Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen
Geht es nach der EU-Kommission, sollte das Rauchen auch in den Außenbereichen von Restaurants, Cafés und Bars verboten werden.
Geht es nach der EU-Kommission, sollte das Rauchen auch in den Außenbereichen von Restaurants, Cafés und Bars verboten werden. Bild: Álex Zea/EUROPA PRESS/dpa
Sachsen

Rauchverbot im Freien gescheitert: EU-Plan ist vom Tisch

Die EU wollte gern das Rauchverbot unter anderem auf Parks, Biergärten, auf Gastro- und Café-Terrassen, Strände, auf die Umgebung von Schulen, Kitas, Krankenhäusern oder Bahnhöfen ausweiten. Das gefiel längst nicht allen - und sorgte für hitzige Diskussionen. Auch aus Sachsen kam Gegenwind.

Brüssel.

Eine Zigarette rauchen auf dem Weg zum Bahnhof oder bei einem Spaziergang im Park? Das hätte bald verboten sein können. Doch das Vorhaben scheiterte am Donnerstag. Die EU wollte bis 2040 eine „tabakfreie Generation“ schaffen und die Raucherquote auf unter fünf Prozent drücken. Zigaretten sollten deshalb künftig weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwinden.

450 Millionen EU-Bürger sollten besser geschützt werden

Wo überall, dazu hatten EU-Abgeordnete der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), der Sozialdemokraten (S&D), der liberalen Renew und der Europäischen Linken diese Woche im EU-Parlament in Straßburg Vorschläge eingebracht. Die Begründung für den Vorstoß: die Gesundheitsrisiken durch Passivrauchen und Aerosole (Rückstände in der Luft) müssten verringert werden – besonders für Kinder, Schwangere und Alte. 450 Millionen Bürger der EU sollten künftig von einem konsequenteren Nichtraucherschutz profitieren.

Rauchverbot gescheitert, aber nicht vom Tisch

Das Papier empfiahl Rauchverbote für nahezu alle öffentlichen Orte. Dazu gehören Parks, Weihnachtsmärkte, Freizeitparks, die Außengastronomie, Caféterrassen, die Umgebung von Krankenhäusern, Schulen, Kitas, Pflegeeinrichtungen und öffentlichen Gebäuden. Untersagt werden sollte demnach das Rauchen aber auch etwa an Arbeitsplätzen im Freien, an Stränden, in Zoos oder in Erholungsgebieten, auf Spielplätzen, Flughäfen und Bahnhöfen, in Schwimmbädern, vor Freilichtbühnen, bei Open-Air-Konzerten oder an Bus- und Straßenbahnhaltestellen. Gelten sollte das auch für E-Zigaretten, Tabakerhitzer und andere neuartige Erzeugnisse, die Aerosole ausstoßen. An diesem Donnerstag stimmte das Europaparlament über eine Erklärung dazu ab - doch es fand sich keine Mehrheit fürs Rauchverbot. Jedoch: Das Verbot ist damit keineswegs ganz vom Tisch, berichtet ARD-Korrespondentin Kathrin Schmidt: Das Ziel der EU-Kommission bleibe bestehen, sie werde weiterhin versuchen, dafür Mitstreiter zu finden.

Deutsche rauchen 70 Milliarden Zigaretten im Jahr

In Deutschland werden jedes Jahr etwa 70 Milliarden Zigaretten geraucht. Ist das irgendwann nur noch im Privaten möglich? Nicht jeder begrüßt den Vorschlag. Der Bund der europäischen Steuerzahler sieht ungelöste Fragen: Wie wirkt sich das Rauchverbot auf Unternehmen wie Bars und Restaurants aus? Müssen Wirte künftig sicherstellen, dass vor ihren Lokalen nicht geraucht wird? Wer zahlt mögliche Strafen – der Wirt oder der Raucher? Wer kontrolliert das Rauchverbot?

Tabak-Branche kritisiert EU-Vorstoß als „übergriffig“

Michael Jäger, Präsident des Bundes der Steuerzahler, nannte die Pläne „inkonsistent und heuchlerisch.“ Er warf der EU vor: „Milliarden an Tabak-Steuereinnahmen nimmt man gerne. Aber man sollte diese Einnahmen dann auch komplett für Prävention und Schadensbekämpfung einsetzen.“ Tatsächlich kassiert der deutsche Fiskus jährlich 14,7 Milliarden Euro durch die Tabaksteuer. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer. Bei einer Schachtel Zigaretten (20 Stück) für 8,70 Euro werden insgesamt 5,35 Euro als Steuern abgeführt. Dies entspricht einem Anteil von 61,5 Prozent des Kaufpreises. Jäger fordert: „Die EU muss endlich aufhören, jeden Sachverhalt unseres Lebens regeln zu wollen und sich überall und für alles zuständig zu fühlen.“ Auch der Verband der Rauchtabakhersteller (VdR) und der Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) hielt die EU-Pläne für überzogen. „Wir fordern die Bundesregierung auf, diesen übergriffigen und dirigistischen Plänen Einhalt zu gebieten“, so BVTE-Hauptgeschäftsführer Jan Mücke.

Bundesrat lehnt Pläne ab

Gegenwind kam zudem vom Bundesrat. Der konstatierte vergangene Woche, dass für die Ausweitung der Rauch- und Dampfverbote auf Orte im Freien eine ausreichende wissenschaftliche Rechtfertigung fehle. Es bestünden „Zweifel an der Belastbarkeit der Daten“, die die EU-Kommission zu möglichen Gesundheitsfolgen für umstehende Menschen vorgelegt habe, so der Bundesrat. Die Länderkammer lehnt insbesondere auch die empfohlene Ausweitung des Rauchverbots auf gastronomische Außenbereiche von Restaurants, Bars, Cafés und vergleichbare Umgebungen ab. Die Begründung: Ein Verbot könne zu Umsatzverlusten in der Gastronomie führen und stelle Betriebe vor weitere Herausforderungen. Stattdessen solle es weiterhin freiwillig möglich sein, im Außenbereich klar gekennzeichnete und abgegrenzte Raucherbereiche einzurichten.

