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Trump hat sich für ein drastisches Vorgehen in Kalifornien entschieden.
Trump hat sich für ein drastisches Vorgehen in Kalifornien entschieden. Bild: Evan Vucci/AP/dpa
Welt
Machtkampf in Kalifornien: Was sind Trumps Befugnisse?

Trump hat die Kontrolle über Kaliforniens Nationalgarde übernommen – ohne Zustimmung des Gouverneurs. Auch reguläre Soldaten wurden entsandt. Darf der US-Präsident das?

Washington.

Erstmals seit Jahrzehnten hat ein US-Präsident die Kontrolle über die Nationalgarde eines Bundesstaates ohne Zustimmung des dortigen Gouverneurs übernommen. Auch das reguläre Militär schickte Donald Trump wegen der anhaltenden Proteste gegen seine Migrationspolitik mittlerweile nach Los Angeles. Sein Vorgehen im US-Bundesstaat Kalifornien ist nicht nur höchst ungewöhnlich - sondern auch ein rechtlich umstrittener Tabubruch. Welche rechtlichen Grundlagen greifen - und was könnte als Nächstes drohen? Fragen und Antworten im Überblick:

Was ist die juristische Basis für Trumps Vorgehen?

Trump hat unter Berufung auf den sogenannten Title 10 des Kodex der Vereinigten Staaten das Kommando über die Nationalgarde in Kalifornien übernommen. In den USA haben im Normalfall die Bundesstaaten die Kontrolle über die Nationalgarde. Sie ist eine militärische Reserveeinheit und Teil der US-Streitkräfte. Jeder Bundesstaat hat seine eigene Nationalgarde, die bei Naturkatastrophen, Unruhen oder Notfällen im Inneren eingesetzt werden kann. 

Trump stützt die Übernahme des Kommandos über die Nationalgarde in Kalifornien unter anderem auf eine Bestimmung des Title 10, die dem Präsidenten im Falle einer "Rebellion oder der Gefahr einer Rebellion gegen die Autorität der Regierung der Vereinigten Staaten" erlaubt, die Kontrolle über die Nationalgarde an sich zu ziehen. Er argumentiert, die Proteste gegen die Beamten der Einwanderungsbehörde seien eine Rebellion gegen die Bundesregierung. 

Trumps Schritt ist höchst ungewöhnlich. Es ist das erste Mal seit 1965, dass der Präsident sich ohne Einwilligung eines Gouverneurs der Nationalgarde eines Bundesstaates bemächtigt. Damals setzte Präsident Lyndon B. Johnson zusätzlich zur Nationalgarde auch reguläre Soldaten ein, um während der Bürgerrechtsbewegung im Südstaat Alabama die fast ausschließlich schwarzen Demonstranten zu schützen. 

Was sind die Befugnisse der Nationalgarde und der Marineinfanteristen?

Auch Trump ließ am Montag noch 700 Marineinfanteristen des regulären Militärs nach Los Angeles schicken. Anders als die Nationalgarde untersteht das reguläre Militär immer der Bundesregierung. Anders als die Nationalgarde ist es eher für Kriegsführung und die nationale Sicherheit zuständig. 

Es ist unklar, auf welche rechtlichen Grundlagen sich die US-Regierung bei dem Schritt stützt. Das zuständige Regionalkommando machte aber sehr deutlich, was die Aufgabe der Marineinfanteristen sein soll: Die Soldaten sollen die bereits mobilisierten Kräfte der Nationalgarde dabei unterstützen, Bundesmitarbeiter und -eigentum zu schützen. Das deckt sich mit den Einschätzungen von Expertinnen und Experten zu den Befugnissen der Nationalgarde - diese sind demnach aktuell begrenzt. 

Die Nationalgarde kann den Juristen zufolge die Beamten oder Gebäude der Einwanderungsbehörde schützen. Sie dürften aber keine normalen Strafverfolgungsmaßnahmen wie Festnahmen oder Razzien übernehmen, schreibt etwa der Jurist Stephen Vladeck von der Georgetown University in der US-Hauptstadt Washington. Trumps Vorgehen in Kalifornien wirft dennoch viele juristische Fragen auf - und dürfte die Gerichte noch eine Zeit lang beschäftigen. 

Was wäre die nächste Eskalationsstufe?

Damit die Nationalgarde und wohl auch die Marineinfanteristen weitgehendere Befugnisse hätten, müsse Trump eine Art Notstandsrecht verhängen, und ein als "Insurrection Act" bekanntes Gesetz anwenden, so Vladeck weiter. Dieses Gesetz von 1807 erlaubt dem Präsidenten in Ausnahmesituationen, das Militär im Inland einzusetzen und sich an Strafverfolgungsmaßnahmen zu beteiligen, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Unter normalen Umständen ist dies in den USA nicht erlaubt. Diesen Schritt ging zum Beispiel auch Präsident Johnson im Jahr 1965. 

Zuletzt wurde "Insurrection Act" 1992 angewendet. Damals kam es zu massiven Unruhen in Los Angeles, als Polizisten den Schwarzen Rodney King brutal zusammengeschlagen hatten und anschließend freigesprochen worden. Anders als heute hatten allerdings der Gouverneur von Kalifornien und der Bürgermeister von Los Angeles den damaligen Präsidenten George H.W. Bush um Unterstützung des Bundes gebeten. 

Trump drohte bereits in seiner ersten Amtszeit während der Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd damit, den "Insurrection Act" zu aktivieren. Auch im Wahlkampf sprach er immer wieder davon, das Gesetz anwenden zu wollen, und schloss dies auch jetzt nicht aus. Die Demonstranten in Kalifornien bezeichnete er als "Insurrectionists" - auf Deutsch etwa Aufständische oder Aufrührer. Am Montag sagte der Republikaner, ein Aufstand sei durch die Nationalgarde verhindert worden. 

Was bedeutet die Aktivierung des "Insurrection Acts"?

Praktisch gesehen dürfte die Anwendung des Notstandsgesetzes bedeuten, dass das US-Militär auch für die Strafverfolgung in Kalifornien eingesetzt werden könnte. Die Soldaten könnten dann Demonstranten festnehmen oder Razzien durchführen. Die Aktivierung des "Insurrection Acts" würde wohl zu einer weiteren politischen und gesellschaftlichen Spaltung im Land führen, die Lage dürfte weiter eskalieren - landesweite Proteste wären zu erwarten. 

"Wenn der Präsident den Insurrection Act anwendet, werden wir in den kommenden Stunden, Tagen und Wochen große juristische Auseinandersetzungen darüber erleben, ob diese weitreichenden Befugnisse unter den gegebenen Umständen angewendet werden können oder nicht", zitiert die "Los Angeles Times" die Juristin Jessica Levinson von der Loyola Law School in Los Angeles. "Jeder sollte innehalten, wenn der Präsident Notstandsbefugnisse nutzt und der Gouverneur sowie der Bürgermeister sagen: Bitte nicht, wir brauchen das nicht." (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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