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Die US-Notenbank Federal Reserve hat erneut den Leitzins gesenkt.
Die US-Notenbank Federal Reserve hat erneut den Leitzins gesenkt. Bild: Manuel Balce Ceneta/AP/dpa
Brennpunkt
US-Leitzins erneut gesenkt – Powells Ausblick überrascht

Zum zweiten Mal in diesem Jahr hat die Federal Reserve den US-Leitzins gesenkt. Dabei überwogen Sorgen über steigende Risiken auf dem Arbeitsmarkt. Die Überraschung kam nach der Fed-Sitzung.

Washington.

Aus Sorge um den Arbeitsmarkt hat die US-Notenbank zum zweiten Mal in diesem Jahr den Leitzins gesenkt. Sie setzte das Zinsniveau um 0,25 Punkte herab auf eine Spanne von 3,75 bis 4,0 Prozent, wie der Zentralbankrat der Federal Reserve (Fed) am Mittwoch in Washington mitteilte. Die meisten Volkswirte hatten das so erwartet. Zugleich verunsicherte Notenbank-Präsident Jerome Powell Analysten und Märkte: "Eine weitere Senkung des Leitzinses bei der Dezember-Sitzung ist alles andere als sicher". Analysten waren von einer weiteren Senkung zum Jahresende ausgegangen.

Die Fed begründete ihre jetzige Entscheidung damit, dass die Risiken für die Beschäftigung in den USA in den vergangenen Monaten zugenommen hätten. Bereits beim vergangenen Entscheid hatte die Fed ihre Zinssenkung mit dem schwachen Arbeitsmarkt begründet. Seither fehlten allerdings wichtige Konjunkturdaten, die infolge des andauernden Shutdowns in den USA nicht oder nur verspätet veröffentlicht wurden. Ein Ende der Haushaltssperre ist bislang nicht in Sicht.

Welche Rolle spielte die Inflation?

Die Inflation spielte in dieser Konstellation eine kleinere Rolle. Diese war zwar im September auf 3,0 Prozent gestiegen und liegt damit deutlich über dem mittelfristigen Inflationsziel der Fed von 2,0 Prozent. Das spräche an sich gegen eine Zinssenkung. Allerdings hatten Experten einen noch stärkeren Zuwachs befürchtet, sodass die Sorgen um den US-Arbeitsmarkt schwerer wiegen als die Inflationsproblematik.

Ein Grund für die steigende Inflation sah Notenbank-Chef Powell in der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump: "Zölle treiben die Preise in einigen Warengruppen in die Höhe, was zu einer höheren Gesamtinflation führt."

Nach dem Zinsentscheid legte der Dollar kräftig zu - vermutlich, weil an den Märkten bereits eine weitere Zinssenkung erwartet worden war. Die Abschwächung des Euro dürfte deutsche Touristen und den US-Präsidenten verärgern. Menschen, die für üblich in Euro zahlen, bekommen damit nicht mehr so viel Dollar wie noch vor dem Zinsentscheid. 

Trump zieht eine schwächere US-Währung vor und argumentiert: Ist sie zu stark, schrecke sie vor zusätzlichem Geschäft ab, und ausländische Touristen kämen nicht mehr ins Land. Prinzipiell stimmt das zwar, zugleich ist das ein Problem bei der Bekämpfung der Inflation: Denn für die Amerikaner bedeutet das unter anderem, dass sie für importierte Güter und Reisen ins Ausland mehr Geld auf den Tisch legen müssen.

Bereits zweite Zinssenkung 2025 - und vielleicht die letzte

Der Fed-Zentralbankrat hatte im September erstmals nach neun Monaten den Leitzins um einen Viertelprozentpunkt gesenkt. Damals hatte das Gremium weitere Senkungen in Aussicht gestellt, bis zu zwei Zinsschritte um 0,25 Punkte seien möglich. Analysten rechneten bislang damit, dass der Leitzins bei der Dezember-Sitzung, der letzten in diesem Jahr, nochmals gelockert wird. Zur großen Überraschung machte Powell am Mittwoch deutlich, dass es im Zentralbankrat "weit auseinander driftende Ansichten" über die Herangehensweise in zwei Monaten gebe.

Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner merkte an, dass Powell überraschend deutlich bei dem Thema geworden sei: "Dies war auch insofern ungewöhnlich, als Powell normalerweise auf Fragen zu den kommenden Sitzungen ausweichend antwortet". Weidensteiner gehe dennoch davon aus, dass im Dezember erneut der Leitzins gesenkt wird.

Von den zwölf stimmberechtigten Mitgliedern votierten dieses Mal zehn für eine Senkung um einen kleinen Zinsschritt von 0,25 Punkten. Zur Überraschung befürwortete das Mitglied Jeffrey Schmid von der regionalen Fed aus Kansas City die Beibehaltung der bisherigen Spanne. Abweichler kommen zwar vor - allerdings nur äußerst selten. Trumps Vertrauter Stephen Miran sprach sich in dem Gremium erneut für eine größere Senkung aus - ganz nach dem Wunsch des Präsidenten. Kritiker wie die demokratische Senatorin Elizabeth Warren bezweifeln Mirans Unabhängigkeit und werfen ihm vor, "Trumps Marionette" zu sein. Miran bestritt dies.

Lena Dräger vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel bezeichnete die Zinssenkung als „falsches Signal“: Dies könne als Nachgeben auf den anhaltenden Druck der Trump-Regierung interpretiert werden, gab die Volkswirtin zu bedenken.

Trumps Einflussnahme auf die Fed

Trump hatte Miran für den Posten nominiert, nachdem dieser plötzlich vakant geworden war. Nicht nur über seinen Berater versucht der Präsident, mehr Einfluss auf die Notenbank nehmen zu können - und das, obwohl die Federal Reserve unabhängig von politischem Druck über die geldpolitische Ausrichtung entscheiden soll. Die Fed sieht sich seit Monaten Trumps Vorwurf ausgesetzt, zu spät die Zinsen zu senken.

Wenn es nach Trump gehen würde, hätte Fed-Chef Powell längst seinen Hut nehmen müssen. Der US-Präsident macht ihn persönlich dafür verantwortlich, dass die Fed den Leitzins über Monate hinweg stabil hielt, anstatt diesen zu senken. Dabei entscheidet ein zwölfköpfiges Gremium über den Leitzins und es ist unklar, ob ein Präsident den Fed-Chef entlassen darf. 

Trump: Powells Nachfolge soll bis Ende 2025 stehen 

Powells Amtszeit endet im Mai 2026. Finanzminister Scott Bessent will Trump nach dem Erntedankfest am 27. November eine Liste mit Nachfolgekandidaten vorlegen. Der Präsident will bis Ende des Jahres eine Entscheidung getroffen haben.

Auf dem Weg zu einem weniger unabhängigen Fed-Vorstand knöpfte sich Trump auch die Fed-Gouverneurin Lisa Cook vor: Er will sie wegen angeblichen Hypothekenbetruges loswerden. Cook bestreitet ein Fehlverhalten. Der Fall liegt mittlerweile vor dem obersten Gericht der USA. Dort kassierte Trump zuletzt einen Dämpfer bei seinem Entlassungsversuch, doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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