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Menschen nehmen an einem Kerzenmarsch gegen die Tötung von Touristen durch Militante in der Nähe von Pahalgam im indisch kontrollierten Kaschmir teil. (Foto Archiv)
Menschen nehmen an einem Kerzenmarsch gegen die Tötung von Touristen durch Militante in der Nähe von Pahalgam im indisch kontrollierten Kaschmir teil. (Foto Archiv) Bild: Ajit Solanki/AP/dpa
Welt
Brennpunkt Kaschmir: Schusswechsel an der Grenze

Die Atomstaaten Indien und Pakistan sind nach dem verheerenden Anschlag in Kaschmir auf Konfrontationskurs. Asien-Experten fürchten eine Eskalation.

Neu-Delhi/Islamabad.

Die Spannungen zwischen Indien und Pakistan schaukeln sich weiter hoch. In der Nacht zu Freitag kam es zu einem Schusswechsel zwischen Grenzsoldaten beider Länder, wie es aus pakistanischen Geheimdienstkreisen hieß. Der Vorfall habe sich am faktischen Grenzverlauf zwischen den von beiden Ländern kontrollierten Teilen der umstrittenen Kaschmir-Region ereignet. Nach einem Terroranschlag im indisch verwalteten Teil der Region vor einigen Tagen wächst die Sorge vor einer gefährlichen Situation: Das Eskalationsrisiko sei "enorm hoch", sagte ein Experte. 

Laut pakistanischem Geheimdienst gab es bei dem Vorfall in der Kaschmir-Region keine Toten oder Verletzten. Auch die indische Zeitung "The Indian Express" berichtete unter Berufung auf eine Militärquelle von Schüssen an der Kontrolllinie. In der Vergangenheit ist es in der Grenzregion häufiger zu Schusswechseln zwischen Soldaten gekommen, seit einigen Jahren war es dort jedoch vergleichsweise ruhig. 

Zeichen auf Konfrontation

Seit dem jüngsten Terroranschlag stehen jedoch die Zeichen im schwierigen Verhältnis der beiden Nachbarländer auf Konfrontation. Bewaffnete Angreifer hatten am Dienstag in einer beliebten Urlaubsgegend nahe der Stadt Pahalgam 26 Menschen getötet - vorwiegend indische Touristen. Die Regierung in Neu-Delhi wirft Pakistan eine Beteiligung an dem Terroranschlag vor, was der Nachbarstaat zurückweist. 

Beide Atommächte überziehen sich seitdem gegenseitig mit Strafmaßnahmen, weisen Staatsbürger der jeweils anderen Seite aus und reduzieren ihre diplomatischen Beziehungen. "Die Welt sollte sehr besorgt über die derzeitige Indien-Pakistan-Krise sein", schrieb der renommierte Südasien-Experte Michael Kugelman auf der Online-Plattform X. Die Regierungen beider Länder stünden unter Druck.

Dauerkonflikt Kaschmir

Für viele ist es keine Überraschung, dass der Ursprung der neuen Spannungen einmal mehr im westlichen Himalaya liegt. Kaschmir ist seit Jahrzehnten das zentrale Streitthema zwischen den beiden Atommächten. Die Ursprünge des Konflikts reichen bis in die Kolonialzeit zurück. 1947 entließen die Briten den indischen Subkontinent in die Unabhängigkeit und teilten diesen in Indien und den neuen Staat Pakistan für Muslime auf. Die gewaltvoll verlaufene Teilung nährt bis heute eine erbitterte Rivalität. Seit ihrer Unabhängigkeit führten beide Länder drei Kriege gegeneinander, zwei davon um Kaschmir. 

Immer wieder gab es auch Phasen der Entspannung. Der jüngste Anschlag war jedoch einer der blutigsten seit vielen Jahren und gefährdet den fragilen Waffenstillstand zwischen beiden Staaten. Experten stufen jetzt besonders Indiens Entscheidung als schwerwiegend ein, den sogenannten Indus-Wasservertrag mit dem Nachbarn auszusetzen. Der Vertrag regelt die Wassernutzung beider Seiten des Indus und seiner Nebenflüsse. 

Streit ums Wasser

Pakistan nannte die Aussetzung des Vertrags eine Kriegshandlung und drohte mit entsprechenden Gegenmaßnahmen. Islamabad schloss seinen Luftraum für indische Flüge und setzte den Handel mit dem Nachbarland aus. Auch erklärte Islamabad, es behalte sich das Recht vor, wichtige Vereinbarungen über eine Entspannung auszusetzen. Dazu gehört auch das Shimla-Abkommen von 1972, das die friedliche Bereinigung aller strittigen Fragen zwischen beiden vorsieht. 

Christian Wagner, Experte für Indien und Pakistan bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, spricht von einer "neuen Eskalationsstufe". Pakistan habe in der Vergangenheit angedeutet, dass mit der Reduzierung der Wasserzufuhr, die mit der Aussetzung des Indus-Wasservertrags drohe, eine rote Linie für den Einsatz von nuklearen Waffen überschritten sein könne. Dass Pakistan das Shimla-Abkommen infrage stelle, sei eine gefährliche Zuspitzung der Lage. 

Schläge und Gegenschläge befürchtet

Befürchtet wird, Indiens Militär könnte nach dem jüngsten Anschlag in Pakistan mutmaßliche Basen von Terrorgruppen oder andere Ziele angreifen. Pakistan könnte dann mit Gegenschlägen auf indische Ziele antworten. Schon kleinere Scharmützel am Grenzverlauf könnten rasch eskalieren - mit unübersehbaren Folgen. 

"Es ist leider davon auszugehen, dass wir noch mal eine militärische Eskalation sehen", so Wagner. Möglich wäre aber auch, dass militärische Reaktionen im begrenzten Rahmen folgen könnten, ohne den Konflikt vollständig aus dem Ruder laufen zu lassen. Eine Verschlechterung der ohnehin schon angespannten Beziehungen sei jedoch in jedem Fall zu erwarten. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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