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Israel will die Machtstellung der Hamas in Gaza schwächen. (Archivbild)
Israel will die Machtstellung der Hamas in Gaza schwächen. (Archivbild) Bild: Maya Alleruzzo/AP/dpa
Welt
Israel mobilisiert Clans im Kampf gegen Hamas

Israel will mit Hilfe palästinensischer Gruppen die Hamas im Gazastreifen schwächen. Experten warnen vor erheblichen Risiken. Derweil greift Israels Armee erneut Ziele im Libanon an.

Tel Aviv/Gaza.

Israel bewaffnet im Kampf gegen die islamistische Hamas lokale palästinensische Gruppen im Gazastreifen. Nach öffentlicher Kritik eines israelischen Oppositionspolitikers daran bestätigte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, dass lokale Clans "aktiviert" worden seien, die die Hamas ablehnen. Dies sei auf Anraten ranghoher Sicherheitsbeamter geschehen. "Was ist daran schlecht? Das ist nur gut. Das rettet das Leben israelischer Soldaten", sagte Netanjahu in einer auf der Plattform X veröffentlichten Videobotschaft.

Medienberichten in den USA und Israel zufolge geht es vor allem um eine von einem Mann namens Jassir Abu Schabab angeführte, relativ kleine Gruppe von Männern im Raum Rafah im Süden Gazas. Sie sei vom israelischen Militär mit Kalaschnikow-Gewehren ausgerüstet worden, die die Armee während des Krieges von der Hamas beschlagnahmt habe, berichtete die "Times of Israel". Durch die Förderung rivalisierender Clans wie dem von Abu Schabab solle die Hamas geschwächt werden, berichtete die israelische Nachrichtenseite "Ynet".

Laut Regierungschef Netanjahu setzt Israel im Kampf gegen die Hamas auf lokale Clans. (Archivbild)
Laut Regierungschef Netanjahu setzt Israel im Kampf gegen die Hamas auf lokale Clans. (Archivbild) Bild: Evelyn Hockstein/Pool Reuters/dpa

Bericht: Israels Vorgehen birgt Risiken

Auch nach 20 Monaten Krieg ist es Israel nicht gelungen, die Hamas vollständig zu besiegen – unter anderem, weil keine alternative palästinensische Führung als Ersatz installiert wurde. Ministerpräsident Netanjahu hat ausgeschlossen, dass die gemäßigtere Palästinensische Autonomiebehörde (PA) aus dem Westjordanland auch im Gazastreifen wieder die Kontrolle übernehmen könnte. Die von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geleitete Organisation war 2007 von der Hamas aus dem Küstengebiet vertrieben worden.

Stattdessen wolle Netanjahu nun lokale Partner im Gazastreifen stärken, die weder mit der Hamas noch mit der PA verbunden sind, berichtete das "Wall Street Journal". Doch Israels Unterstützung für Abu Schababs Gruppe würde Risiken bergen. Eine Bewaffnung seiner aus schätzungsweise einigen Hundert Mann bestehenden Gruppe durch Israel erfordere "genaue Überwachung", damit "das nicht nach hinten losgeht", zitierte die "New York Times" einen ehemaligen israelischen Geheimdienstoffizier. 

Experten warnten schon früh vor anarchischen Verhältnissen in Gaza. (Archivbild)
Experten warnten schon früh vor anarchischen Verhältnissen in Gaza. (Archivbild) Bild: Rizek Abdeljawad/XinHua/dpa

Experten warnen vor Verhältnissen wie in Somalia

Experten hatten schon vor mehr als einem Jahr vor einem kompletten Zusammenbruch jeglicher Ordnung und regelrechter Anarchie im Gazastreifen gewarnt. In dem abgeriegelten Gebiet drohten Verhältnisse wie in Somalia mit rivalisierenden Warlords, Banden und Clans. Die Hamas bezeichnet Abu Schabab als kriminellen Kollaborateur Israels. Seine Leute und die palästinensische Terrororganisation lieferten sich Gefechte, berichtete das "Wall Street Journal".

Abu Schabab sei unter der Herrschaft der Hamas als Plünderer von Hilfsgütern bekannt gewesen, zitierte die US-Zeitung Michael Milstein, einen ehemaligen Leiter der Abteilung für palästinensische Angelegenheiten beim israelischen Militärgeheimdienst. Zudem mangele es ihm an breiter Unterstützung in Gaza, weshalb Israels Plan nur geringe Erfolgsaussichten habe. Er sei sich ziemlich sicher, dass die Hamas Abu Schababs Gruppe "zerschlagen wird", sagte Milstein dem Blatt.

Erneut griff Israels Luftwaffe Ziele im Libanon an.
Erneut griff Israels Luftwaffe Ziele im Libanon an. Bild: Hassan Ammar/AP/dpa

Israel greift erneut im Libanon an

Die israelische Luftwaffe griff unterdessen in Vororten der libanesischen Hauptstadt Beirut sowie im Süden des Nachbarlandes mehrere Ziele an - nach ihren Angaben handelte es sich um unterirdische Anlagen zur Herstellung und Lagerung von Drohnen der mit der Hamas verbündeten Hisbollah-Miliz. Trotz der seit November geltenden Waffenruhe arbeite die Hisbollah-Miliz "unter der Leitung und mit finanzieller Unterstützung iranischer Terrorfunktionäre an der Herstellung von Tausenden von Drohnen", teilte das Militär in der Nacht über Telegram mit. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. 

Der libanesische Staatspräsident Joseph Aoun verurteilte Israels Angriffe. Sie erfolgten am Vorabend des Opferfestes Eid al-Adha, eines der wichtigsten religiösen Feste für Muslime weltweit.

Trotz der Vereinbarungen zwischen Israel und dem Libanon baue die Luftwaffen-Einheit der Hisbollah ihre Kapazitäten mit iranischer Hilfe aus, erklärte Israels Militär. Die Miliz hatte Israel seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 mehr als ein Jahr lang mit Raketen beschossen. Sie wollte nach eigenen Angaben damit die verbündete Hamas im Gazastreifen unterstützen. Israel antwortete mit Luftangriffen und einer Bodenoffensive.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 mit etwa 1.200 Toten. Etwa 250 Menschen wurden damals zudem als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seit Kriegsbeginn bisher mehr als 54.600 Palästinenser in dem dicht besiedelten Küstengebiet getötet. Die unabhängig kaum überprüfbare Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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