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Zweikampf bei Niederlande-Wahl – Wilders ohne Machtoption

So spannend war eine Wahl in den Niederlanden selten. Wer macht das Rennen? Der linksliberale Jetten liegt vor dem Rechtspopulisten Wilders. Ein Generationen- und Politikwechsel könnte bevorstehen.

Den Haag.

Nach der Parlamentswahl in den Niederlanden ist noch immer unentschieden, wer das Rennen gemacht hat. Die linksliberale D66 liegt Hochrechnungen zufolge leicht vor der Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders. In der Führung des Landes zeichnet sich ein Generationen- und Politikwechsel ab.

Traditionell darf die Partei mit den meisten Stimmen auch als erste versuchen, eine Koalition zu bilden. Doch in diesem Fall ist das Wahlergebnis allein nicht entscheidend. Denn alle großen Parteien haben eine Zusammenarbeit mit Wilders ausgeschlossen. Beste Aussichten für das Amt des Regierungschefs hat deswegen der 38 Jahre alte Spitzenkandidat der D66, Rob Jetten.

Amsterdam verschafft Jetten Vorsprung

Erst sah es so aus, als würde Wilders (62) mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) auf den zweiten Platz zurückfallen – doch dann holte seine Anti-Islam-Partei in den Hochrechnungen auf. Nach Auszählung der Stimmen der Hauptstadt Amsterdam liegt nun wieder die linksliberale D66 mit mehr als 15.000 Stimmen vorn.

Beide Parteien liegen aber so dicht beieinander wie noch nie in der Landesgeschichte. Nach Auszählung von rund 99 Prozent der Stimmen kommen beide auf je 26 der 150 Sitze im Parlament.

Nach Angaben des Wahldienstes der Nachrichtenagentur ANP sind noch nicht alle Stimmen ausgezählt. In der Stadt Venray im Osten des Landes war die Auszählung wegen eines kurzen Brandes im Rathaus abgebrochen worden. Die Briefwahlstimmen werden möglicherweise erst nach dem Wochenende ausgezählt sein. Wann das vorläufige Endergebnis vorliegen wird, ist unklar.

Rechtsradikale Parteien insgesamt legen zu

Für Wilders ist das bisherige Ergebnis ein deutlicher Verlust gegenüber der Parlamentswahl vor zwei Jahren: Damals hatte seine Partei für die Freiheit 37 Sitze verbucht.

Doch das heißt nicht, dass sich die niederländischen Wählerinnen und Wähler von den radikal rechten Parteien insgesamt abgewandt hätten. Andere Parteien am rechten Rand legten dafür zu: Die Partei Forum für Demokratie, die als noch radikaler als Wilders eingeschätzt wird, konnte die Zahl ihrer Mandate auf sieben mehr als verdoppeln. Die rechtspopulistische Partei JA21 steigerte sich sogar von nur einem auf neun Sitze.

Linksliberaler Jetten könnte Regierungschef werden

Als große Wahlgewinnerin gilt aber die linksliberale D66, weil sie sich von neun auf 26 Sitze steigern konnte, ein Plus von 17. Die Partei ist proeuropäisch und steht für eine ambitionierte Klimapolitik, doch vertritt sie keineswegs auf allen Politikfeldern klassisch linke Positionen: Im Sozial- und Gesundheitsbereich strebt sie Einsparungen ein, auch um die steigenden Verteidigungskosten auszugleichen. Spitzenkandidat Jetten will außerdem strengere Regeln bei der Zulassung von Asylsuchenden und Arbeitsmigranten.

Jetten wird auch der unerwartete Erfolg von D66 zugeschrieben. Bei Fernsehdebatten hatte er durchweg gepunktet und dynamisch und gut gelaunt gewirkt. Der 38-Jährige gilt nun als Favorit für das Amt des Ministerpräsidenten – er wäre der jüngste der niederländischen Geschichte.

Wilders bedauerte die Verluste, sah es aber nicht als Fehler, dass er die letzte Regierung schon nach weniger als einem Jahr wieder verlassen hatte. Er habe damit "Rückgrat bewiesen", sagte er am Wahlabend, weil seine drei Koalitionspartner die Vereinbarungen zur Asylpolitik nicht umgesetzt hätten.

Zersplitterung der Parteienlandschaft setzt sich fort

Nach der jüngsten Hochrechnung kann die rechtsliberale derzeitige Regierungspartei VVD mit 22 Sitzen im Parlament rechnen. Das rot-grüne Bündnis GroenLinks-PvdA bekommt demnach 20 Mandate, ihr Spitzenkandidat Frans Timmermans kündigte umgehend seinen Rücktritt an. Dahinter folgen die Christdemokraten mit 18 Sitzen. Insgesamt dürften 15 Parteien in das Parlament in Den Haag einziehen. In den Niederlanden gibt es keine Fünf-Prozent-Hürde.

Die Wahl in den Niederlanden war nach dem vorzeitigen Aus der Koalition im Juni dieses Jahres nötig geworden. Diese Regierung aus vier Parteien galt als die am weitesten rechts stehende der niederländischen Geschichte.

Um die Koalition zu ermöglichen, hatte Wilders auf das Amt des Ministerpräsidenten verzichtet. Das übernahm stattdessen der parteilose frühere Spitzenbeamte Dick Schoof. Nach elf Monaten aber forcierte Wilders den Bruch. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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