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EU-Chefin Ursula von der Leyen will den Autobauern mehr Zeit geben, um die in diesem Jahr verschärften CO2-Grenzwerte einzuhalten.
EU-Chefin Ursula von der Leyen will den Autobauern mehr Zeit geben, um die in diesem Jahr verschärften CO2-Grenzwerte einzuhalten. Bild: Jan Woitas/dpa
Sachsen
Verbot von Neuwagen mit Diesel- oder Benzinmotor verschieben? Ostdeutsche Autowirtschaft warnt vor Verlust von Tausenden Jobs

Die EU hat ihre Abstimmung über das Aus von Neuwagen mit einem Verbrennermotor ab 2035 verschoben – auf Druck der Bundesregierung. Zudem will die Kommission den Autobauern jetzt mehr Zeit einräumen, die in diesem Jahr verschärften CO2-Vorgaben einzuhalten. Einer Studie zufolge gefährdet das aber Tausende Arbeitsplätze in der ostdeutschen Automobilindustrie.

Chemnitz, Brüssel.

Eigentlich hatten sich die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament schon im vergangenen Herbst auf ein Gesetz verständigt, wonach neu zugelassene Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab 2035 emissionsfrei fahren müssen. Die Entscheidung darüber war dann aber auf Druck der Bundesregierung verschoben worden. Nun will die EU-Kommission dieses Verbrenner-Aus allerdings früher als bislang vorgesehen überprüfen.

EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas kündigte am Mittwoch in Brüssel an, dass diese Überprüfung bereits dieses Jahr und nicht wie ursprünglich geplant 2026 stattfinden soll. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte aber schon am Montag gesagt, dass dabei die „vollständige Technologieneutralität“ ein Grundprinzip sein werde. Das heißt, ein striktes Pauschalverbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor wird es voraussichtlich nicht geben. Die EU will zwar nach derzeitigem Stand neue Autos, die Kohlendioxid ausstoßen, ab 2035 untersagen. Es könnte aber eine Ausnahme für Biokraftstoffe oder E-Fuels geben. Das würde bedeuten, dass damit betriebene Autos auch nach 2035 verkauft werden dürfen.

Autobauer sollen mehr Zeit für Einhaltung der CO2-Grenzwerte erhalten

Hinter den Kulissen wird seit Monaten verhandelt. An diesem Mittwoch hat EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas als erstes Fazit der bisherigen Gespräche einen Aktionsplan präsentiert. Einen der entscheidenden Punkte hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aber auch schon am Montag angekündigt. Sie will Autobauern eine „Atempause“ gewähren. Die Hersteller sollen nun drei Jahre Zeit bekommen, die in diesem Jahr verschärften CO2-Grenzwerte einzuhalten. Um hohe Strafen zu vermeiden, hätten die Hersteller nämlich sonst mehr Elektroautos verkaufen müssen - auf dem deutschen Markt sogar drei Viertel mehr als im vergangenen Jahr. Tatsächlich aber schwächelt der E-Auto-Absatz. Von der Leyen beteuerte aber zugleich, dass die Ziele die gleichen bleiben sollen. Wer die Vorgaben für 2025 beispielsweise nicht einhalte, könne das durch Übererfüllung in darauffolgenden Jahren ausgleichen. Bisher mussten die Autohersteller jährlich die Grenzwerte einhalten. Der Änderung müssen aber noch die EU-Staaten und das Europaparlament zustimmen.

So reagieren EU-Abgeordnete

„Hier haben wir deutlich mehr erwartet und auf ein klares Bekenntnis zur zügigen Überarbeitung des Verbrennerverbots gehofft“, teilte der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke mit. Stattdessen bleibe es vage und unkonkret. Von der Leyens Parteifreunde vom Mitte-rechts-Bündnis EVP fordern, das Verbrenner-Aus umzukehren. Auch die im Europaparlament vertretene FDP hatte sich immer wieder gegen ein Verbrenner-Aus ausgesprochen. Aus Reihen der Grünen gibt es hingegen Befürchtungen, dass entgegen den Zusicherungen der Kommission Klimaziele unter die Räder geraten. Die EU-Kommission öffne die Büchse der Pandora, sagte der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss. Die EVP wolle mehr als nur ein paar Stellschrauben drehen. „Die Rechten stehen schon bereit, um mit ihnen gemeinsam den Green Deal auf den Schrottplatz zu fahren“, sagte Bloss. Auch die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte, die „Atempause“ für die Industrie könne mehr Verbrenner auf den Straßen bedeuten, was auch zu mehr Abgasen und Gesundheitsproblemen führe.

