Grundsteuer: Darum ist in Sachsen die Erfolgsquote bei Einsprüchen bisher so hoch
Hunderttausende Sachsen haben Beschwerde eingelegt gegen die neuen Grundsteuerbescheide. Nur über einen Bruchteil der Fälle wurde bisher entschieden - meist aber zugunsten der Immobilienbesitzer. Das Finanzministerium liefert dafür eine überraschende Erklärung.
Dresden.Bis zum 31. Juli sind bei den sächsischen Finanzämtern insgesamt fast 580.000 Einsprüche gegen Grundsteuerbescheide eingegangen. Das geht aus einer Antwort von Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) auf eine kleine Anfrage des Linken-Abgeordneten Franz Sodann hervorgeht. Zuerst hatte die „Sächsische Zeitung“ darüber berichtet.
Etwa 60 Prozent der bearbeiteten Einsprüche in Sachsen bisher erfolgreich
Konkret wurden laut Finanzministerium bis Ende Juli 334.096 Einsprüche gegen Grundsteuerwert-Feststellungsbescheide eingereicht - also etwa gegen jeden fünften der bis 5. August erlassenen Bescheide (1.662.570). 32.584 Fälle wurden bisher erledigt, in fast 63 Prozent der Fälle wurde dem Einspruch stattgegeben (20.445). Hinzu kommen rund 245.777 Einsprüche gegen Grundsteuermessbetrags-Bescheide, von denen laut Finanzministerium bislang 25.516 erledigt wurden. Hier lag der Anteil der Fälle, bei denen dem Einspruch stattgegeben wurde, demnach bei 59 Prozent (15.128).
Linke moniert Personalmangel
„Es lohnt sich, die Arbeit der Finanzverwaltung überprüfen zu lassen, bis hin zum Klageverfahren“, kommentiert der Linkspartei-Abgeordnete Franz Sodann die Zahlen. „Offenbar passieren viele Fehler, was wohl auch an den schwindelerregend hohen Fallzahlen liegt, die bei der Grundsteuer zu bearbeiten sind – und am Personalmangel.“
Finanzministerium nennt einen simplen Grund für bisherige hohe Quote
Das Finanzministerium erklärt indes auf Anfrage der „Freien Presse“, dass ausreichend Personal für die Bearbeitung der neuen Grundsteuer zur Verfügung stehe - und nennt für die bisherige hohe Erfolgsquote einen recht simplen Grund. Es seien zunächst die Einsprüche bearbeitet worden, in denen lediglich die unzutreffende Berücksichtigung tatsächlicher Verhältnisse moniert worden sei, so ein Ministeriumssprecher auf Anfrage der „Freien Presse“. Das betreffe zum Beispiel Fälle, in denen der Steuerpflichtige die Größe des Grundstücks oder der Wohnung oder die Anzahl der Garagen versehentlich falsch angegeben habe. „Einsprüchen, die sich grundsätzlich gegen die Anwendung der Vorschriften des neuen Bewertungs- und Grundsteuerrechts richten, wurde hingegen nicht stattgegeben, denn die Finanzämter sind an das geltende Recht gebunden.“
Haus & Grund will in Sachsen das Berechnungsmodell kippen
Das deckt sich mit den Erfahrungen, die Sachsens „Haus & Grund“-Chef René Hobusch gemacht hat. Sein Verband will deshalb vor Gericht gegen das Berechnungsmodell vorgehen, das in Sachsen die Bodenrichtwerte und die ortsübliche Vergleichsmiete mit einbezieht. „Beide Werte werden nach unserer Ansicht willkürlich und oft zu hoch angesetzt“, sagt Hobusch auf Anfrage der „Freien Presse“. Da gebe es sogar in der unmittelbaren Nachbarschaft oft extreme Unterschiede. Die Begründung zur Klage sei inzwischen beim Sächsischen Finanzgericht eingereicht worden. (juerg)