Wenn Kretschmer die Linke für Kritik am BSW lobt: Was die Spitzenkandidaten beim Forum zur Landtagswahl in Sachsen versprechen
Am Donnerstagabend trafen erstmals in diesem Wahlkampf die Spitzenkandidaten der sieben aussichtsreichsten Parteien aufeinander. Es ging um „Bremsklötze“ bei der Energiewende - und um den richtigen Weg im Ukraine-Krieg.
Dresden.Die Spannung im hohen Saal des Kraftwerks Mitte in Dresden steigt merklich an, als gegen 20 Uhr ein großes Thema angesprochen wird: Krieg und Frieden. Der russische Überfall auf die Ukraine bewegt die Menschen. Wenige Debatten werden so hitzig im Freistaat geführt. Darum sollen die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten Farbe bekennen.
Auf Einladung der drei großen Tageszeitungen – Freie Presse, Leipziger Volkszeitung und Sächsische Zeitung – diskutieren zum ersten Mal in diesen Wahlkampf die sieben Kandidaten direkt miteinander: Michael Kretschmer (CDU), Jörg Urban (AfD), Susanne Schaper (Linke), Katja Meier (Grüne), Petra Köpping (SPD), Sabine Zimmermann (BSW) und Robert Malorny (FDP) sind in diesen Tagen nahezu pausenlos im Land unterwegs. Sie gemeinsam auf eine Bühne zu bekommen, war ein organisatorischer Kraftakt. 400 Zuschauer im Saal erwarten sie.
Debatte zum Ukraine-Krieg
Frieden – das wollen alle. Die Unterschiede werden allerdings schnell deutlich: AfD-Mann Urban wirft dem Westen vor, kein Interesse an Friedensverhandlungen mit Russland gehabt zu haben: „Wie viele Menschen müssen eigentlich sterben?“ Sabine Zimmermann vom BSW äußert sich ebenso in diese Richtung: „Ich finde, man muss natürlich auch nach den Gründen fragen, warum der Überfall stattgefunden hat.“
Ministerpräsident Kretschmer hat früh ein „Einfrieren“ des Konflikts gefordert. Nun spricht er vom Anhalten: „Es ist so entscheidend, dass die Waffen endlich zum Schweigen kommen.“ Die Grüne Katja Meier und SPD-Frau Köpping sind mit ihrer Position in der Minderheit. „Der, der nicht an den Verhandlungstisch will, ist Wladimir Putin“, sagt Meier. Bei Köpping klingt es so: „Natürlich muss verhandelt werden, aber es braucht eben zwei.“
„Bremsklötze der CDU“
Eng mit dem Krieg verbunden sind die Energiepreise. Dieses Thema wird feuriger diskutiert. Hier verlaufen die Fronten zwischen den aktuellen Koalitionspartnern: Kretschmer möchte die Energiewende neu justieren, eine alte Forderung von ihm. SPD und Grüne setzen dagegen auf grünen Strom. Ohne die „Bremsklötze der CDU“ könnte man viel weiter in Sachsen sein, sagt Meier.
Aber wie positionieren sich da die anderen Parteien? Sabine Zimmermann vom BSW wirbt dafür, Wirtschaftsunternehmen zu unterstützen: Es könne nicht sein, dass ein Solarunternehmen wie Meyer Burger sein Werk in Freiberg schließe. FDP-Kandidat Malorny plädiert für Technologieoffenheit. Linken-Politikerin Schaper verlangt Konzepte für „einkommensschwächere Familien“.
Neue Allianzen?
Spannungen gibt es auch beim Bildungsthema. Seit Jahren herrscht in Sachsen Lehrermangel. Ein „Desaster“, das der CDU zu verdanken sei, nennt das AfD-Chef Jörg Urban – selbst wenn Kretschmer die Bildungserfolge des Schulsystems lobt. Schaper plädiert für den Ausbau von Gemeinschaftsschulen, um Kinder länger als bis Klasse 4 gemeinsam lernen zu lassen. Köpping befürwortet derweil die Ausweitung der Schulsozialarbeiter.
Viele kleinen Scharmützel der Kandidaten untereinander prägen diesen Abend. Aber das Publikum wird auch Zeuge ungeahnter Allianzen: Nach einer heftigen Kritik der Linken Schaper am BSW, das sich über eingeengte Meinungskorridore beschwere, aber zugleich das Gendern kategorisch ablehne, stellt Kretschmer kurz fest: Die Bemerkung sei „ziemlich klug“ gewesen. Ein versöhnlicher Abschluss. (tz)