Putins Raketenangriffe in der Ukraine haben Berlin aufgeschreckt. Für knapp vier Milliarden Euro hat die deutsche Regierung deshalb in Israel das Luftverteidigungssystem „Arrow“ gekauft. Das wird jetzt installiert – in einem Wald in Ostdeutschland nahe der Grenze zu Sachsen.
Torgau.Auf aktuellen Luftbildern auf Google Maps ist die Baustelle gut zu erkennen: kreisrunde Einschnitte in einem Waldgebiet nördlich von Züllsdorf im Landkreis Elbe-Elster nahe der Grenze zu Sachsen und Sachsen-Anhalt. Dort wird auf dem Fliegerhorst Holzdorf in der Annaburger Heide das erste der drei Arrow-3-Raketenabwehrsysteme in Betrieb gehen, die das Verteidigungsministerium in Israel gekauft hat. Der vollständige Schutz durch das Arrow-3-System soll ab 2030 gewährleistet werden, so das Bundesverteidigungsministerium auf seiner Homepage.
Finanziert werde Arrow 3 aus den 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Aufrüstung der Bundeswehr. Mit einem der modernsten Radargeräte der Welt in Betrieb wird die Bundeswehr dann auch sehen können, was in mehr als 100 Kilometern Höhe fliegt. Das ist eine Reaktion auf die Bedrohungslage, die sich verändert hat. Früher hatte Deutschland vor allem mit Angriffen durch Kampfflugzeuge gerechnet. Heute fürchtet das Land eher Attacken mit präzisen ballistischen Raketen, Marschflug- und Lenkflugkörpern.
70 Tonnen schweres Radar als Herzstück des Systems
Das Raketenabwehrsystem Arrow 3 kann Raketen außerhalb der Erdatmosphäre abfangen. Die Reichweite beträgt 2400 Kilometer. Das Waffensystem besteht laut Bundesverteidigungsministerium aus Gefechtsstand, Radarsensoren, Startgeräten mit je vier Lenkflugkörpern sowie weiteren Peripherie-Geräten. Es ist von Israel und den USA gemeinsam entwickelt worden. Herzstück des Systems ist ein Radar von 12 Metern Breite und 5 Metern Höhe, das 70 Tonnen und damit so viel wie ein Kampfpanzer wiegt. Deutschland hat drei dieser Radare bestellt, die im Norden, in der Mitte und im Süden stationiert werden sollen. Bisher ist nur einer der Standorte bekannt - und zwar der in der Annaburger Heide. Zu den beiden anderen gibt es noch keine Informationen. Auch die Anzahl der Lenkflugkörper, die Deutschland von Israel kauft, ist offenbar geheim.
Reaktion auf Erstschlagdrohungen aus Moskau
Seit seinem Angriffskrieg auf die Ukraine drohen Russlands Präsident Wladimir Putin und sein Regime den Unterstützern der Ukraine immer wieder mit Raketenangriffen. Dabei geht es vor allem um Attacken mit ballistischen Raketen mit mehr als 1000 Kilometern Reichweite, die Moskau in seinem Erstschlagsarsenal hat. Mit einem Erstschlag ist ein Angriff mit Nuklearwaffen gegen Militäreinrichtungen des Gegners gemeint, der ihn so sehr schädigt, dass er kaum mehr zurückschlagen kann.


Arrow 3 soll Ende 2025 gefechtsbereit sein
Arrow 3 soll Ende 2025 in der Annaburger Heide in Betrieb gehen, bestätigte die Bundestagsabgeordnete Christiane Schenderlein (CDU) jetzt der Leipziger Volkszeitung (LVZ). Außerdem sei dort ab 2027 die Stationierung von 47 der insgesamt 60 bestellten Schwerlasthubschrauber CH-47F Chinook vorgesehen. Schenderlein betonte gegenüber der LVZ aber auch, dass es sich hierbei nicht um „Kriegsgerät“ im Sinne einer aktiven Bewaffnung handelt, sondern um dringend benötigtes Material zur defensiven Landes- und Bündnisverteidigung. Laut LVZ gibt es auf dem Fliegerhorst Holzdorf aktuell insgesamt knapp 2300 Soldaten und zivile Bundeswehrangestellte. 700 Stellen sollen demnach aufgrund der Stationierung des Transporthubschraubers CH-47F Chinook und des Waffensystems Arrow nun hinzukommen.


Für vollständigen Schutz weitere Raketensysteme erforderlich
Einen vollständigen Schutz gegen Bedrohungen aus der Luft wird aber auch das Waffensystem Arrow 3 nicht bieten. Es wird lediglich einen Teil möglicher Raketen über Deutschland abfangen können. Die Bundeswehr plant deshalb nach eigenen Angaben, ein Abwehrsystem über alle Abfangschichten hinweg zu errichten. Das heißt, für alle einzelnen Höhen, in denen heutige Waffen fliegen können, soll es Abfangraketen geben. Neben dem Arrow-System will Deutschland in den kommenden Jahren deshalb weitere Patriot-Systeme und neue Lenkflugkörper mit einer Reichweite bis zu 50 Kilometer, das Iris-T-System (Reichweite: 25–40 Kilometer) und das Skyranger-System (Nahbereich gegen Kleindrohnen) beschaffen. Es gibt außer den USA keinen Nato-Staat, der ein derart umfassendes Luftverteidigungssystem plant. (juerg)