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Alle Länder sollen künftig geordnet Zugang zu Pandemiematerial bekommen. (Archivbild)
Alle Länder sollen künftig geordnet Zugang zu Pandemiematerial bekommen. (Archivbild) Bild: Frank Rumpenhorst/dpa
Welt
WHO-Pandemievertrag soll künftiges Chaos verhindern

Chaotische Zustände wie bei der Corona-Pandemie sollen sich nicht wiederholen. Mehr als 190 Länder sind nun umfangreiche Verpflichtungen eingegangen. Aber einige Details sind noch offen.

Genf.

Nie wieder soll die Welt bei einer großen Gesundheitsnotlage wie der Corona-Pandemie in ähnliche Panik verfallen. Deshalb haben sich die Mitgliedsländer der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf einen Pandemievertrag geeinigt. Er soll chaotische Zustände bei der Beschaffung von Schutzmaterial und die ungerechte Verteilung der Impfstoffe verhindern. Der Vertrag soll im Mai bei der WHO-Jahrestagung verabschiedet werden und tritt erst in Kraft, wenn 60 Länder ihn ratifiziert haben. Weil in Unterpunkten noch verhandelt werden müsste, dürfte das noch mindestens zwei Jahre dauern.

Prävention gestärkt

Ebenso wie WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus sprach der amtierende Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) von einer historischen Einigung. Der Vertrag regelt den schnellen Austausch von DNA-Sequenzen neuer Erreger. Damit steige die "Wahrscheinlichkeit, dass ein lokaler Ausbruch nie zu einer Pandemie wird", sagte Lauterbach. 

Die EU sieht die "Kapazitäten für die Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion sowie zur Entwicklung neuer medizinischer Gegenmaßnahmen gestärkt", wie der EU-Kommissar für Gesundheit, Olivér Várhelyi, mitteilte. "Die Weltgemeinschaft setzt damit auch ein wichtiges Zeichen für Solidarität und Multilateralismus – und gegen den Trend zu Alleingang, Egoismus und Rückzug ins Schneckenhaus", so die amtierende Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD).

Den Europäern war Prävention ein besonderes Anliegen, damit sich tödliche Erreger möglichst gar nicht ausbreiten können. Eine neue Pandemie sei nur eine Frage der Zeit, warnt die WHO. Die Gefahr wächst, weil Menschen sich in Gebieten ausbreiten, die der Tierwelt vorbehalten waren und durch den Kontakt Erreger von Tieren sich an Menschen gewöhnen können. Auch der Klimawandel mit Hitze und Überschwemmungen begünstigt die Ausbreitung von Insekten und Erregern.

Warum ein Vertrag nötig ist

Bei Corona hat jedes Land panikartig reagiert und zunächst ohne Rücksicht auf andere seine Interessen durchgesetzt. Regierungen haben sich gegenseitig Schutzmaterial streitig gemacht und als der Impfstoff da war, haben viele Länder ihn gehortet. Den Kürzeren zogen immer die schwächsten Länder. Während in Europa teils schon die dritte Impfung verabreicht wurde, warteten in anderen Ländern Menschen noch auf den ersten Impfstoff. 

Medizinisches Personal soll bei einer Pandemie weltweit als Erstes versorgt werden (Archivbild)
Medizinisches Personal soll bei einer Pandemie weltweit als Erstes versorgt werden (Archivbild) Bild: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

Was die Corona-Pandemie angerichtet hat

Das bis dahin unbekannte Virus Sars-CoV-2 breitete sich ab Ende 2019 von China innerhalb von Wochen weltweit aus. Direkt auf eine Infektion werden weltweit mindestens sieben Millionen Todesfälle zurückgeführt. Zusammen mit indirekten Folgen dürften es nach Schätzungen gut 36 Millionen Tote gewesen sein: Menschen, die wegen der Pandemie keinen Arzt aufsuchen konnten oder deren Behandlung im Krankenhaus verschoben wurde etwa. Weltweit brach die Wirtschaft ein, Millionen Kleinunternehmer gingen Konkurs

Was mit dem Vertrag anders wird 

Prävention: Länder verpflichten sich, ihre Gesundheitssysteme und die Überwachung des Tierreichs so zu stärken, dass Krankheitsausbrüche schnell entdeckt und möglichst im Keim erstickt werden. 

