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Ein kriminelles Netzwerk soll Hunderttausende Geldanleger weltweit zu Investments auf betrügerischen Handelsplattformen im Internet verleitet und betrogen haben.
Ein kriminelles Netzwerk soll Hunderttausende Geldanleger weltweit zu Investments auf betrügerischen Handelsplattformen im Internet verleitet und betrogen haben. Bild: Sebastian Gollnow/dpa
Sachsen
Sächsische Staatsanwaltschaft erhebt Anklage: Cyber-Bande soll Geldanleger um mehr als eine Milliarde Euro betrogen haben

Ein kriminelles Netzwerk soll über betrügerische Handelsplattformen weltweit Hunderttausende Anleger um ihr Geld gebracht haben, darunter auch viele Sachsen. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden will jetzt vier albanische mutmaßliche Mitglieder dieser Bande hinter Gitter bringen.

Dresden.

Die Zentralstelle Cybercrime Sachsen (ZCS) der Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat Anklagen erhoben. Sie wirft drei Albanern und einer Albanerin vor, massenhaft vermeintlich lukrative Online-Geldanlagen vorgetäuscht zu haben. Dabei soll das Quartett in eine Organisation mit dem Namen „PumaTS“ eingebunden gewesen sein. Die agierte aus Albanien, Litauen und Georgien heraus als sogenannter „Brandprovider“. Ein „Brandprovider“ ist beim Online-Handel ein Anbieter, der die gesamte Technologie für die Begehung massenhafter Betrugstaten zur Verfügung stellt. Dazu gehören zum Beispiel die Webseiten, das Kundenverwaltungssystem oder die Anbindung an Zahlungsdienstleister, über welche die Einzahlungen der Geldanleger abgewickelt werden.

Auch viele Sachsen ausgenommen

Konkret werden den drei Albanern im Alter von 26 bis 31 Jahren 646 Cyberbetrugsfälle sowie der 29-jährigen Albanerin 685 Fälle zur Last gelegt. „PumaTS“ soll laut Dresdner Generalstaatsanwaltschaft aber insgesamt für über 500 Online-Anlagebetrugs-Plattformen und einen weltweiten Gesamtschaden bei Hunderttausenden Anlegern von über einer Milliarde Euro verantwortlich sein. Den teilweise in Sachsen wohnenden Geschädigten seien dabei in den Jahren 2019 bis 2022 insgesamt Schäden von über 40 Millionen Euro entstanden, heißt es.

Prozesstermin noch offen

Die Polizei hatte einen der Männer am 8. November 2022 in Georgien und die Frau am 6. Oktober 2024 in Italien festgenommen. Beide wurden dann nach Deutschland ausgeliefert. Die anderen beiden Männer hatten sich dann im Februar 2024 selbst gestellt. Die Haftbefehle gegen das Quartett wurden außer Vollzug gesetzt. In Leipzig soll nun der Prozess gegen das Quartett stattfinden. Das Landgericht Leipzig muss jetzt aber erst einmal entscheiden, ob es die beiden Anklagen zulässt. Einen Termin für den Prozess gibt es deshalb noch nicht.

Finanzaufsichtsbehörden warnten

Die Finanzaufsichtsbehörden mehrerer europäischer Länder hatten in der Vergangenheit vor betrügerischen Brokern gewarnt, die zu den Kunden von PumaTS gehört haben sollen. Dazu zählen zum Beispiel RogerFin, TopTraderPro oder BlizTrade. Möglicherweise ist PumaTS auch Teil eines noch größeren kriminellen Netzwerks, über das international in der Vergangenheit unter dem Schlagwort „Milton Group“ öffentlich berichtet worden ist. Auf Anfrage der „Freien Presse“ wollte sich die Dresdener Generalstaatsanwaltschaft „wegen der laufenden Ermittlungen“ nicht dazu äußern.

Sachsen an internationalen Ermittlungen beteiligt

So hatten internationale Ermittler, zu denen auch Beamte der Zentralstellen Cybercrime Bayern und Sachsen gehörten, 2022 in fünf Ländern gleichzeitig dutzende Gebäude und Callcenter unter anderem in Georgien und Nordmazedonien durchsucht und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Auch zu Festnahmen und Vermögensbeschlagnahmen kam es dabei. Schon seit mehreren Jahren wird gegen ein als „Milton Group“ bekanntes kriminelles Netzwerk mit großem Aufwand durch die bayerischen und sächsischen Ermittler wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, Bildung einer kriminellen Vereinigung und Geldwäsche ermittelt. Diese Gruppierung soll seit 2016 Anleger um ihr Geld betrügen.

So funktioniert die Betrugsmasche

So sollen angebliche Finanzexperten über dieses Netzwerk Hunderttausende Geldanleger über Werbeanzeigen im Internet in vermeintlich lukrative Anlage- und Finanzprodukte gelockt haben. Dabei geht es vor allem um Investitionen in Kryptowährungen. Tatsächlich sind die Einzahlungen der Anleger jedoch nie gewinnbringend investiert worden. Stattdessen wird den Opfern über unterschiedlichste Plattformen und Websites vorgegaukelt, dass für sie ein Konto angelegt worden sei. Dort werden ihnen dann durch vermeintlich erfolgreiche Trades Gewinne vorgetäuscht, um sie zu weiteren Investitionen zu verleiten. Sobald ein Anleger skeptisch wird oder eine Auszahlung wünscht, bricht der vermeintliche Finanzexperte den Kontakt dann aber oft ab oder es wird suggeriert, dass das angebliche Investment plötzlich überraschend eingebrochen sei. Das geht bis zum vermeintlichen Totalverlust. Die Täter agieren dabei aus professionell betriebenen Callcentern im Ausland. So konnten der „Milton Group“ nach Angaben von Ermittlern schon 2022 Hunderte betrügerische Trading-Plattformen und Dutzende Callcenter in verschiedenen Ländern zugeordnet werden.

Ermittler: Hunderttausende Geschädigte weltweit

„Der verursachte Schaden ist immens; allein in Deutschland ist von einem Schaden von deutlich mehr als 100 Millionen Euro auszugehen“, hieß es damals nach den umfangreichen Durchsuchungen. „Weltweit muss mit Hunderttausenden Geschädigten gerechnet werden, der geschätzte Gesamtschaden liegt im Milliardenbereich.“ (juerg)

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