Auf TikTok werden Kinder und Jugendliche immer wieder zu Mutproben aufgerufen - einige darunter endeten tödlich. Pharmahersteller warnen jetzt vor einer weiteren lebensgefährlichen Challenge. Belege für diesen angeblichen Trend lassen sich aber nicht finden.
Dresden.Kinder würgen sich selbst bis zur Ohnmacht - diese sogenannte Blackout-Challenge auf TikTok hatte weltweit mehrere junge Menschen das Leben gekostet. Erst im vergangenen Jahr starb die 13-jährige Annabell aus Hessen, als sie sich vor laufender Kamera mit einem Gürtel strangulierte. Ihre Mutter ging an die Öffentlichkeit, appellierte an andere junge Menschen: „Achtet auf Euch und Eure Umgebung, macht nicht jede blöde Challenge mit.“ Doch jetzt gibt es angeblich eine neue lebensgefährliche Herausforderung, die gerade auf TikTok viral gehen soll.
Hohe Dosis kann tatsächlich zum Tod führen
Der Verband Pharma Deutschland warnt jetzt vor einer „Paracetamol-Challenge“, zu der angeblich derzeit in sozialen Netzwerken wie TikTok aufgerufen wird. Dabei sollen Jugendliche als Mutprobe eine möglichst hohe Dosis des Medikaments zu sich nehmen und dies dokumentieren, heißt es in der Warnung des Verbandes.
Elmar Kroth, stellvertretender Hauptgeschäftsführer von Pharma Deutschland, zeigt sich besorgt. „Wir möchten ganz deutlich vor einem missbräuchlichen Konsum von Paracetamol warnen. Paracetamol ist ein sicheres und gut verträgliches Schmerzmittel – bei ordnungsgemäßer Dosierung.“ Kroth warnt: „Wenn diese mutwillig um ein Vielfaches überschritten wird, kann dies die Leber irreparabel schädigen oder zum Tod führen.“ Das Heimtückische daran: Nach einer Überdosis treten die Beschwerden, die auf eine Leberschädigung hinweisen, erst nach 24 bis 48 Stunden auf. „Dann kann es für die Anwendung eines Gegenmittels bereits zu spät sein; vielfach hilft dann nur noch eine Lebertransplantation“, sagt Kroth.
Keine Belege oder Hinweise für diesen Trend
Belege für diesen gefährlichen Trend, der ursprünglich aus den USA gekommen sein soll, lassen sich aber bei TikTok nicht finden. Das berichtet das Faktencheck-Portal Mimikama.org. Recherchen der „Freien Presse“ bestätigen: Weder die Begriffe „Paracetamol“ noch Varianten wie „Doliprane“ führen zu Videos, in denen Jugendliche tatsächlich an dieser vermeintlichen Mutprobe teilnehmen. Stattdessen erscheinen Dutzende Warnhinweise von Medizinern, Influencern und Medien, die über die angebliche Gefahr berichten, ohne jedoch konkrete Beispiele zu liefern. „Eine genauere Analyse zeigt, dass bislang kein einziger verifizierter Fall dokumentiert wurde“, schreibt das Porta Mimikama.org. „Weder TikTok selbst noch unabhängige Recherchen konnten Inhalte finden, die belegen, dass Jugendliche tatsächlich an diesem angeblichen Trend teilnehmen.“ (juerg)
Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels war ausschließlich die Warnung des Pharmaverbandes wiedergegeben worden.