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Ein zahmer Trump schmeichelt Merz im Oval Office

Treffen mit US-Präsident Trump im Oval Office sind unberechenbar. Der neue Kanzler besteht seine Bewährungsprobe. Ob es der Beginn einer dicken Freundschaft wird, ist aber noch offen.

Washington.

US-Präsident Donald Trump hat Bundeskanzler Friedrich Merz bei dessen Antrittsbesuch im Weißen Haus überraschend freundschaftlich empfangen. Er bezeichnete den CDU-Politiker bei einer Pressebegegnung in seinem Büro, dem Oval Office, als "respektierten" und "guten Mann" und versprach: "Wir werden eine großartige Beziehung zu Ihrem Land haben". 

Es gab sogar Lob für die von Trump früher scharf kritisierten deutschen Anstrengungen im Verteidigungsbereich. Und die Vorwürfe von hochrangigen Vertretern der US-Regierung, Deutschland schränke die Meinungsfreiheit ein und grenze Parteien wie die AfD aus, kam nicht zur Sprache. Merz war darauf vorbereitet, sie zurückzuweisen. 

Ein besonderes Gastgeschenk

Die meisten Fragen im Oval Office gingen an Trump, Merz saß die meiste Zeit entspannt daneben und vermied es, dem US-Präsidenten in die Parade zu fahren. "Wir haben so viele Gemeinsamkeiten in unserer Geschichte. Wir haben den Amerikanern viel zu verdanken, das werden wir nie vergessen", sagte er und ging auch auf dessen deutsche Herkunft ein. 

Dazu brachte er auch ein Gastgeschenk mit, goldgerahmt und ziemlich groß: die Kopie einer historischen Geburtsurkunde von Trumps Großvater Friedrich, der 1869 in Kallstadt in der Pfalz auf die Welt kam und später in die USA auswanderte. Merz präsentierte das Mitbringsel gleich zu Beginn. "Das ist wunderschön", entgegnete Trump. "Wir werden das aufhängen." 

Ein milde gestimmter Gastgeber

Trump gab sich bei der Begegnung betont freundlich, machte Merz Komplimente für sein gutes Englisch und klammerte mögliche strittige Themen weitgehend aus. Bei den wichtigen Themen des Treffens - etwa Ukraine und Verteidigungsausgaben - schlug er versöhnliche Töne an.

Der Kanzler habe "eine tolle Wahl" gewonnen, sagte der Republikaner. Merz sei "schwierig", scherzte Trump, aber er sei ein großartiger Vertreter Deutschlands. Der sonst angriffslustige US-Präsident, der sich oft mit Provokationen oder abfälligen Kommentaren über sein Gegenüber hervortut, präsentierte sich besonders zahm.

Trump mit "niemandem befreundet" - außer Merz

Mit Blick auf Kremlchef Wladimir Putin sagte er an einer Stelle: "Ich bin mit niemandem befreundet." Dann wandte er sich mit einer Geste an Merz und fügte hinzu: "Wir sind befreundet."

Für den CDU-Politiker war der Besuch bei Trump zum Start seiner Kanzlerschaft auch eine Bewährungsprobe. Der US-Präsident hat anderen Gästen bei Begegnungen im Oval Office in den vergangenen Monaten heftig zugesetzt. Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wurde das Aufeinandertreffen dort Ende Februar zu einer tiefen Demütigung vor der Weltöffentlichkeit, die bis heute nachwirkt. Auch den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa führte Trump bei einem Treffen in seinem Amtszimmer vor und versuchte, mit einem Video seinem Vorwurf eines "Genozids" an weißen Bauern Nachdruck zu verleihen. 

Merz kam auch deshalb mit bescheidenen Erwartungen: einander erst mal kennenlernen, ein Gespür dafür bekommen, wie das Gegenüber tickt, und im besten Fall einen Draht aufbauen zum mächtigsten Mann der Welt. Bisher waren für Trump der französische Präsident Emmanuel Macron oder die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni die Hauptansprechpartner in Europa. Jetzt will Merz in eine Führungsrolle schlüpfen. Seine Telefonnummer soll idealerweise die von Europa werden.

Merz: Trump nimmt Einladung nach Deutschland an

Nach Angaben von Merz will Trump den Besuch erwidern. Der Kanzler hatte ihn bereits in ihrem ersten Telefonat nach Deutschland eingeladen. Der US-Präsident äußerte sich dazu vor den Kameras nicht - aber Merz sagte später in einem ARD-"Brennpunkt", Trump habe die Einladung angenommen. "Er wird nach Deutschland kommen. Wir gucken jetzt nach einem Termin", sagte er RTL/ntv.

