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Die Menschen im zerstörten Gazastreifen sind weiter auf humanitäre Hilfe angewiesen. (Archivbild)
Die Menschen im zerstörten Gazastreifen sind weiter auf humanitäre Hilfe angewiesen. (Archivbild) Bild: Abed Rahim Khatib/dpa
Welt

UN-Palästinenserhilfswerk setzt Arbeit trotz Verbots fort

Millionen Palästinenser sind auf das UN-Hilfswerk UNRWA angewiesen. Israel sieht es als Hort des Terrors und setzt ein Arbeitsverbot in Kraft. UNRWA macht vorerst dennoch weiter. Doch wie lange noch?

Gaza/Jerusalem/New York.

Nach dem Inkrafttreten eines Arbeitsverbots in Israel für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA ist die künftige Versorgung der notleidenden Bevölkerung im zerstörten Gazastreifen infrage gestellt. Vorerst setzt die UN-Organisation ihre Tätigkeit trotz Israels Verbot jedoch fort. Die Hilfe in Gaza gehe weiter, sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric. Auch Kliniken von UNRWA im gesamten besetzten Westjordanland sowie in Ost-Jerusalem seien weiterhin geöffnet. 

Nach dem Willen Israels hätte UNRWA die Arbeit am Donnerstag einstellen müssen. Israel wirft dem UN-Palästinenserhilfswerk vor, dass einige Mitarbeiter an Terroraktivitäten der Hamas beteiligt gewesen seien. Israels Parlament hatte als Konsequenz ein Arbeitsverbot auf israelischem Staatsgebiet verhängt. Ein weiteres Gesetz untersagt israelischen Behörden jeglichen Kontakt mit UNRWA. Weil Israel alle Zugänge zu den besetzten Gebieten kontrolliert, wird befürchtet, dass es für das Hilfswerk schwierig bis unmöglich werden könnte, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen und im Westjordanland weiter zu versorgen. 

Israel hat ein Arbeitsverbot für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA in Kraft gesetzt.
Israel hat ein Arbeitsverbot für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA in Kraft gesetzt. Bild: Abed Rahim Khatib/dpa

Noch habe man Vorräte für mehrere Wochen im Gazastreifen gelagert, zitierte die "New York Times" Sam Rose, für den Einsatz in dem abgeriegelten Küstenstreifen zuständiger UNRWA-Direktor. Israel könnte dem Hilfswerk auch gestatten, Tausende Lastwagenladungen, die sich bereits in Israel befinden, umzuladen, obwohl dies technisch gesehen gegen das Arbeitsverbot verstoßen könnte, zitierte die Zeitung drei namentlich nicht genannte israelische Beamte. 

Die größte Herausforderung für UNRWA werde in einigen Wochen anstehen, wenn die Hilfslieferungen zur Neige gehen und die ausländischen Mitarbeiter des Hilfswerks abgezogen werden müssen, hieß es. Aufgrund des Arbeitsverbots könne es unmöglich sein, die Genehmigung für die Einfuhr zusätzlicher Hilfsgüter zu erhalten und Visa für die Mitarbeiter zu beantragen. Der einzige Zugang nach Gaza auf dem Landweg erfolgt derzeit über Israel.

UNRWA-Chef Lazzarini warnte vor Folgen für die Waffenruhe in Gaza durch Israels Arbeitsverbot. (Archivbild)
UNRWA-Chef Lazzarini warnte vor Folgen für die Waffenruhe in Gaza durch Israels Arbeitsverbot. (Archivbild) Bild: Bernd von Jutrczenka/dpa

Etwa zwei Dutzend internationale Mitarbeitende des Hilfswerks seien wegen auslaufender Visa bereits nach Jordanien ausgereist, sagte Dujarric in New York. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini hatte kürzlich auf der Plattform X davor gewarnt, das Arbeitsverbot durch Israel könne die momentan in Gaza geltende Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas "sabotieren", ohne dies näher zu erläutern. Auch im UN-Weltsicherheitsrat in New York warnte Lazzarini mit eindringlichen Worten: "Auf dem Spiel stehen das Schicksal von Millionen von Palästinensern, der Waffenstillstand und die Aussichten auf eine politische Lösung, die dauerhaften Frieden und Sicherheit bringt." 

Israels Regierung will einen Ersatz für UNRWA, doch den gibt es bislang nicht. Andere Hilfsorganisationen sind in hohem Maße auf das Verteilungsnetz von UNRWA angewiesen, einschließlich seiner Lastwagen, Lagerhäuser, Mitarbeiter und Verteilungsstellen. UNRWA sei "unersetzlich für das Überleben der Zivilisten", sagte der Sprecher des UN-Nothilfebüros OCHA, Jens Laerke.

Der Wiederaufbau des Gazastreifens könnte nach Einschätzung des US-Sonderbotschafters für den Nahen Osten, Steve Witkoff, zwischen zehn und 15 Jahren dauern. Nach fast 16 Monaten Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas sei von der Infrastruktur in dem abgeriegelten Küstenstreifen am Mittelmeer "fast nichts mehr übrig", sagte Witkoff der US-Nachrichtenseite "Axios". Er hatte am Mittwoch den Gazastreifen besucht, um sich am Boden und aus der Luft ein Bild von dem Kriegsgebiet zu machen. 

Der Gazastreifen ist nach Einschätzung des US-Nahost-Gesandten Witkoff unbewohnbar. (Archivbild)
Der Gazastreifen ist nach Einschätzung des US-Nahost-Gesandten Witkoff unbewohnbar. (Archivbild) Bild: Matt Rourke/AP/dpa

Allein der Abriss und die Beseitigung der Trümmer werde fünf Jahre in Anspruch nehmen, sagte Witkoff, der vor seiner Ernennung zum Nahost-Gesandten des US-Präsidenten Donald Trump als Immobilieninvestor tätig war. Die Bewertung der möglichen Auswirkungen der vielen von der Hamas angelegten Tunnel unter Gaza auf den Bau neuer Fundamente könne weitere Jahre dauern. Die unterirdischen Tunnel erstrecken sich Berichten zufolge über Hunderte Kilometer. Sie dienen der Hamas als Rückzugs- und Lagerräume.

Er habe mit Trump nicht über dessen Idee gesprochen, Palästinenser aus dem Gazastreifen nach Ägypten und Jordanien umzusiedeln, während das Gebiet wiederaufgebaut wird, sagte Witkoff. Nach dem, was er bei seinem Besuch gesehen habe, sei der Küstenstreifen "unbewohnbar". Hinzu kämen die vielen nicht explodierten Sprengkörper. Es sei gefährlich, sich in Gaza zu bewegen. Die beiden arabischen Staaten hatten Trumps Idee abgelehnt und erklärt, sie würden sich nicht an einer Umsiedlung von Bewohnern aus Gazas beteiligen.

Witkoff verließ Israel am Donnerstag, wenige Stunden nachdem die Hamas acht weitere israelische Geiseln freigelassen hatte. Israel entließ im Gegenzug 110 palästinensische Häftlinge, darunter mindestens 30 wegen Mordes Verurteilte. Einige der freigelassenen Häftlinge wurden Berichten zufolge in den Gazastreifen gebracht. Mehrere sollen im Rahmen des Abkommens wegen der Schwere ihrer Straftaten ins Ausland gebracht werden. Aus Empörung über chaotische Szenen bei der Geisel-Freilassung in Chan Junis im Süden Gazas hatte Israels Regierung die Freilassung der Häftlinge zunächst aufgeschoben. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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