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Nach Blockade: Erste Hilfsgüter laut Israel im Gazastreifen

Seit Anfang März blockierte Israels Regierung Hilfslieferungen, auf die Menschen im Gazastreifen angewiesen sind. Nun kommen wieder erste Güter in das Gebiet.

Tel Aviv.

Nach einer fast dreimonatigen Blockade sind nach israelischen Angaben erstmals wieder Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen angekommen. Fünf Lastwagen mit Hilfsgütern hätten das Küstengebiet nach einer gründlichen Sicherheitskontrolle über den Grenzübergang Kerem Schalom erreicht, teilte die für Palästinenserangelegenheiten zuständige Behörde Cogat mit. Mehrere Geberländer forderten, dass Israel die Hilfslieferungen wieder in deutlich größerem Umfang zulassen müsse.

Seit Anfang März hatte Israel keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen gelassen. Das Land wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter gewinnbringend weiterzuverkaufen, um ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren. Am Sonntag hatte das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu überraschend angekündigt, wieder Hilfslieferungen in das Gebiet zuzulassen.

Die Grundversorgung mit Lebensmitteln erfolge auf Empfehlung der Armee und um sicherzustellen, dass es zu keiner Hungersnot komme, hieß es in der Erklärung. In seiner Videoansprache betonte Netanjahu zudem, dass die Entscheidung, wieder Hilfsgüter in den Gazastreifen zu lassen, getroffen worden sei, da dies zur Sicherung der internationalen Unterstützung wichtig sei.

Entscheidung auf Druck von Verbündeten

Israels "beste Freunde in der Welt" hätten ihm jede Hilfe zur Erreichung der israelischen Kriegsziele zugesagt, allerdings seien für sie die "Bilder des Hungers, des Massenhungers" unerträglich, sagte er. Vor allem der Druck aus den USA dürfte Netanjahu zur Aufhebung der Blockade gebracht haben.

Aus Netanjahus rechtsreligiöser Regierungskoalition hatte es zuvor heftige Kritik an der Entscheidung gegeben. Israels Staatspräsident Izchak Herzog lobte die Entscheidung des Sicherheitskabinetts. Sie sei entscheidend, "damit wir in dieser Tragödie unsere Menschlichkeit bewahren können".

In einer Videoansprache hatte Israels Regierungschef am Vormittag betont, dass zunächst nur eine minimale Menge an Lebensmitteln in das Gebiet kommen werde. In der Mitteilung der Cogat-Behörde hieß es, unter den nun in den Gazastreifen gelieferten Hilfsgütern sei unter anderem Babynahrung.

Hilfsgüter wie Mehl und Treibstoff erwartet

Künftig sollen Hilfsgüter wie Mehl, Babynahrung und Treibstoff israelischen Medienberichten zufolge zunächst wie zuvor mit Hilfe internationaler Organisationen in den abgeriegelten Küstenstreifen kommen, bis Ende des Monats ein geplanter neuer Mechanismus der Verteilung vor Ort umgesetzt wird.

Berichten zufolge sollen Güter dann nur noch von wenigen Standorten im Gazastreifen aus verteilt werden. Die UN hatte den neuen Mechanismus kritisiert, unter anderem weil Zivilisten auf dem Weg zu den Verteilungszentren ins Kreuzfeuer geraten und etwa Alte und Kranke diese erst gar nicht erreichen könnten. Netanjahu betonte, dass die ersten Zentren in den kommenden Tagen ihren Betrieb aufnehmen würden.

Die Verteilungszentren sollen laut der "Times of Israel" in einer neuen "humanitären Zone" in der Gegend der Stadt Rafah im Süden des Gebiets errichtet werden. Menschen, die diese Zone betreten, würden vorher von Israels Armee kontrolliert, hieß es. Das israelische Militär wolle auf diese Weise verhindern, dass Mitglieder der Hamas das Gebiet betreten.

Geberländer fordern umfassende Hilfen für Gazastreifen

In einem gemeinsamen Appell forderten die Außenminister von Deutschland und rund 20 weiteren Geberländern Israel auf, deutlich mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu erlauben. "Ermöglichen Sie den Vereinten Nationen und den humanitären Organisationen, unabhängig und unparteiisch zu arbeiten, um Leben zu retten, Leiden zu lindern und die Würde zu wahren", heißt es in dem vom Auswärtigen Amt in Berlin veröffentlichten Schreiben. Die Verfasser kritisierten zudem den neuen Mechanismus. Dieser untergrabe die Rolle und die Unabhängigkeit der UN und der zuverlässigen Partner und verknüpfe humanitäre Hilfe mit politischen und militärischen Zielen.

Auch nach Worten des UN-Nothilfekoordinators Tom Fletcher sind die neuesten Lieferungen "nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Nach Angaben der UN hatten insgesamt neun Lastwagen die Erlaubnis durch die israelischen Behörden erhalten, in den Gazastreifen zu fahren. 

Großoffensive im Gange

Vor wenigen Tagen hatte Israels Armee eine neue Großoffensive im Gazastreifen begonnen. Seit Tagen fliegt die israelische Luftwaffe massive Angriffe auf Ziele in dem Gebiet. Inzwischen sind dort auch Bodentruppen im Einsatz. In der vergangenen Wochen wurden an mehreren Tagen jeweils Dutzende Tote täglich aus dem Gazastreifen gemeldet. 

Israels Armee forderte zudem Anwohner der Stadt Chan Junis im Süden des Küstengebiets wegen eines bevorstehenden "beispiellosen Angriffs" auf, von dort zu fliehen. Das israelische Militär will in dem Gebiet eigenen Angaben nach gegen Terrororganisationen vorgehen. Chan Junis ist die zweitgrößten Stadt im Gazastreifen. Ein Armeesprecher teilte mit, das Militär wolle die Zivilbevölkerung zu ihrer Sicherheit aus Gefahrenzonen herausholen. Die Notlage der Menschen nach mehr als anderthalb Jahren Krieg dürfte sich weiter verschlimmern.

Der Gaza-Krieg hatte im Oktober 2023 mit einem Terrorangriff der Hamas auf Israel begonnen. Etwa 1.200 Menschen wurden dabei getötet und etwa 250 entführt wurden. In dem Krieg wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 53.300 Palästinenser im Gazastreifen getötet. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten und lässt sich unabhängig kaum überprüfen. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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