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Wahlwiederholung in Rumänien - Rechtspopulist ist Favorit

Liberale Rumänen bangen um die Demokratie: Favorit bei dieser Präsidentenwahl ist ein Politiker, der einen Kremlfreund an die Macht bringen will, dessen Kandidatur das Verfassungsgericht verboten hat.

Bukarest.

Für moderate Politiker und Wähler war der Ausgang der rumänischen Präsidentenwahl im vergangenen Jahr ein Schock. Völlig überraschend ging der rechtsextreme Kandidat und Kremlfreund Calin Georgescu als Sieger daraus hervor - dann wurde die erste Runde der Wahl aufgrund von Unregelmäßigkeiten annulliert. Nun wird die Abstimmung wiederholt. Wichtige Fragen und Antworten zur Wahl, ihrer Vorgeschichte und den Aussichten für das EU- und Nato-Land:

Warum wurde die erste Runde der Wahl im vorigen Jahr annulliert?

Bei dieser Wahl war der rechtsextreme Georgescu völlig überraschend auf Platz eins gekommen. Kein Meinungsforschungsinstitut hatte dies erwartet, nicht einmal die Nachwahl-Umfragen am Wahltag ließen auf das Ergebnis schließen. Georgescu hatte fast ausschließlich auf der Plattform Tiktok für sich geworben und danach behauptet, dafür "null" Geld dafür ausgegeben zu haben.

Ohne Georgescus Namen zu nennen, befand Rumäniens Verfassungsgericht, dass es im gesamten Wahlprozess Gesetzesverstöße gegeben habe. Der Wahlkampf und dessen Finanzierung seien intransparent verlaufen. Online-Wahlkampfmaterial sei regelwidrig nicht als solches gekennzeichnet gewesen. Dadurch sei die Chancengleichheit der Kandidaten beeinträchtigt worden sowie das Recht der Bürger auf korrekte Information. Dazu ermittelt inzwischen auch die Staatsanwaltschaft. 

Eine erneute Präsidentenkandidatur Georgescus hat das Verfassungsgericht später verboten. Das Wahlbüro hatte seine Entscheidung unter anderem damit begründet, dass Georgescu demokratische Grundwerte nicht anerkenne. 

Ist Georgescu damit aus Rumäniens Politik verschwunden?

Nein. Und das liegt an dem Kandidaten, der nun bei der Wahlwiederholung laut Umfragen die besten Aussichten auf einen Erfolg hat: Rechtspopulist George Simion. Er wirbt mit Sympathiebekundungen für Georgescu und hat als Ziel erklärt, Georgescu im Falle seines Wahlsiegs "Gerechtigkeit" widerfahren zu lassen.

Der Kremlfreund Calin Georgescu darf nicht erneut für das Präsidentenamt kandidieren, hat aber noch viele Anhänger, die andere Extremisten für sich gewinnen wollen. (Archivbild)
Der Kremlfreund Calin Georgescu darf nicht erneut für das Präsidentenamt kandidieren, hat aber noch viele Anhänger, die andere Extremisten für sich gewinnen wollen. (Archivbild) Bild: Vadim Ghirda/AP/dpa

Simion schloss nicht aus, Georgescu ins Amt des Ministerpräsidenten zu verhelfen. Simion und seine Anhänger haben in den letzten Monaten stets verlangt, dass die Annullierung der Wahl des letzten Jahres rückgängig gemacht werden solle, damit Georgescu antreten könne. 

Der Präsident bestimmt in Rumänien die Richtlinien der Außen- und Sicherheitspolitik, ist Oberbefehlshaber der Armee und an der Kontrolle der Geheimdienste beteiligt.

Ist Simion also auch ein Russlandfreund? 

Im EU-Parlament gehört seine Partei AUR der russlandkritischen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) an, in der etwa auch die ultrarechte Partei von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vertreten ist. Vor diesem Hintergrund hatte Simion seinen früher allgemein radikaleren Ton im vergangenen Jahr gemäßigt. 

Diese Mäßigung betrachtet Simion Beobachtern zufolge mittlerweile als Fehler, weil er bei der Präsidentenwahl 2024 schlecht abgeschnitten hatte. Georgescus Erfolg hatte sogar Simion und AUR überrascht. 

