Johann G. gilt als der mutmaßliche Kopf der Leipziger „Hammer-Bande“, die Jagd auf Rechtsextreme gemacht hatte. Jetzt muss er sich vor Gericht in Dresden verantworten. In dem Mammutprozess geht es auch um versuchten Mord.
Jahrelang hatten die sächsischen Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren nach Johann G. gesucht, zuletzt auch mit einer Öffentlichkeitsfahndung. So waren zeitweise insgesamt 10.000 Euro Belohnung für Hinweise ausgelobt worden, die zur Ergreifung des untergetauchten Linksextremisten Johann G. führen. Im vergangenen November konnte der mutmaßliche Kopf der linksextremistischen „Hammer-Bande“ dann schließlich in einem Regionalzug in Thüringen nahe Weimar gefasst werden. Nun soll der Prozess gegen ihn und weitere Angeklagte am 4. November vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Dresden beginnen. Für das Verfahren sind zunächst rund 70 Verhandlungstage bis Juli 2026 vorgesehen.
Mit Hammerschlägen mutmaßliche und tatsächliche Rechtsextremisten angegriffen
Die Anklage wirft Johann G. vor, Rädelsführer eines linksextremistischen Netzwerkes gewesen zu sein, dessen Mitglieder in den vergangenen Jahren mehrfach tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten angegriffen, mit Hammerschlägen traktiert und teils schwer verletzt haben sollen. Daher rührt auch der Name „Hammer-Bande“. Deren Mitglieder sollen laut Generalbundesanwaltschaft den bestehenden demokratischen Rechtsstaat, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und das staatliche Gewaltmonopol ablehnen. Die Leipziger Studentin Lina E. soll dieser Gruppierung ebenfalls angehört haben, sie wurde im Mai 2023 vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat diese Haftstrafe im Frühjahr bestätigt.
Sächsische Sonderermittler fahndeten nach Johann G.
Lina E. war im November 2020 in Leipzig festgenommen worden. Das Gericht sprach von einer Form der „Selbstjustiz“, die die Angeklagten gegenüber politischen Gegnern ausgeübt hätten. Die Ermittlungen gegen die „Hammer-Bande“ um Lina E. und Johann G. wurde von der Sonderkommission LinX des sächsischen Landeskriminalamtes geführt, die in den vergangenen Jahren mehrere der gesuchten Linksradikalen aufspüren konnte.
Anklage wirft Linksextremisten versuchten Mord vor
Nach Informationen von NDR und WDR rechneten die sächsischen Sicherheitsbehörden dem Netzwerk um Johann G. zuletzt bis zu 40 Tatverdächtige zu. In Dresden vor dem OLG müssen sich neben dem mutmaßlichen Rädelsführer nun sechs weitere Beschuldigte verantworten, die dieser Gruppe zugerechnet werden, darunter eine Frau aus dem Umfeld von Lina E. Die Karlsruher Bundesanwaltschaft wirft sechs von ihnen die Mitgliedschaft und einem die Unterstützung einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung vor. Daneben geht es in dem Prozess aber auch um versuchten Mord. Johann G. und Paul M. wird darüber hinaus Diebstahl mit Waffen zur Last gelegt.
Einem Erfurter den Schädel eingeschlagen
„Die auch überregional vernetzte Gruppierung soll über mehrere Jahre hinweg gewaltsame Angriffe gegen Personen verübt haben, die ihrer Ansicht nach aus der ,rechten Szene‘ kamen“, heißt es in der OLG-Mitteilung. „Die Aktionen wurden in der Regel intensiv vorbereitet. Sie schlossen etwa im Vorfeld die Ausspähung der Lebensgewohnheiten der ausgewählten Tatopfer ein.“ So sollen G. und weitere Personen etwa im Januar 2023 gezielt Jagd auf einen bekannten Rechtsextremisten in Erfurt gemacht haben. Die Gruppe schlug Dutzende Male auf den Kopf und den Körper des Mannes ein. Er erlitt dabei einen Schädelbruch. Die Generalbundesanwaltschaft wertet diesen Übergriff als versuchten Mord.
In einem anderen Fall soll die Gruppe einen rechten Szenetreffpunkt in Eisenach überfallen haben, bei dem mehrere Personen mit Schlagstöcken und Eisenstangen attackiert wurden. Neben weiteren Angriffen in Thüringen und Sachsen sollen Johann G. und ein weiterer Angeklagter zudem im Februar 2023 in Budapest mit Komplizen einen rechtsradikalen Aufmarsch angegriffen haben. Mehrere Menschen wurden dabei verletzt.
Anklage: Johann G. soll Drahtzieher sein
Johann G., Spitzname „Gucci“, galt lange als Deutschlands wohl meist gesuchter Linksextremist, hatte sich erfolgreich vor den Zielfahndern des sächsischen Landeskriminalamtes versteckt. Er soll maßgeblich für die Planung und Durchführung der Angriffe zuständig gewesen sein, gezielt Mittäter für einzelne Aktionen angesprochen und sich in der linksextremistischen Szene vernetzt haben, um weitere Personen zu mobilisieren, so der Generalbundesanwalt.
Staatsschutz: Oft gezielt den Kopf der Opfer attackiert
Der Prozess in Dresden gilt als einer der spektakulärsten und größten Prozesse gegen linksextremistische Straftäter seit der RAF. Die „Hammer-Bande“ sei „mit äußerster Brutalität und heimtückisch“ vorgegangen, hatte Denis Kuhne, Leiter Staatsschutz des Landeskriminalamtes Sachsen, kürzlich in einem Interview mit NDR und WDR erklärt. „Die Täter haben es oft gezielt auf den Kopf abgesehen. Auch die Tatvorbereitung lief konspirativ, arbeitsteilig und trainiert. Die Opfer wurden gezielt und professionell ausgespäht. Zum Glück ist niemand zu Tode gekommen.“ (juerg)







