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EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (l) und US-Präsident Donald Trump (Archivbild)
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (l) und US-Präsident Donald Trump (Archivbild) Bild: Evan Vucci/AP/dpa
Brennpunkt
Trumps Kehrtwende: EU und USA ringen um Lösung im Zollstreit

Um einen Monat will der US-Präsident seine angekündigten Importabgaben verschieben. Es ist nicht das erste Mal, dass Trump binnen kürzester Zeit bei seiner Zollpolitik plötzlich umschwenkt.

Washington/Berlin.

Im Zollkonflikt mit den USA will die Europäische Union eine weitere Eskalation des Handelsstreits vermeiden und die Gespräche aufrechterhalten. Von EU-Seite habe man immer gesagt, dass man bereit sei, ein Abkommen zu schließen, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Bereits für diesen Montagnachmittag sei ein weiteres Telefonat zwischen EU-Handelskommissar Maros Sefcovic und US-Handelsminister Howard Lutnick vereinbart.

Zuvor hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf der Plattform X nach einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump geschrieben: "Europa ist bereit, Gespräche schnell und entschlossen voranzubringen." 

Zu Details des von von der Leyen initiierten Gesprächs am Montagnachmittag wollte sich die Sprecherin unter Verweis auf mögliche Risiken für die Verhandlungen nicht äußern. Sie bestätigte allerdings, dass weiter das EU-Angebot auf dem Tisch liege, gegenseitig alle Zölle auf Industriegüter aufzuheben. "Wir halten das nach wie vor für einen sehr attraktiven Ausgangspunkt für gute Verhandlungen, die beiden Seiten des Atlantiks Vorteile bringen können", sagte sie.

Bundeswirtschaftsministerin Reiche mahnt zu Tempo

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) begrüßte den Zollaufschub, dringt allerdings auf Tempo. "Es bleiben noch sechs Wochen, eine Lösung zu finden", sagte sie. "Die Zeit muss jetzt intensiv genutzt werden. Unternehmen und Verbraucher auf beiden Seiten des Atlantiks sind auf gute Handelsbeziehungen angewiesen. Daran müssen wir festhalten."

Ministeriumskreisen zufolge hatte sich Reiche am Wochenende nach der Äußerung von Präsident Trump zu den Zöllen gegenüber der EU telefonisch mit EU-Handelskommissar Sefcovic ausgetauscht. Sie habe dabei der EU-Kommission die volle Unterstützung Deutschlands in ihrem Kurs zugesagt, weiter alles für eine Verhandlungslösung zu tun.

Auch SPD-Chef und Finanzminister Lars Klingbeil dringt auf Tempo: "Wir wollen jetzt ein schnelles Ergebnis", sagte er in Berlin nach einem Treffen mit dem für Wohlstand und Industriestrategien zuständigen Exekutiv-Vizepräsidenten der EU-Kommission, Stéphane Séjourné. Die Bundesregierung wolle, dass es zu einer Lösung mit den USA komme. "Wir sind vorsichtig optimistisch, dass das jetzt auch in den nächsten Tagen gelingen kann." 

Am Freitag hatte Trump der EU überraschend mit Strafzöllen in Höhe von 50 Prozent ab 1. Juni gedroht, nur um sie dann in der Nacht zum Montag um gut einen Monat aufzuschieben. Nun wollen beide Seiten bis zum 9. Juli eine Lösung finden. 

Das Datum markiert den Ablauf eines im April von Trump festgesetzten Aufschubs für andere von ihm angekündigte Zölle. Damals hatte er neue Strafabgaben auf Importe aus aller Welt nach großen Turbulenzen an den Aktien- und Finanzmärkten für 90 Tage ausgesetzt. Derzeit gelten bereits zusätzliche Importgebühren, etwa 25 Prozent auf Stahl und Aluminium oder Autos aus der EU, sowie 10 Prozent auf alle Produkte.

Lange: EU verhält sich nicht unfair

Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange (SPD), sagte im ZDF-Morgenmagazin: "Es ist völlig ungerechtfertigt, was im Moment in den USA uns angedroht wird." Bis zum 9. Juli sollte ein Rahmenabkommen geschlossen werden, "sodass zumindest diese Drohungen und auch das eine oder andere an existierenden Zöllen zurückgenommen werden kann". Mit Blick auf Trumps Drohungen sagte Lange, er rechne allerdings nicht damit, "dass er die völlig aufgeben wird".

Lange sprach erneut von illegalen und nicht gerechtfertigten Zöllen. Die EU verhalte sich nicht unfair. Aber man könne versuchen, das US-Handelsbilanzdefizit zu reduzieren. Etwa dadurch, dass die EU mehr Flüssigerdgas (LNG) aus den USA kaufe oder mehr Chips für Künstliche Intelligenz. Man wolle keine Eskalation. Aber wenn Trump bei 10 bis 25 Prozent Zöllen bleibe, werde es auch Gegenzölle auf US-Waren geben. 

Handelsexpertin: EU-Staaten sollten an einem Strang ziehen

Die US-Handelsexpertin Laura von Daniels von der Stiftung Wissenschaft und Politik sagte der dpa: "Offensichtlich reichen Präsident Trump die Avancen der europäischen Seite nicht aus, er will noch mehr aus einem solchen Deal herausholen." Wichtig sei es nun, dass die EU-Mitgliedsstaaten gemeinsam vorgehen: "Letztlich gewinnen alle, wenn sie an einem Strang ziehen und nicht ausscheren", sagte sie. Trump habe zuletzt gezeigt, dass er EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen als Stimme Europas sehe. "Es ist wichtig für die EU, wenn sie weiterhin ein starkes Verhandlungsgewicht haben will, dass sie mit einer Stimme spricht." 

Von Daniels verwies darauf, dass die EU und die USA nicht zwingend ein umfassendes Handelsabkommen abschließen müssen. "Es reicht vielleicht bereits eine vorläufige Vereinbarung darüber, dass man die Zölle gegenseitig nicht weiter steigern und stattdessen Handel miteinander betreiben möchte." Eine solche Lösung würde von Daniels als gesichtswahrenden Erfolg für die EU werten. 

Wirtschaftsinstitut: Zweifel an einem großen Deal

Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) bezweifelt, dass bei den Verhandlungen ein großer Wurf gelingen wird: "Ein alle Industriegüter umfassendes Abkommen mit Null-Zöllen auf beiden Seiten wird es nicht geben, da es aus Sicht der USA das bilaterale Handelsdefizit vergrößert", sagte er der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage. Ein Abkommen zwischen der EU und den USA sei wahrscheinlicher, je eher es sich auf wenige Produkte erstreckt, die für die USA wichtig sind - das seien in erster Linie Agrarprodukte.

VDMA: Zollpolitik von Trump verunsichert deutsche Unternehmen

Die erratische US-Wirtschaftspolitik unter Trump verunsichert derweil die deutschen Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau. Laut einer Umfrage des Branchenverbandes VDMA sehen drei von vier Unternehmen einen starken Einfluss der gestiegenen weltweiten Unsicherheit auf den eigenen Betrieb. "Die Unsicherheit betrifft nicht nur den Handel mit den USA, sondern strahlt auch auf andere wichtige Absatzmärkte aus, etwa in Asien und Europa", sagte VDMA-Chefvolkswirt Johannes Gernandt. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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