Wofür steht seine Partei sonst noch? 

AUR steht für eine ultra-nationalistische, antiliberale, autoritäre, pro-klerikale Politik. Russland ist hierbei Inspirationsquelle.

Vertreter von AUR und den daraus hervorgegangenen, ebenfalls im Parlament vertretenen kleineren Parteien S.O.S. Romania und POT bekundeten immer wieder ihre Sympathie für die rumänischen Faschisten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, bekannt als "Legionäre". POT vertritt vor allem die jungen, gebildeten, beruflich erfolgreichen Rumänen und nennt als wichtigsten Programmpunkt die Unterstützung für Georgescu. 

Warum sind in Rumänien die radikalen Rechten erstarkt?

Simions Partei AUR wurde 2019 gegründet und erstarkte dank massiver Propaganda gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, mit Unterstützung zahlreicher Würdenträger der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, zu der sich mehr als 80 Prozent der Rumänen bekennen. Bereits im Dezember 2020 zog sie ins Parlament ein. 

Womit hat Georgescu seine Anhänger begeistert?

Der bis Herbst 2024 kaum bekannte Georgescu hat eine Mischung aus extremem Nationalismus, Faschismus, Esoterik und Öko-Gedanken geboten - also für ein breitgefächertes Publikum. Ein Volkstribun etwa in vollen Sälen oder Stadien war er aber bisher nicht, im direkten Kontakt mit Menschenmassen fühlte er sich sichtlich unwohl. Er sprach vor allem per Video online aus seinem Wohnzimmer oder allenfalls in Studios ihm freundlich gesonnener TV-Sender.

Diese Taktik scheint auch Simion zuletzt kopiert zu haben. Den letzten drei großen TV-Debatten mit den Präsidentenkandidaten in demokratisch ausgerichteten Sendern mit großer Reichweite blieb er demonstrativ fern - mit dem Argument, dass solche Auftritte nur Georgescu zustünden. Stattdessen verschickte Simion personalisierte Briefe an Millionen Rentner. 

Georgescu selbst machte keine Angaben dazu, welchen Präsidentenkandidaten er unterstützt.

Wer sind Simions wichtigste Gegenkandidaten?

Der erste Wahlgang dürfte für keinen Kandidaten eine absolute Mehrheit bringen, so dass die Entscheidung bei einer Stichwahl am 18. Mai fallen dürfte.

Crin Antonescu, der von 2009 bis 2014 Präsident der Nationalliberalen Partei (PNL) war, könnte in die Stichwahl mit Simion kommen. Er tritt als Kandidat der PNL und der sozialdemokratischen PSD an, die in Bukarest gemeinsam regieren. PNL gehört zum europäischen Dachverband EVP, wie die deutschen Unionsparteien. Antonescu war entschiedener Gegner des Antikorruptionskurses des früheren Präsidenten Traian Basescu (2004-2014), vertritt bisweilen rechtspopulistische Positionen und hat Sympathien für US-Präsident Donald Trump. Angelastet wird ihm, dass er in den letzten zehn Jahren ohne berufliche oder politische Tätigkeit mit seiner Frau, der früheren EU-Kommissarin Adina Valean, in Brüssel gelebt hat.

Crin Antonescu kandidiert für das Amt des Staatspräsidenten in Rumänien, unterstützt von der bürgerlich-sozialdemokratischen Regierungskoalition. (Archivbild)
Crin Antonescu kandidiert für das Amt des Staatspräsidenten in Rumänien, unterstützt von der bürgerlich-sozialdemokratischen Regierungskoalition. (Archivbild) Bild: picture alliance / dpa

Chancen hat zudem der parteilose Bürgermeister von Bukarest, Nicusor Dan. Er war Gründer der grün-konservativen Partei USR, trat aber wegen deren zu liberaler Haltung in Fragen nicht-heterosexueller Lebensformen aus. Kritisiert wurde, dass einer seiner Berater russlandfreundliche Haltungen habe - Dan distanzierte sich von diesen Positionen. 

Als nicht ausgeschlossen gilt zudem eine Endrunde mit dem parteilosen Victor Ponta, Vorsitzender der Sozialdemokraten von 2010 bis 2015. Ponta rühmt sich guter Beziehungen zu Trump und gilt politisch als unberechenbar. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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