Kurz vor der Bundestagswahl macht die Kleinstpartei „Die Partei“ von sich reden. Es geht um ein Meldeportal für Kinder. Dynamo Dresden beschreitet den Rechtsweg.
Dresden.Ist man Nazi, wenn man Fan von Dynamo Dresden ist? Ein Petzportal legt dies nahe. Dort sollen Kids angestiftet werden, ihre Eltern zu verpfeifen. Doch Obacht: Die Plattform ist das jüngste Projekt der Satire-Partei „Die Partei“.
Rückblick: Im Jahr 2004 gründeten Redakteure des Satireblatts „Titanic“ die Partei – voller Name „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“. Bei der Europawahl 2014 konnte sie einen Sitz im EU-Parlament erobern, 2019 gar zwei. Nun sorgt ein satirischer Internet-Pranger der Kleinstpartei für Wirbel.
Auf diesem wenden sich die Macher vermeintlich an Kinder: „Selbstverständlich willst Du, genau wie wir, dass es Deutschland gut geht“, heißt es auf der Plattform elternmelden.de etwa. Oder: „Immer mehr Menschen handeln wider der Vernunft, verkaufen unsere geliebte Heimat an den Russen und scheißen auf Deine Zukunft.“
„Dein Vater findet Sahra Wagenknecht heiß?“
Dann kommen die Erziehungsberechtigten ins Spiel: „Vielleicht auch Menschen, die Dir nahestehen? Eventuell sogar Deine Eltern?!“ Anhand einer „Checkliste“ soll der Nachwuchs erkennen, ob die Eltern Nazis sind, darunter Punkte wie „Auch abseits von internationalen Sportereignissen, hängt an eurem Haus mindestens eine Deutschlandfahne?“, „Dein Vater findet Sahra Wagenknecht heiß?“ oder „Dein Vater ist Polizist?“.
Und eben auch: „Deine Eltern sind Fans von Dynamo Dresden?“ Also Rechtsextremer, wer Anhänger von Dynamo ist? Die Partei rät den Kindern: „Solltest Du feststellen, dass einer oder mehrere dieser Punkte zutreffen, dann suche das Gespräch mit Deinen Eltern. Erkläre ihnen, dass Rechtsextremismus nicht alternativlos ist.“
Zudem sollten die Erziehungsberechtigten über ein Formular auf der Website gemeldet werden – mitsamt Begründung („nazihaftes Verhalten“). Die dort veröffentlichte Liste angeblich Gemeldeter umfasst Altkanzler Gerhard Schröder ebenso wie etwa Nazi-Diktator Adolf Hitler.
Verein beschreitet Rechtsweg
Beim Fußball-Drittligisten SG Dynamo Dresden versteht man diesbezüglich keinen Spaß. Mehr noch: Der Eintrag auf dem Satire-Portal hat juristische Folgen. Denn wie die Pressestelle gegenüber der „Freien Presse“ mitteilt, habe man nach anwaltlicher Prüfung „eine Unterlassungsanzeige erstattet, da der Vereinsname nicht in Wahlwerbung aufgenommen werden darf“.
In seiner Fan-Charta positioniert sich Dynamo Dresden deutlich. Verein und Fans „stehen aktiv gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung (aufgrund ethnischer Zugehörigkeit, religiöser und sexueller Orientierungen sowie körperlicher und geistiger Beeinträchtigung) innerhalb und außerhalb des Stadions ein“. Soweit die Theorie. In der Praxis fallen Anhänger jedoch gegenteilig auf.
Nach Magdeburg-Anschlag: Dynamo-Fans stören Gedenken
So wurde im vergangenen Dezember im Vorfeld der Partie gegen die SpVgg Unterhaching der Opfer des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt gedacht. Die Tat forderte sechs Todesopfer, fast 300 wurden verletzt. Wie der „Bayerische Rundfunk“ berichtet, lief während des Gedenkens „Imagine“ von John Lenon.
Kaum war der Song verklungen, stimmten Dynamo-Fans die Melodie des Songs „L‘amour Toujours“ von Gigi D‘Agostino an. Der alte Song erreichte vergangenes Jahr wieder Berühmtheit, nachdem Feiernde auf Sylt über die Melodie den fremdenfeindlichen Text „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ legten. Laut BR reagierten die Unterhachinger Fans sowie Teile der Dresdner darauf mit „Nazis raus“-Rufen.
Im Januar diesen Jahres sollen derweil mutmaßliche Dynamo-Anhänger die Betreiber eines Infostands der Dresdner Linksjugend bedroht und beleidigt haben. Verletzt wurde niemand. Augenscheinlich handelte es sich bei den acht Pöblern laut Polizei um Dynamo-Fans, die gerade von einem Heimspiel kamen. (phy)