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Ende März kamen 174 Afghaninnen und Afghanen mit einem Charterflug in Hannover an. (Archivbild)
Ende März kamen 174 Afghaninnen und Afghanen mit einem Charterflug in Hannover an. (Archivbild) Bild: Julian Stratenschulte/dpa
Sachsen
Unionspolitiker empört über Aufnahmen aus Afghanistan

In den gut drei Wochen bis zur erwarteten Wahl von Friedrich Merz (CDU) zum Kanzler sollen noch mehrere Dutzend Menschen aus Afghanistan aufgenommen werden. Und was kommt danach?

Berlin.

Mit Empörung haben Politiker der Union auf die Ankündigung weiterer Charterflüge für gefährdete Menschen aus Afghanistan nach Deutschland reagiert. Sie wollen die Aufnahmen, die über Pakistan laufen, nach dem Regierungswechsel beenden.

"Der politische Anstand gebietet einer geschäftsführenden Bundesregierung, maßzuhalten und nicht noch das zu intensivieren, wofür die neue Bundesregierung bekanntermaßen genau nicht stehen wird", sagte Sachsens Innenminister, Armin Schuster (CDU), der Deutschen Presse-Agentur. 

Dass Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) quasi in letzter Sekunde vor ihrem Abtritt derart weitreichende und "unsere Gesellschaft massiv polarisierende Aktionen im Akkord" nacheinander "durchziehen" wolle, sei "wirklich infam und vollkommen verbohrt", so Schuster.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte dem Sender Welt TV: "Gut, da ist eine geschäftsführende Regierung im Amt. Wir können sie offenkundig nicht stoppen." Es sei aber klar, sobald die neue Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) gebildet sei, "werden diese Flieger aus Afghanistan nicht mehr kommen". Merz soll, falls nach der CSU auch die CDU und die SPD dem Koalitionsvertrag zustimmen, am 6. Mai vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden. 

Vor Kanzlerwahl im Mai noch mehrere Flüge

Nach Angaben eines Sprechers des sächsischen Innenministeriums sind in diesem Monat noch insgesamt drei Flüge für Afghaninnen und Afghanen von Pakistan nach Deutschland geplant: am kommenden Mittwoch solle eine Maschine in Leipzig landen. Zudem seien zwei weitere Flüge am 23. und 29. April vorgesehen. Per Flugzeug sollen sowohl ehemalige Ortskräfte deutscher Institutionen in Afghanistan als auch besonders gefährdete Menschen, wie etwa Menschenrechtsanwälte oder Frauenrechtlerinnen, nach Deutschland geholt werden.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) meint, eine geschäftsführende Regierung sollte keine weitreichenden Entscheidungen treffen. Dazu zählt er auch die Aufnahme gefährdeter Menschen aus Afghanistan. (Archivbild)
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) meint, eine geschäftsführende Regierung sollte keine weitreichenden Entscheidungen treffen. Dazu zählt er auch die Aufnahme gefährdeter Menschen aus Afghanistan. (Archivbild) Bild: Sebastian Kahnert/dpa

Die bereits getroffenen Zusagen haben aus Sicht der Bundesregierung rechtlichen Bestand. In Hannover war Ende März ein Flugzeug mit 174 Afghaninnen und Afghanen gelandet, die eine Aufnahmezusage für Deutschland erhalten hatten. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es: "Wir werden freiwillige Bundesaufnahmeprogramme so weit wie möglich beenden (zum Beispiel Afghanistan) und keine neuen Programme auflegen."

Seit Monatsbeginn seien mehr als 127.000 Afghanen aus Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) mit.(Archivbild)
Seit Monatsbeginn seien mehr als 127.000 Afghanen aus Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) mit.(Archivbild) Bild: H. Achakzai/AP/dpa

Aktuell befinden sich nach Aussage des Auswärtigen Amts circa 2.600 Personen mit Aufnahmezusagen in den verschiedenen Phasen des Ausreiseverfahrens. "Bereits erteilte Aufnahmezusagen im Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan sind verbindlich", sagte eine Sprecherin. Weitere Zusagen würden derzeit nicht ausgesprochen. Über alles Weitere müsse dann die nächste Bundesregierung entscheiden. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, Menschen, die eine Zusage erhalten hätten, stehe in Deutschland der Verwaltungsweg offen.

Schuster sieht keine Kapazitäten für Aufnahme

"Mit den Aufnahmeprogrammen mögen in absoluten Zahlen nur wenige Personen kommen", sagte Schuster. Nach über zehn Jahren einer nahezu ungesteuerten Migrationspolitik träfen diese Menschen jedoch auf Städte und Gemeinden, die, was Finanzierung und Unterbringung angehe, schon völlig überfordert seien. An erfolgreiche Integration sei schon lange nicht mehr zu denken. Auch die große Zahl von Angehörigen, die mit den als schutzbedürftig identifizierten Menschen einreisten, mache deutlich, dass dieses Programm aus dem Ruder gelaufen sei. 

Abschiebungen kommen nicht voran

Schuster, der für seine Partei an den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen beteiligt war, kritisierte, das Auswärtige Amt unter der Leitung von Baerbock habe "die wenigen und komplizierten diplomatischen Möglichkeiten mit den Taliban offenbar ausschließlich dazu genutzt, um zigtausende Personen nach Deutschland zu holen, anstatt sich um die Rückführung der Personen zu bemühen, die als Mehrfach- und Intensivstraftäter oder unverhohlene Islamisten jedes Gastrecht verwirkt haben". 

Im vergangenen Sommer hatten sich die Taliban angesichts der in Deutschland neu entflammten Debatte um Abschiebungen afghanischer Straftäter und Gefährder offen für eine Zusammenarbeit gezeigt. "Das Islamische Emirat Afghanistan fordert die deutschen Behörden auf, die Angelegenheit im Rahmen der üblichen konsularischen Beziehungen und eines geeigneten Mechanismus auf der Grundlage einer bilateralen Vereinbarung zu regeln", teilte ein Sprecher des Taliban-Außenministeriums im Juni auf der Plattform X mit. Bislang hat kein Land die Taliban-Regierung offiziell anerkannt. 

Ende August 2024 waren mit Hilfe von Katar 28 männliche Straftäter aus Deutschland nach Afghanistan gebracht worden. Seither gab es trotz entsprechender Bemühungen keine weitere Abschiebung in das Land, das seit August 2021 wieder von den islamistischen Taliban regiert wird. 

Linnemann hat Zweifel an Sicherheitsprüfungen

Carsten Linnemann sagte bei Welt TV: "Ich habe gesehen, dass Flieger nach Deutschland kommen, zum Teil nicht sicherheitsüberprüft." Das sei inakzeptabel. 

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärt auf Anfrage, man äußere sich zwar grundsätzlich nicht zu Aussagen aus dem politischen Raum und kündige auch keine Flüge an. Davon unabhängig gelte aber: "Sicherheit hat bei der Aufnahme oberste Priorität." Jeder, der über eines der Afghanistan-Aufnahmeprogramme einreisen wolle, werde vor der Einreise strikt überprüft. Dazu fänden in Pakistan detaillierte Befragungen statt. Zudem würden alle den Sicherheitsbehörden vorliegenden Erkenntnisse zu den für eine Aufnahme vorgesehenen Menschen berücksichtigt. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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