Missbrauch eines Kindes eine Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren. Der verbleibende letzte Missbrauchsfall lasse sich aus formaljuristischen Gründen dort nicht einbetten, sagte sie. Daher beantrage Lindemann dafür zwei weitere Jahre Haft. 

Urteil könnte am Dienstag fallen 

Zwei Vertreter der Nebenklage schlossen sich im Wesentliche der Staatsanwaltschaft an. Am kommenden Montag (7.10.) wird der Schlussvortrag der Verteidiger erwartet, das Urteil könnte dann schon am Dienstag (8.10.) fallen.  (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
Das könnte Sie auch interessieren
07.10.2024
2 min.
Verteidigung will Urteil gegen Christian B. anfechten
Verteidiger Friedrich Fülscher (r.) will eine Verurteilung seines Mandanten Christian B. anfechten. (Archivfoto)
Nach mehr als 30 Verhandlungstagen geht der Vergewaltigungs-Prozess gegen Christian B. dem Ende entgegen. Der Angeklagte könnte bald erneut ein Gericht beschäftigen.
14:30 Uhr
1 min.
Neuer Radweg verbindet Hoferstraße und Olzmannstraße in Zwickau
Der neu Radweg von der Hoferstraße soll in den bestehenden Radweg an der Olzmannstraße einmünden.
Die Verbindung soll in das Radwegenetz der Stadt integriert werden und das Unfallrisiko für Radfahrer auf der Olzmannstraße senken.
Frank Dörfelt
10.10.2024
4 min.
Diebstahl, Ruhestörung und Pöbelei: In Kriebethal wächst der Unmut gegen die untergebrachten minderjährigen Flüchtlinge
In dem ehemaligen Pflegeheim werden minderjährige Geflüchtete in Trägerschaft des DRK Döbeln-Hainichen in Kriebethal seit Januar 2023 untergebracht und betreut.
In Kriebethal macht sich Unruhe breit: Die Bürgermeisterin beklagt steigende Straftatenzahlen und weitreichende Respektlosigkeit. Ein Teil der minderjährigen Flüchtlinge stellt die Gemeinde offensichtlich auf die Probe. Eskaliert die Situation?
Manuel Niemann
10.10.2024
4 min.
Überraschung unter Freiberger Straße: Bauarbeiter stoßen auf historische Brücke
Im Baubereich der Wallstraße wurde ein historischer Brückenbogen entdeckt. Er verläuft über die gesamte Straßenbreite (im Bild hinter dem grünen Bagger).
Bei Straßenbauarbeiten in Freiberg wurde ein geschichtliches Relikt nahe einer viel befahrenen Kreuzung entdeckt. Worum handelt es sich bei diesem Fund, der von Archäologen untersucht wurde?
Astrid Ring
07.10.2024
5 min.
Prozess gegen Christian B. - Freispruch gefordert
Verteidiger Friedrich Fülscher (rechts) forderte einen Freispruch für seinen Mandanten. (Archivbild)
Nach mehr als 30 Verhandlungstagen geht der Vergewaltigungs-Prozess gegen Christian B. dem Ende entgegen. Die Forderung der Verteidigung steht im deutlichen Gegensatz zu denen der Staatsanwaltschaft.
14:27 Uhr
1 min.
Nationalspieler Raum nach Operation wieder in Leipzig
Nationalspieler David Raum hat sich eine Sprunggelenksverletzung zugezogen und wurde operiert.
Ein Bänderriss beim RB Leipzig-Profi muss operativ behandelt werden. Nun kann er mit der Rehabilitation beginnen.
Mehr Artikel