Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen
Welt
Kiew erwartet neue russische Offensive

Russland beschießt ukrainische Städte mit neuer Wucht. Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnet die Attacken als militärisch sinnlos - trotzdem fürchtet Kiew neue russische Vorstöße.

Kiew.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland die Planung einer neuen Offensive vorgeworfen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Kremlchef Wladimir Putin und seine Umgebung sich auf eine Beendigung des Kriegs vorbereiteten und ernsthaft eine diplomatische Lösung in Betracht zögen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. "Im Gegenteil, es gibt viele Anzeichen dafür, dass sie neue Angriffsoperationen vorbereiten." 

Nach der Rekordzahl an russischen Drohnenattacken auf die Ukraine in den vergangenen drei Tagen gab es auch in der Nacht zu Dienstag wieder Luftalarm im Osten und Süden des Landes. Die ukrainische Luftwaffe warnte auf Telegram vor Angriffen etwa in den Regionen Sumy, Charkiw, Dnipropetrowsk, Mykolajiw und über dem Schwarzen Meer in Richtung der Hafenstadt Odessa. Demnach sollen dabei unter anderem Drohnen des Typs Schahed im Einsatz gewesen sein. Ukrainische Medien berichteten von Explosionen in Sumy, das in der Nähe der Grenze zu Russland liegt. 

Von Samstag bis Montag gab es die heftigsten Drohnenangriffe auf die Ukraine seit Beginn des Kriegs.
Von Samstag bis Montag gab es die heftigsten Drohnenangriffe auf die Ukraine seit Beginn des Kriegs. Bild: Uncredited/Ukrainian Emergency Service/AP/dpa

Ob die Angriffe genauso heftig waren wie in den vorangegangenen Nächten, war zunächst nicht absehbar. Am Wochenende und in der Nacht zu Montag hatte Russland die Ukraine massiv mit Drohnen und Marschflugkörpern attackiert. Es wurde nach Kiewer Angaben ein Höchststand an Angriffen seit Beginn des Krieges verzeichnet. Die Ukraine wehrt sich seit mehr als drei Jahren gegen eine russische Invasion.

Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs steht die Ukraine auch an der Front weiter unter Druck. Im abendlichen Lagebericht ist von 141 russischen Vorstößen im Tagesverlauf die Rede. Mehr als ein Drittel - nämlich 53 - haben die russischen Truppen demnach im Raum Pokrowsk gestartet. Die Stadt mit vor dem Krieg rund 60.000 Einwohnern gilt wegen ihrer Lage als strategisch wichtig und wird seit Monaten von den russischen Streitkräften attackiert. Inzwischen ist Pokrowsk fast völlig zerstört. Dennoch kommen die Russen hier kaum voran.

Militärexperten warnen ebenfalls vor russischer Offensive

Problematisch ist für die Ukrainer nach Ansicht von Militärexperten hingegen die Lage weiter nördlich. Zwischen Pokrowsk und Torezk ist den russischen Truppen demnach ein Durchbruch gelungen, der nun auch die Stadt Kostjantyniwka bedroht. Damit käme Putin seinem Ziel der vollständigen Eroberung des Gebietes Donezk näher.

Zudem warnen Militärexperten vor einer möglichen russischen Offensive im Norden der Ukraine. Das Gebiet Sumy gilt nach dem Rückzug ukrainischer Truppen aus der westrussischen Region Kurks als mögliches Zielgebiet für einen russischen Vorstoß in der Sommeroffensive. Putin hatte zuletzt auch noch einmal erklärt, einen 30 Kilometer breiten Grenzstreifen der Ukraine zur Pufferzone machen zu wollen.

Selenskyj geht von einer russischen Sommeroffensive aus. (Archivbild)
Selenskyj geht von einer russischen Sommeroffensive aus. (Archivbild) Bild: Efrem Lukatsky/AP/dpa

Selenskyj sieht russische Angriffe als Verhöhnung Trumps

Selenskyjs Angaben nach zeigt die russische Führung mit ihren Kriegsanstrengungen ihre Verachtung für alle diejenigen, die sich um einen Frieden bemühten. Diese Aussage dürfte sich auf US-Präsident Donald Trump beziehen, der sich seit seinem Amtsantritt im Januar als Vermittler für eine Friedenslösung präsentierte. 

Der ukrainische Staatschef nannte die Großangriffe der russischen Streitkräfte auf Städte in seinem Land mit ballistischen Raketen, Marschflugkörpern und mehr als 900 Drohnen in den vergangenen drei Tagen aus militärischer Sicht sinnlos. Sie dienten lediglich der Zerstörung. In dem Zusammenhang forderte Selenskyj einmal mehr den Druck auf Moskau durch weitere Sanktionen zu erhöhen.

Die Angriffe der letzten Tage hatte zuletzt auch Trump kritisiert. Er warf Putin vor, verrückt geworden zu sein, und drohte mit Sanktionen. Im Kreml war dies kühl als "emotionale Überlastung" des US-Präsidenten abgetan worden. Putin tue nur, was für die Sicherheit Russlands nötig sei, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow.

