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Berichte: 460 Menschen im Sudan in Krankenhaus getötet

Experten berichten von schweren Menschenrechtsverletzungen in der sudanesischen Großstadt Al-Faschir durch die RSF-Miliz. Vorwürfe eines Völkermords werden laut.

Khartum.

Nach der Einnahme der sudanesischen Großstadt Al-Faschir durch die Miliz RSF (Rapid Support Forces) wird das Leben für die Menschen in der Stadt immer mehr zur Hölle. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO) äußerte sich schockiert über Berichte, dass mehr als 460 Patientinnen und Familienangehörige in einer Geburtsklinik getötet worden sein sollen. "Alle Patientinnen und Patienten, Mitarbeiter und Einrichtungen des Gesundheitswesens müssen nach dem humanitären Völkerrecht geschützt werden", schrieb Tedros Adhanom Ghebreyesus auf X. "Waffenruhe!" fügte er mit Ausrufezeichen hinzu. 

Die RSF habe innerhalb von drei Tagen mindestens 1.500 unbewaffnete Zivilisten in der Stadt getötet, teilte das sudanesische Ärztenetzwerk mit. Die Miliz hatte am Wochenende die Kontrolle über die stark umkämpfte Stadt in der Region Darfur gewonnen. Die Zivilisten seien nach Angaben des Ärztenetzwerks getötet worden, als sie versuchten, aus der Stadt zu fliehen.

Die Ärzte warfen der RSF einen "Genozid" der nicht arabischen Bevölkerung im Land vor. Unter "Genozid" versteht man die gezielte und systematische Vernichtung einer Gruppe aufgrund ihrer Nationalität, Ethnie oder Religion, entweder ganz oder teilweise. Justin Lynch, Sudan-Forscher und Geschäftsführer der Conflict Insights Group, sagte dem US-Sender CNN, die Einnahme von Al-Faschir durch die RSF könnte der Beginn eines Massakers an Zivilisten sein.

UNHCR: Flüchtende berichten von willkürlicher Gewalt

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) berichten Flüchtende von willkürlicher Gewalt, Morden und Hinrichtungen von Zivilisten. Es gebe Videos, die Dutzende unbewaffnete Männer zeigen, die erschossen wurden.

Tom Fletcher, der Leiter des UN-Nothilfebüros OCHA, sagte dem Sender CNN, weiterhin seien Hunderttausende Zivilisten in Al-Faschir eingeschlossen, ohne Nahrung und medizinische Versorgung. Fluchtwege seien aufgrund "intensiver Bombardierungen und Bodenangriffe" blockiert. Offiziell hatte die RSF erklärt, sie wolle die Zivilisten in Al-Faschir schützen und denjenigen, die die Stadt verlassen wollen, sichere Korridore zur Verfügung stellen.

Gewalt gegen nicht arabische Volksgruppen

In dem ostafrikanischen Land am Horn Afrikas herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. In Darfur ist der Konflikt maßgeblich von ethnischen Faktoren geprägt, die eng mit Fragen von Landrechten, Ressourcenverteilung und politischer Marginalisierung verwoben sind. Dabei geht es vor allem um Konkurrenz um Land und Wasser zwischen traditionell nomadischen, arabischen Volksgruppen und sesshaften, nicht arabischen Gruppen.

Die RSF ist eine Nachfolgeorganisation arabischer Milizen und geht Berichten von UN-Vertretern zufolge gezielt gegen den nicht arabischen Teil der Bevölkerung vor.

Experten befürchten, dass sich die katastrophalen Zustände in der Stadt weiter verschlimmern könnten. Nach Schätzungen leben in Al-Faschir rund 300.000 Zivilisten. Die RSF hat die Großstadt mehr als 500 Tage belagert. Die Miliz hatte verhindert, dass Lebensmittel und Hilfsgüter die hungernden Menschen erreichen. Die UN beschreiben die Lage im Sudan als die größte humanitäre Krise der Welt.

Nach Angaben der Welthungerhilfe sind allen in den vergangenen Tagen zehntausende Menschen vor den Gefechten geflohen. Viele von ihnen suchten Schutz in den umliegenden Dörfern oder müssten ohne Hilfe ausharren. Allein in Nord-Darfur sind nach Angaben der Welthungerhilfe mehr als neun Millionen Menschen dringend auf Hilfe angewiesen.

Vorwürfe gegen die Emirate

Experten kritisieren, dass westliche Regierungen bislang nur Appelle an die RSF richten und keine Sanktionen gegen sie unterstützende Staaten verhängten. "Es ist ein weiterer Freibrief an die RSF, an ihre Unterstützer in den Vereinigten Arabischen Emiraten, dass sie solche Massenhinrichtungen und ethnische Säuberungen durchführen können, ohne mit internationalen Maßnahmen rechnen zu müssen", sagte Annette Hoffmann von der Denkfabrik Clingendael Institut im ZDF.

Die VAE weisen eine Einmischung in den Konflikt zurück. Das "Wall Street Journal" berichtete allerdings unter Berufung auf US-Geheimdienste, die VAE hätten in diesem Jahr zunehmend Waffen an die RSF geliefert, darunter moderne chinesische Drohnen, aber auch Maschinengewehre, Fahrzeuge, Artillerie, Mörser und Munition. Dies sei das jüngste Beispiel dafür, wie die Emirate ihre Macht ausspielten, um ihre Interessen durchzusetzen. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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