Wie schädlich ist Passivrauchen im Freien?

Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sind zwar alle Menschen gefährdet, die sich im Freien in der Nähe von Raucherinnen und Rauchern aufhalten. Sie atmen demzufolge auch den Rauch mitsamt seiner giftigen Inhaltsstoffe ein. Der sogenannte Nebenstromrauch, der beim Rauchen einer Zigarette zwischen den Zügen beim Glimmen entstehe, mache 85 Prozent des Gesamtrauches aus und werde beim Passivrauchen eingeatmet. Der BVTE argumentiert aber dagegen, dass der Tabakrauch außerhalb geschlossener Räume in der Umgebungsluft sehr schnell verdünnt werde. Dieser sei in einer Entfernung von zwei Metern praktisch nicht mehr nachweisbar. „Zugleich ist das Gefährdungspotenzial der Emissionen von schadstoffarmen E-Zigaretten und Tabakerhitzern nicht mit Passivrauchen vergleichbar.“ Dies gelte gerade für draußen.

Der von der EU-Kommission vorgelegte Entwurf einer Ratsempfehlung über rauch- und aerosolfreie Umgebungen sollte von den Gesundheitsministern der EU-Mitgliedsländer am kommenden Dienstag verabschiedet werden. Die deutsche rot-grüne Minderheitsregierung hatte angekündigt, zustimmen zu wollen.

Sachsen plant eigenes neues Nichtraucherschutzgesetz

Das sächsische Sozialministerium selbst lehnte die EU-Pläne weitgehend ab. Es sei „grundsätzlich gegen eine Überregulierung“, so eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage der „Freien Presse“. „Im Freien sind die gesundheitlichen Belastungen andere als in geschlossenen Räumen.“ Das geplante neue Sächsische Nichtraucherschutzgesetz werde deshalb auch nur punktuelle Rauchverbote enthalten, insbesondere etwa auf Kinderspielplätzen. „Nicht aber die in der Empfehlung enthaltenen umfassenden Verbote.“ (juerg)

© Copyright Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG
Das könnte Sie auch interessieren
12.01.2025
5 min.
Biker aus dem Erzgebirge vermissen das alte Flair des Augustusburger Wintertreffens
Obwohl er das alte Flair vermisste, kam Chris Loske (3. von rechts) auch diesmal wieder mit vielen Bikern ins Gespräch.
Das Kult-Event auf dem Schloss hat am Samstag rund 600 Motorradfahrer und 2800 Besucher angelockt. Im Gegensatz zum Veranstalter schauten viele Gäste weniger zufrieden drein.
Andreas Bauer
13:30 Uhr
1 min.
Floorball: UV Zwigge erobert in Halle auch ohne den Topscorer die Tabellenspitze
Vorerst sind die Zwickauer Spitzenreiter. Sie müssen am Samstag auf Schützenhilfe aus Dresden gegen Jena hoffen.
Die Westsachsen haben das Spiel gegen die Saalebiber II mit 9:3 gewonnen. Die Vorentscheidung fiel im zweiten Drittel.
Philip Meyer
13.01.2025
2 min.
Spektakulärer Lkw-Unfall auf A4-Zubringer bei St. Egidien: Bergungsarbeiten dauern immer noch an
Update
Der Laster liegt auf den beiden Spuren der Straße „Am Viadukt“ zwischen Lichtenstein und St. Egidien. Helfer beginnen mit dem Abtransport der Paletten, auf denen sich Zeitschriften befinden
Ein Mercedes-Sattelzug mit tausenden Zeitschriften ist quer über die Staatsstraße gekippt. Die wichtige Verbindung zwischen den Gewerbegebieten musste voll gesperrt werden.
Holger Frenzel, Andreas Kretschel, Bernd Appel
28.11.2024
5 min.
EU will fast komplettes Rauchverbot im Freien
Geht es nach der EU-Kommission, sollte das Rauchen auch in den Außenbereichen von Restaurants, Cafés und Bars verboten werden.
Die EU möchte gern das Rauchverbot unter anderem auf Parks, Biergärten, auf Gastro- und Café-Terrassen, Strände, auf die Umgebung von Schulen, Kitas, Krankenhäusern oder Bahnhöfen ausweiten. Das gefällt längst nicht allen - und sorgt für hitzige Diskussionen. Auch aus Sachsen kommt Gegenwind.
Jürgen Becker
03.12.2024
4 min.
EU gibt grünes Licht für Rauchverbot im Freien: Schall und Rauch in Brüssel
Nach Vorstellungen der EU soll das Rauchverbot auch im Freien, etwa auf Spielplätzen, in Zoos und an Haltestellen gelten.
Anders als das EU-Parlament stellten sich die Gesundheitsminister der 27 Mitgliedsstaaten am Dienstag hinter die Empfehlung der Kommission, Rauchverbote auch im Freien einzuführen, etwa an Spielplätzen und in Freibädern. Obligatorisch ist das Verbot nicht, denn Gesundheitspolitik ist Sache der nationalen Regierungen. Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung in Brüssel.
Katrin Pribyl
13:30 Uhr
1 min.
Zwickau: Energieversorger baut an der Gewandhausstraße
Unter anderem werden 270 Meter der Fernwärmehauptversorgungstrasse erneuert.
Ziel ist die Steigerung der Versorgungssicherheit im innerstädtischen Bereich, heißt es aus dem Unternehmen.
Jens Arnold
Mehr Artikel