Lieferketten: Alle Länder sollen Zugriff auf Schutzmaterial, Medikamente und Impfstoff haben. Gesundheitspersonal soll zuerst versorgt werden.

Technologietransfer: Pharmafirmen sollen ihr Know-how teilen, damit auch in anderen Ländern Medikamente und Impfstoffe produziert werden können.

Forschung und Entwicklung: DNA-Sequenzen von Pathogenen sollen für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen frei zur Verfügung gestellt werden. Im Gegenzug sollen Pharmaunternehmen der WHO zehn Prozent ihrer Produktion zur Verteilung in ärmeren Ländern spenden und weitere zehn Prozent zu günstigen Preisen abgeben (Pabs-System). Die Modalitäten müssen noch ausgehandelt werden. Das soll in einen Anhang zum Vertrag.

Die Pharmaindustrie pocht auf freiwillige Beteiligung der Firmen an jeglichen Absprachen. (Archivbild)
Die Pharmaindustrie pocht auf freiwillige Beteiligung der Firmen an jeglichen Absprachen. (Archivbild) Bild: Till Simon Nagel/dpa-tmn

Welche Kompromisse nötig waren

Dies ist aus Verhandlungskreisen zu hören: Die afrikanischen Länder hätten gerne strengere Auflagen im Pabs-System durchgesetzt, ebenso bessere Zusagen für den Technologietransfer und klarere Zusagen für Finanzierungshilfen zur Stärkung der Gesundheitssysteme. Europäische Verhandler hätten gerne stärkere Auflagen bei der Prävention gehabt. 

Die Verschwörungstheorien

Gegen die WHO und den Vertrag laufen seit langem Kampagnen, vor allem in sozialen Netzwerken. Kolportiert wird, die WHO könne bei der nächsten Pandemie Zwangsmaßnahmen anordnen. Auch die sehr konservative Schweizer Wochenzeitung "Weltwoche" haut in die Kerbe: "Die WHO würde mit dem neuen Vertragswerk faktisch zur mächtigsten Behörde der Welt, zu einer Behörde, die über den Ausnahmezustand entscheidet", schreibt sie. 

Das ist nicht der Fall. In Artikel 24 steht ausdrücklich, dass die WHO oder ihr Generaldirektor keine innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder Maßnahmen anordnen können. Sie kann keine Reisebeschränkungen verhängen, Impfungen erzwingen oder Lockdowns anordnen, steht explizit im Text. Der Vertrag gilt nur in Ländern, die ihn ratifizieren. Es sind keine Strafmaßnahmen vorgesehen, wenn ein Land seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Wie die Pharmaindustrie reagiert

Sie pocht darauf, dass der Patentschutz nicht gelockert wird. Sonst lohnten sich risikoreiche Investitionen in die Forschung nicht mehr, sagt der Generaldirektor des Verbands der Pharmahersteller, IFPMA, David Reddy. Die Beteiligung von Firmen an jeglichen Abmachungen müssten freiwillig sein. 

Die WHO kann auch weiterhin keinen Impfzwang anordnen. (Archivbild)
Die WHO kann auch weiterhin keinen Impfzwang anordnen. (Archivbild) Bild: Annette Riedl/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa

Die Rolle der USA

Die USA sind außen vor. Mit dem Amtsantritt von Donald Trump haben sie sich an den Verhandlungen nicht mehr beteiligt. Trump hat ohnehin den Austritt aus der WHO verkündet, der im Januar 2026 wirksam wird. Auch Argentinien hat den Austritt erklärt und im Verhandlungsausschuss zu Protokoll gegeben, dass es sich dem Konsens über den Text nicht anschließt. Noch hat die WHO 194 Mitgliedsländer. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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