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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weist Kritik aus Paris, London und Ottawa am Vorgehen im Gaza-Krieg zurück. (Archivbild)
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weist Kritik aus Paris, London und Ottawa am Vorgehen im Gaza-Krieg zurück. (Archivbild) Bild: Denes Erdos/AP/dpa
Welt
"Unerträglich": Kritik an israelischer Gaza-Offensive wächst

Neue Offensive und mehrmonatige Blockade: Israels Vorgehen im Gazastreifen sorgt international für Kritik. Wie reagieren ausländische Verbündete? Und wie positioniert sich die israelische Opposition?

Tel Aviv/Gaza.

Im Zuge der neuen Großoffensive von Israels Militär im Gazastreifen nimmt die internationale Kritik – auch von engen Verbündeten – am israelischen Vorgehen zu. Täglich werden nach palästinensischen Angaben Dutzende Menschen bei Angriffen der Armee getötet. Auch die monatelange Blockade von Hilfslieferungen durch Israel in den Gazastreifen sowie die derzeitigen Beschränkungen für die Einfuhr versetzen Partner in Aufruhr.

Immer mehr Staaten verlieren die Geduld mit Israel – der TV-Sender N12 spricht von "einer politischen und diplomatischen Krise, wahrscheinlich der schwerwiegendsten und schwierigsten, die es (Israel) je erlebt hat". Und auch innerhalb Israels und der Opposition mehrt sich die Kritik an der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und deren Vorgehen im Gazastreifen.

Wie reagieren ausländische Verbündete?

Drastische Worte fanden zuletzt Emmanuel Macron, Keir Starmer und Mark Carney. Die drei Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien und Kanada sprachen in einer Erklärung von einer "völlig unverhältnismäßigen Eskalation". "Das menschliche Leid in Gaza ist unerträglich", hieß es. Sollte die neue Großoffensive nicht eingestellt werden, würden die drei Länder mit "konkreten Maßnahmen" reagieren. Weitere Details nannten sie nicht. London machte indes ernst und setzte Gespräche über ein Freihandelsabkommen mit Israel aus. 

Die israelische Armee hatte jüngst alle Anwohner der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens aufgefordert, von dort zu fliehen.
Die israelische Armee hatte jüngst alle Anwohner der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens aufgefordert, von dort zu fliehen. Bild: Abed Rahim Khatib/dpa

Die EU stellte derweil ihr Partnerschaftsabkommen mit Israel infrage: Bei einem Außenministertreffen habe sich eine Mehrheit dafür ausgesprochen, zu überprüfen, ob Israel sich noch an die Grundprinzipien des sogenannten Assoziierungsabkommens hält, sagte die EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas in Brüssel. Zu diesen gehört, dass die Beziehungen zwischen den Vertragsparteien auf der Achtung der Menschenrechte beruhen.

Was ist mit dem wichtigsten Partner USA?

Von der US-Regierung sind derart scharfe Worte nicht zu hören. Auf einem viertägigen Trip durch mehrere Golfstaaten sagte US-Präsident Donald Trump zuletzt auffallend wenig zum Gaza-Krieg. Er sprach an einer Station zwar wie schon zuvor von einer "sehr ernsten" Situation und beklagte das Leiden der Menschen in dem Gebiet. Auf einem anderen Stopp ging er wiederum nur auf seine umstrittene Idee ein, den Gazastreifen zu räumen und als Immobilienprojekt wirtschaftlich zu entwickeln. Trump will vor allem Geschäfte und Handel vorantreiben – und auch aus dem Grund dort Frieden erreichen. 

Insgesamt war zuletzt etwas Distanz der US-Regierung zu Netanjahu zu beobachten. Die Amerikaner preschten teils im Alleingang und ohne Abstimmung mit Israel vor: etwa bei direkten Gesprächen mit der Hamas über eine Geiselbefreiung, direkten Gesprächen mit Teheran über das iranische Atomprogramm oder Absprachen zu einer Deeskalation mit der Huthi-Miliz. Trump legte auf seinem Nahost-Trip auch keinen Stopp in Israel ein. In US-Medien ist von zunehmender Frustration im Trump-Team mit Netanjahu die Rede. An der Unterstützung Israels ändert das aber nichts. 

Wie verhält sich Deutschland?