Chemnitzer Institut warnt vor Lockerungen: Geht zu Lasten Ostdeutschlands

Die ostdeutsche Autowirtschaft warnt unterdessen ebenfalls vor einem Aufweichen des Verbrennerverbots und der CO2-Flottengrenzen. Denn das gefährdet einer Studie zufolge Tausende Arbeitsplätze in der ostdeutschen Automobilindustrie. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Fachverbände Chemnitz Automotive Institute, Automotive Thüringen und Automotive Cluster Ostdeutschland, für die im Auftrag der Umwelt- und Lobbyorganisation T & E Beschäftigungseffekte und wirtschaftliche Chancen der Elektromobilität für Ostdeutschland untersucht worden sind.

Werde der Hochlauf von E-Autos politisch verlangsamt, etwa durch ein Aufweichen der CO2-Flottengrenzwerte, könnten bis zu 10.000 Arbeitsplätze in Ostdeutschland verloren gehen, heißt es in dem Papier. Werde hingegen an den Emissionszielen festgehalten und die E-Auto-Produktion weiter hochgefahren, sei bis 2035 mit 9300 neuen Jobs bei Herstellern und Zulieferern im Osten der Republik zu rechnen. Dazu brauche die Automobilindustrie aber vor allem stabile Rahmenbedingungen und verlässliche Vorgaben, heißt es in der Studie. Zugleich fordern deren Autoren eine zügige Erweiterung der Ladeinfrastruktur, eine Senkung der Energiekosten und eine verbesserte Netzverfügbarkeit für erneuerbare Energien.

Ostdeutschland führender Produktionsstandort für E-Autos

Ostdeutschland ist der Studie zufolge mittlerweile bereits ein führender Produktionsstandort für Elektrofahrzeuge in Deutschland und Europa. Obwohl dort nur knapp zehn Prozent der Mitarbeiter der gesamten deutschen Automobilindustrie beschäftigt seien, würden mittlerweile fast 50 Prozent der deutschen E-Autos produziert, so die Autoren. Bis 2030 könnte dieser Anteil sogar noch auf über 90 Prozent steigen. Zudem entwickle sich der Osten Deutschlands zu einem zentralen Standort für die Batterieproduktion und Halbleiterfertigung. In den kommenden Jahren seien Investitionen von Unternehmen wie Tesla, CATL, Intel und Infineon geplant.

Entscheidung von EU verschoben

Die EU-Staaten haben unterdessen ihre Entscheidung zum geplanten Aus für den Verbrennungsmotor auf unbestimmte Zeit verschoben - auf Druck der Bundesregierung. Eigentlich hatten sich Mitgliedsstaaten und EU-Parlament schon im vergangenen Herbst auf das Gesetz verständigt, wonach neu zugelassene Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab 2035 emissionsfrei fahren müssen. Kommissionschefin Ursula von der Leyen will nun aber direkt mit den Verantwortlichen beraten. Sollte Deutschland sich bei der abschließenden Abstimmung über das Verbrenner-Aus enthalten, wäre das Gesetz gescheitert.

Anzahl E-Autos steigt in Deutschland deutlich

Unterdessen ist die Anzahl reiner Elektroautos und von Hybridmodellen auf Deutschlands Straßen im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes waren zu Jahresbeginn bundesweit 1,65 Millionen Autos mit reinem E-Antrieb zugelassen. Das entspricht einem Anteil von 3,3 Prozent an allen zugelassenen Pkw und einem Plus im Vorjahresvergleich um 17 Prozent. Deutliche Steigerungen gab demnach auch bei den Hybriden um 22,2 Prozent auf 3,55 Millionen Wagen. Insgesamt liegt das aber deutlich hinter den Erwartungen und Hoffnungen der Autoindustrie zurück. (juerg/dpa)

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