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Mittlerweile steht die Brandmauer gegen die Rechten in den Niederlanden wieder. (Archivbild)
Mittlerweile steht die Brandmauer gegen die Rechten in den Niederlanden wieder. (Archivbild) Bild: Peter Dejong/AP/dpa
Welt
Bekommt Wilders die Quittung? Niederländer wählen Parlament

Die rechte Koalition - erstmals mit dem Rechtsaußen Geert Wilders - hat nur elf Monate gehalten. Nun gehen die Niederländer wieder zur Wahl. Warum das auch für Deutschland interessant ist.

Den Haag.

Nach nur knapp zwei Jahren wählen die Niederländer erneut ihr Parlament. Rund 13 Millionen Menschen sind aufgerufen, die 150 Abgeordneten neu zu bestimmen. Die letzten Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen drei Parteien, darunter auch erneut die des Rechtspopulisten Geert Wilders.

Worum geht es am Mittwoch? 

27 Parteien stehen zur Wahl, darunter die 15, die derzeit im Parlament vertreten sind. Sie bewerben sich um die 150 Mandate in der Zweiten Kammer (Tweede Kamer). In den Niederlanden gibt es keine Sperrklausel. Das hat zur Folge, dass im Parlament viele Parteien mit jeweils wenigen Abgeordneten vertreten sind. Nach den Umfragen könnten zehn Parteien mit weniger als drei Prozent der Stimmen ins Parlament einziehen. 

Warum wird schon wieder gewählt? 

2023 war die radikal-rechte Partei für die Freiheit (PVV) von Wilders mit 37 Mandaten stärkste Kraft geworden. Sie bildete mit drei weiteren Parteien eine Koalition. Doch nach nur elf Monaten forcierte der Rechtsaußenpolitiker im Juni den Bruch wegen eines Streits um Asylgesetze. Daraufhin bot der parteilose Ministerpräsident Dick Schoof König Willem-Alexander den Rücktritt seiner Regierung an, und Neuwahlen wurden ausgeschrieben. 

Was ist die Bilanz der ersten Regierung mit Beteiligung von Wilders? 

Die Regierung war ein Experiment: Wilders, der seit mehr als 20 Jahren die politische Bühne beherrscht, wurde erstmals an einer Regierung beteiligt. Dafür musste er seine extremsten Standpunkte auf Eis legen und auf das Amt des Ministerpräsidenten verzichten. Das bekam der parteilose ehemalige Beamte Dick Schoof. 

Doch die Regierung wurde zum Fiasko. Elf Monate lang herrschte vor allem Streit und Chaos. Wilders hatte die strengsten Asyl-Regeln der EU versprochen. Doch am Ende wurde nichts erreicht. 

Ist der extrem-rechte Wilders nun auch bei seinen Wählern entzaubert? 

Wilders Popularität ist ungebrochen. Seine Anhänger machen nicht ihn für das Scheitern verantwortlich, sondern sind der Ansicht, dass andere Parteien seine Minister bewusst gehindert hätten, Versprechen einzulösen. 

Seine ehemaligen Koalitionspartner dürften die Quittung bekommen: Die Zentrums-Partei NSC wird nach den Umfragen kein einziges Mandat erringen. Die Bauernprotestpartei BBB dürfte um die Hälfte schrumpfen, und auch der rechtsliberalen VVD drohen Verluste. Zwar muss auch Wilders Anti-Islam-Partei mit Einbußen rechnen, doch nach den Umfragen bleibt sie Favorit. 

Warum ist die Wahl denn für Deutschland interessant?

Die Niederlande sind Nachbarland, Partner in EU und Nato und wichtiger Handelspartner, außerdem ein beliebtes Urlaubsland für die Deutschen. Vor dem Hintergrund der gewachsenen Beliebtheit der AfD sind die Entwicklungen in den Niederlanden aber vor allem politisch interessant, schließlich könnte es auch Lektionen geben: Die verbreitete Ansicht - oder Hoffnung -, dass sich rechte Kräfte in einer Regierung selbst entlarven würden, hat sich in den Niederlanden nicht erfüllt. Zudem wurde in den vergangenen Monaten sichtbar, was passieren kann, wenn die Brandmauer eingerissen wird. 

Gab es denn eine Brandmauer gegen Wilders? 

Mehr als zehn Jahre lang sperrten sich die Parteien gegen eine Koalition mit Wilders. Der frühere rechtsliberale Ministerpräsident Mark Rutte, heute Nato-Generalsekretär, hatte die Zusammenarbeit kategorisch ausgeschlossen. Doch seine Nachfolgerin als VVD-Parteichefin, Dilan Yesilgöz, gab 2023 überraschend diese Linie auf und erklärte sich zur Zusammenarbeit mit Wilders bereit. Damit bereitete sie den Weg für seinen erdrutschartigen Wahlsieg. 

Nun steht die Brandmauer wieder. Nach dem vorzeitigen Austritt von Wilders aus der Koalition schließt auch die VVD wie alle anderen etablierten Parteien eine Zusammenarbeit mit dem Rechtsaußen aus. 

Welche Themen dominierten den Wahlkampf? 

Hauptthema war Asyl und Migration - wie schon vor zwei Jahren. Wilders verspricht einen "totalen Asylstopp", also keine Asylsuchenden mehr ins Land zu lassen und auch keine Anträge mehr zu bearbeiten. Und er will den Einsatz der Armee an den Grenzen. Andere Parteien wollen den Zuzug von Asylsuchenden und Migranten einschränken. Wichtige Themen waren auch die Wohnungskrise und die Gesundheitskosten.

Wer wird gewinnen?

Die Niederlande sind traditionell ein Koalitionsland. Doch dürfte es schwierig werden, eine Koalition zu bilden. Angesichts der Umfrageergebnisse zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen drei Parteien ab, dicht gefolgt von zwei weiteren. Wilders' Partei für die Freiheit (PVV) ist Favorit. Doch da keine große Partei mit Wilders zusammenarbeiten will, scheint nur eine große Koalition der übrigen vier Parteien auf eine stabile Mehrheit kommen zu können. 

Wer wird Ministerpräsident? 

Wilders (62), der seit mehr als 20 Jahren wegen Todesdrohungen von Islamisten unter strengstem Personenschutz lebt, hat keine Aussichten darauf, Premier zu werden. 

Chancen hat dafür der frühere EU-Kommissar und Sozialdemokrat, Frans Timmermans (64), vom rot-grünen Bündnis GroenLinks-PvdA. Favorit ist aber auch insbesondere nach den letzten Umfragen der 38-jährige Rob Jetten von der linksliberalen D66 - er machte in den Umfragen einen steilen Aufstieg. Der 42 Jahre alte Henri Bontenbal von der christdemokratischen CDA gilt ebenfalls als aussichtsreich. Und die türkisch-kurdisch stämmige Dilan Yesilgöz (48) von der rechtsliberalen VVD könnte erste Frau an der Spitze der Regierung werden. Viele Niederländer haben den Umfragen zufolge noch nicht entschieden, wen sie wählen - es könnte also Überraschungen geben. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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