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Deutschlands Wirtschaftsprobleme liegen nicht nur in Trumps Zollpolitik - die Fachleute sehen auch noch andere Baustellen.
Deutschlands Wirtschaftsprobleme liegen nicht nur in Trumps Zollpolitik - die Fachleute sehen auch noch andere Baustellen. Bild: Sebastian Christoph Gollnow/dpa
Brennpunkt
Trumps Zölle belasten die deutsche Wirtschaft

Die deutsche Wirtschaft kämpft ohnehin schon mit einer Flaute. Nun schlägt noch die Handelspolitik des US-Präsidenten ins Kontor. Doch Fachleute sehen auch hausgemachte Probleme.

Berlin.

Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump drückt das Wirtschaftswachstum in Deutschland nach Einschätzung führender Wirtschaftsforschungsinstitute. Zwar prognostizieren die fünf Institute für das laufende Jahr ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). 

Weitere Einbußen seien angesichts der Anfang April verkündeten und nun teilweise auf Eis gelegten weiteren Zölle möglich, hieß es in der in Berlin vorgestellten sogenannten Gemeinschaftsdiagnose.

Deutschland droht damit nach zwei Jahren Rezession - also anhaltend schrumpfender Wirtschaftsleistung - geringes Wachstum, vielleicht sogar Stagnation. "Die geopolitischen Spannungen und die protektionistische Handelspolitik der USA verschärfen die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage in Deutschland", sagte Torsten Schmidt, Konjunkturchef des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung. 

Der Trump-Effekt

So erwarten die Ökonomen, dass die US-Zölle auf Aluminium, Stahl und Autos in Höhe von 25 Prozent inklusive Gegenzöllen der EU das BIP in diesem und dem kommenden Jahr um jeweils 0,1 Prozentpunkte drücken. Dieser Effekt ist beim erwarteten Mini-Wachstum von 0,1 Prozent für das laufende Jahr bereits einkalkuliert. 

Wenn Trumps jüngste Zollerhöhungen von Anfang April sowie Gegenzölle hinzukommen, dürften sich die Einbußen auf jeweils 0,2 Prozentpunkte in beiden Jahren verdoppeln, so die Fachleute. Die konkreten Auswirkungen ließen sich aber schlecht benennen - zumal auch eine Verhandlungslösung noch denkbar sei.

"So hohe Zollsätze gab es in den USA seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre nicht", schreiben die Experten - und die Auswirkungen der Einfuhrabgaben ließen sich nur schwer beziffern. Das bremst den Welthandel aus: Produktion wird teuer, hinzu kommt die Unberechenbarkeit. Investoren dürften deshalb Entscheidungen aufschieben. Bei ihrer vorherigen Prognose im Herbst hatten die Institute noch 0,8 Prozent Wachstum erwartet. 

Hoffnung auf Aufwind im nächsten Jahr

Für das kommende Jahr erwarten die Institute wie schon im Herbst ein Wachstum von 1,3 Prozent - allerdings von einem niedrigeren Niveau ausgehend. 0,3 Prozentpunkte gehen dabei auf eine höhere Zahl an Arbeitstagen zurück. 

Es ist nicht nur die Wirtschaftslage

"Was unsere Exportindustrie in den letzten Jahren eigentlich massiv geschwächt hat, war die zunehmende Konkurrenz aus China", sagt Timo Wollmershäuser vom Münchner Ifo Institut. Einerseits seien die Exporte nach China zurückgegangen, andererseits konkurriere das Land mit Deutschland auf Weltmärkten bei Produkten, die Deutschland dort lange abgesetzt habe. Außerdem gebe es Verlagerungen von Deutschland dorthin, etwa in der Autobranche. Und mit den neuen US-Zöllen sei wahrscheinlich, dass hier mehr chinesische Produkte auf den Markt drängten. 

Deutschland hat strukturelle Probleme. Ein Teil der energieintensiven Industrie scheine dauerhaft weggebrochen, schreiben die Fachleute. Demnach schrumpft die Erwerbsbevölkerung, und die Bürokratie drückt. 

Der Rat der Institute: Die sozialen Sicherungssysteme in einer alternden Gesellschaft absichern, mehr Anreize zum Arbeiten und qualifizierte Zuwanderung. Energiepreise müssten sinken, Treibhausgas-Einsparungen vorrangig über einen CO2-Preis erzielt werden. Auch eine "durchgreifende Entbürokratisierung" sei nötig.

Was bringt Schwarz-Rot?

Die werdende Koalition aus CDU/CSU und SPD hat sich mit Hilfe der Grünen finanziell Luft verschafft. Die Schuldenbremse ist für Verteidigungsausgaben gelockert worden, zudem stehen 500 Milliarden Euro aus einem Sondervermögen vor allem für Investitionen in die Infrastruktur zur Verfügung. Die Ökonomen gehen davon aus, dass die Politik sich damit weniger um Einsparungen bemüht.

Für das laufende Jahr dürften der Prognose zufolge kaum zusätzliche Mittel fließen. Für 2026 rechnen die Institute hingegen mit Mehrausgaben von knapp 24 Milliarden Euro und einem um 0,5 Prozentpunkte höheren BIP-Wachstum, das sie in ihren Wachstumserwartungen bereits einkalkuliert haben.

Schmidt warnte, dass die Wirtschaft große Ausgaben für Infrastruktur nicht von heute auf morgen umsetzen könne. Hier sei Augenmaß gefordert, damit die neuen Mittel nicht nur die Inflation anheizten. Von den höheren Verteidigungsausgaben dürfte die Wirtschaft hierzulande nach Einschätzung der Experten nicht stark profitieren. Deutschland werde Rüstungsgüter importieren müssen, wenn es schnell aufrüsten wolle.

Die Deutschen sparen

Auch wenn die Menschen wieder mehr Geld in der Tasche haben, legte der private Konsum im vergangenen Jahr mit 0,3 Prozent nur wenig zu. Viel Geld floss in Ersparnisse, die Sparquote lag 2024 bei 11,4 Prozent - so viel vom verfügbaren Einkommen gaben private Haushalte nicht aus, sondern legten es zurück. 

Die lange Zeit hohe Inflation hat sich im vergangenen Jahr auf 2,2 Prozent abgeschwächt. Die Institute erwarten, dass das Niveau der Teuerung im laufenden Jahr so bleibt und im kommenden Jahr leicht sinkt auf 2,1 Prozent.

Die Arbeitslosenquote dürfte dem Gutachten zufolge von 6,0 Prozent im vergangenen auf 6,3 Prozent im laufenden Jahr steigen und im kommenden Jahr wieder auf 6,2 Prozent sinken. Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe, am Bau und bei Unternehmensdienstleistern gingen Arbeitsplätze verloren. Im öffentlichen Dienst, in der Erziehung und im Gesundheitsbereich entstünden neue Jobs. 

Die "Gemeinschaftsdiagnose" wird im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, dem Ifo Institut, dem Kiel Institut für Weltwirtschaft, dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle und dem RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen. Sie fließt ein in die Regierungsprognose, auf deren Basis werden die Steuereinnahmen geschätzt. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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