Die neue Bundesregierung hält sich wie die USA zurück. Kanzler Friedrich Merz (CDU) hat vergangene Woche in seiner Regierungserklärung die aus dem Holocaust entstandene historische Verantwortung Deutschlands für die Existenz und die Sicherheit des Staates Israel bekräftigt. "Wir stehen unverbrüchlich an der Seite Israels", sagte er.

Merz hat sich zwar besorgt zur Lage im Gazastreifen geäußert, direkte Kritik am militärischen Vorgehen Israels war von ihm bisher aber nicht zu hören. Er hat zuletzt sogar erneut erklärt, dass er sich trotz internationalen Haftbefehls einen Besuch Netanjahus in Deutschland vorstellen kann.

Wie reagiert die israelische Opposition?

Bisher war Israels Opposition eher zurückhaltend mit ihrer Kritik an der Kriegsführung im Gazastreifen. Hohe Wellen schlug nun ein Interview des linksliberalen Politikers Jair Golan im Radio des Kan-Senders. Dort sagte er, Israel laufe Gefahr, zu einem international geächteten "Pariastaat" zu werden. Er sagte: "Ein vernünftiges Land führt keinen Krieg gegen Zivilisten, es tötet keine Babys als Hobby und zielt nicht auf die Vertreibung der Bevölkerung." Sowohl Regierungs- als auch Oppositionspolitiker kritisierten den Vorsitzenden der linken Partei "Die Demokraten" dafür scharf. Golan war früher Vizegeneralstabschef der israelischen Armee.

Das israelische Militär hat eine neue Offensive im Gazastreifen gestartet.
Das israelische Militär hat eine neue Offensive im Gazastreifen gestartet. Bild: Saeed Qaq/ZUMA Press Wire/dpa

Israels Ex-Regierungschef Ehud Olmert meldete sich in der britischen BBC zu Wort. Er sagte, dass das, was Israel "jetzt im Gazastreifen tut, einem Kriegsverbrechen sehr nahe kommt". Den Krieg bezeichnete er als "Krieg ohne Ziel, ein Krieg ohne die Chance, irgendetwas zu erreichen, dass das Leben der Geiseln retten kann". Unschuldige Palästinenser und israelische Soldaten würden sterben. Dies sei "in jeder Hinsicht abscheulich und empörend".

Wird Israels Regierung auf die Kritik eingehen?

Es ist unklar, ob die Netanjahu-Regierung auf den Druck aus dem Ausland reagieren wird. Im Hinblick auf die Hilfslieferungen in den Gazastreifen hat sich jedoch gezeigt, dass massiver Druck aus den USA die Regierung zum Umdenken bewegen kann. Nach fast dreimonatiger Blockade teilte Netanjahu am Sonntag mit, wieder Hilfstransporte in das Gebiet zuzulassen – allerdings nur zur "Grundversorgung".

Am Montag war erstmals seit fast drei Monaten wieder humanitäre Hilfe in das umkämpfte Gebiet gekommen – israelischen Angaben zufolge waren es aber zunächst nur fünf Lastwagen.
Am Montag war erstmals seit fast drei Monaten wieder humanitäre Hilfe in das umkämpfte Gebiet gekommen – israelischen Angaben zufolge waren es aber zunächst nur fünf Lastwagen. Bild: Maya Alleruzzo/AP/dpa

Israels "beste Freunde in der Welt" hätten ihm jede Hilfe zur Erreichung der israelischen Kriegsziele zugesagt, allerdings seien für sie die "Bilder des Hungers, des Massenhungers" unerträglich, sagte Netanjahu in einer Videoansprache. Aus seiner rechtsreligiösen Regierung gab es Kritik an dem Schritt. Ohne Abstimmung wurde dieser dann jedoch im Kabinett durchgeboxt.

Die Kritik aus Paris, London und Ottawa wies Netanjahu zurück. Mit ihrer gemeinsamen Erklärung böten sie eine "riesige Belohnung für den völkermörderischen Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 und laden gleichzeitig zu weiteren solchen Gräueltaten ein", schrieb er bei X. Zu Golan und Olmert schrieb er: "Während IDF-Soldaten die Hamas bekämpfen, gibt es diejenigen, die die lügnerische Propaganda gegen den Staat Israel unterstützen." (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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