Mit Blick auf sein Gastgeschenk für Trump erzählte Merz: "Das hat ihn offensichtlich sehr berührt, er ist immer wieder darauf zurückgekommen."

In Kallstadt in der Pfalz wuchs Trumps Großvater - wie Merz ein Friedrich - auf, bevor er 1885 in die USA ging. Er arbeitete dort unter anderem als Friseur, wurde 1892 amerikanischer Staatsbürger und nannte sich Frederick. Als er nach Kallstadt zurückkehren wollte, verweigerten ihm dies die dortigen Behörden. Er habe sich bei seiner Abreise 1885 nicht ordnungsgemäß abgemeldet, hieß es. Dass es in der Familiengeschichte von Trump, der sich aktuell mit harter Abschiebepolitik und Einreisebeschränkungen hervortut, ein Einreiseverbot nach Deutschland gab, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Kritische Themen ausgeklammert

Bei der Pressebegegnung im Oval Office waren auch Vizepräsident JD Vance und Außenminister Marco Rubio an der Seite des Präsidenten - jene Regierungsmitglieder also, die zuletzt Deutschland und anderen europäischen Verbündeten die Beschneidung der Meinungsfreiheit und die Ausgrenzung von Parteien wie der AfD vorgeworfen hatten. Merz hatte vor seinem Besuch in Washington klargemacht, dass er die Kritik aus den USA für "übergriffig" hält.

Bei dem Treffen im Weißen Haus kam das heikle Thema nicht zur Sprache. Ein Journalist versuchte, danach zu fragen, kam aber nicht durch. Im Oval Office waren etwa 50 Medienvertreter versammelt.

Merz erschien ohne Dolmetscher im Weißen Haus - eine vertrauensbildende Maßnahme. Der Kanzler hatte sich aber vorab von mehreren Staats- und Regierungschefs, die bereits bei Trump waren, Ratschläge geben lassen: etwa von Selenskyj, Ramaphosa, der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni, oder dem finnischen Präsidenten Alexander Stubb.

Was war das Top-Thema des Besuchs?

Die Bemühungen um ein Ende des Krieges in der Ukraine. Merz hat sich dabei unter den Europäern mit an die Spitze gesetzt, zeigte sich zuletzt aber frustriert über mangelnde Fortschritte. Trump sieht Merz bei dem Thema an seiner Seite. Genau wie er würde Merz gerne sehen, dass die Kämpfe aufhörten, sagte der Republikaner. Sie beide seien unglücklich darüber, dass sich dies aktuell nicht abzeichne. Aber an irgendeinem Punkt werde das "Blutvergießen" ein Ende finden. Die Frage, ob er bereit sei, neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen, ließ er einmal mehr offen.

Trump hat noch nicht offenbart, wie er zu einem entsprechenden Gesetzentwurf aus dem Kongress steht, wo die Ungeduld ebenfalls wächst. Nach einem erneuten Telefonat mit Putin am Tag vor Merz' Besuch jedenfalls erklärte Trump, er sehe keine Chance auf einen sofortigen Frieden. Dafür dass er sich stets mit seinen engen Bünden zum Kremlchef brüstet und lange prahlte, er könne den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden, hat der Republikaner bisher nicht viel ausrichten können. 

Was wurde mit Blick auf den Nato-Gipfel besprochen?

Ein anderes wichtiges Thema zwischen Deutschland und den USA sind die Verteidigungsausgaben innerhalb der Nato. Trump hatte Deutschland in seiner ersten Amtszeit heftig für zu geringe Rüstungsinvestitionen kritisiert. Diesmal äußerte er sich wohlwollend. "Ich weiß, dass Sie jetzt mehr Geld für die Verteidigung ausgeben – und zwar ziemlich viel mehr. Das ist eine positive Sache", sagte Trump. 

Ende Juni kommen die Staats- und Regierungschefs der Militärallianz in Den Haag zusammen und werden unter anderem über ihre Verteidigungsausgaben reden. Trump hat von den Bündnispartnern Ausgaben in Höhe von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts gefordert. Nato-Generalsekretär Mark Rutte kreierte daraufhin eine Kompromissformel: 3,5 Prozent für das Militär und 1,5 Prozent für Infrastruktur wie Straßen oder Häfen, die für Verteidigung relevant sein können. 

Merz hat sich diesem Vorschlag angeschlossen und ist Trump damit schon sehr entgegengekommen. Ob dem Republikaner die kreative Rechnung der Partner am Ende genügt, muss sich zeigen. Auch dazu äußerte sich der Präsident bei dem Treffen mit Merz nicht. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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