Kritik aus der SPD an Merz' Waffen-Wende im Ukraine-Krieg

Die von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) angekündigte Aufhebung der Beschränkungen für den Einsatz deutscher Waffen gegen russisches Territorium im Ukraine-Krieg sorgt für Kritik in der SPD. Der sozialdemokratische Außenpolitiker Ralf Stegner nannte den Schritt "nicht hilfreich". Alles, was den Krieg ausweite, sei falsch, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Ich finde es vielmehr richtig, die diplomatischen Bemühungen zu verstärken."

Auch der Kreml reagierte auf die Merz-Äußerung. Dies seien "ziemlich gefährliche Entscheidungen, wenn es sie gegeben hat", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Merz hebt die Reichweitenbeschränkung beim Einsatz deutscher Waffen in der Ukraine auf.
Merz hebt die Reichweitenbeschränkung beim Einsatz deutscher Waffen in der Ukraine auf. Bild: Kay Nietfeld/dpa

Merz hatte am Montag in Berlin gesagt, dass für die von Deutschland an die Ukraine gelieferten Waffen keine Beschränkungen mehr gelten, was die Reichweite und damit den Einsatz gegen russisches Territorium angeht. "Es gibt keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen, die an die Ukraine geliefert worden sind, weder von den Briten noch von den Franzosen, noch von uns, von den Amerikanern auch nicht", sagte er. Das heiße, die Ukraine könne sich jetzt "auch verteidigen, indem sie zum Beispiel militärische Stellungen in Russland angreift. Das konnte sie bis vor einiger Zeit nicht."

Die Äußerung bedeutet einen Kurswechsel gegenüber seinem Vorgänger Olaf Scholz (SPD). Der hatte zwar im vergangenen Jahr den Einsatz deutscher Waffen wie den Mehrfachraketenwerfer Mars II gegen Stellungen auf russischem Territorium für die Region um die umkämpfte Großstadt Charkiw erlaubt. Er hatte sich in der Folge aber anders als wichtige Bündnispartner wie Großbritannien und Frankreich gegen eine darüber hinausgehenden Aufhebung der Einsatzbeschränkungen ausgesprochen. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
Das könnte Sie auch interessieren
22.06.2025
4 min.
„Verfassung steht über Parteitagsbeschluss“: Kretschmer über Zusammenarbeit mit der Linken und Hilfe für Südwestsachsen
Weilte am Freitag zum Redaktionsbesuch in der „Freien Presse“: Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU).
Was Sachsens Ministerpräsident beim „Freie Presse“-Redaktionsbesuch über das Viererbündnis im Landtag zum Doppelhaushalt sagt und der Region zur Umsetzung eines „Masterplans“ verspricht.
Tino Moritz und Jan-Dirk Franke
10:39 Uhr
2 min.
Tote und Verletzte nach russischem Angriff auf Kiew
Bei nächtlichen Angriffen auf Kiew und Umgebung wurden nach offiziellen Angaben mindestens sechs Menschen getötet.
Russland hat die Ukraine in der Nacht erneut mit Angriffen überzogen. In der Hauptstadt hatte das schwere Folgen.
10:39 Uhr
2 min.
Die ideale Aprikose: Drück-Test entscheidet, nicht die Farbe
Perfekt reife Aprikosen haben ein saftiges Fruchtfleisch und ein süßsäuerliches Aroma.
Sie ist der Underdog unter den Früchten. Werden Pfirsiche kiloweise verspeist, schafft es die Aprikose nur auf 600 Gramm pro Kopf und Jahr. Dabei punktet sie mit einer tollen Süße-Säure-Harmonie.
13.06.2025
4 min.
Russland baut eigene Drohnentruppen auf
Der Austausch von Gefangenen läuft, auch wenn beide Seiten einander immer wieder Verzögerungen vorwerfen.
Moskau und Kiew tauschen Kriegsgefangene aus. Viele Soldaten dürfen in ihre Heimat zurückkehren. Doch der Prozess wird immer wieder gegenseitigen Vorwürfen begleitet.
22.06.2025
3 min.
Platz für 28 Camper: Neuer Wohnmobil-Stellplatz in Chemnitz geht in Betrieb
Denis Sommerfeld betreibt mit seiner Frau den neuen Wohnmobil-Stellplatz an der Limbacher Straße/Am Stadtgut.
Für Camper gibt es einen weiteren Anlaufpunkt in der Stadt, der größer als bisherige Anlagen ist. Was der Platz bietet – und worauf der Betreiber bislang verzichten muss.
Benjamin Lummer
20.06.2025
4 min.
"Die ganze Ukraine ist unser" - Putin beim Wirtschaftsforum
Putin bekam Applaus für seine Aussage, dass Russen und Ukrainer ein Volk seien.
Russland wolle keine Kapitulation der Ukraine, sagt Präsident Putin. Doch was er vor Wirtschaftsführern sonst sagt, lässt für das angegriffene Land Schlimmes befürchten. Kiew reagiert empört.
Mehr Artikel