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Das Gastgewerbe kämpft mit schlechten Umsätzen, Personalproblemen und steigenden Preisen.
Das Gastgewerbe kämpft mit schlechten Umsätzen, Personalproblemen und steigenden Preisen. Bild: Peter Kneffel/dpa
Wirtschaft
09.10.2024

Fachkräftemangel und Umsatzflaute belasten Gastgewerbe

Die Corona-Pandemie bescherte Hotel, Restaurants und Cafés schwierige Zeiten. Anschließend wurde es nicht besser. Die Branche kämpft mit Personalproblemen, sparsamen Gästen und gestiegenen Preisen.

Berlin/Köln.

Einige Gastronomie-Betriebe in Deutschland machen es schon. Sie setzen Roboter ein, zum Beispiel in der Küche - für einzelne Zubereitungsschritte bis zum Zusammenstellen von Gerichten wie Pasta-Speisen oder Currys. Das gab der Branchenverband Dehoga kürzlich bekannt. Kochroboter hätten künftig sicher mehr Potenzial, hieß es. Auch McDonalds will künstliche Intelligenz stärker in ihre Arbeitsabläufe integrieren. An mehr als 100 Standorten in den USA will die Schnellrestaurantkette testweise Sprach-Bestellungen von KI annehmen lassen. 

Not macht erfinderisch. Um zu sehen, wie groß der Bedarf ist, muss man in Deutschland nicht lange suchen. "Personal gesucht" - bundesweit zieren Aushänge Türen und Fenster von Restaurants und Cafés. Laut einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung des Instituts der deutschen Wirtschaft hat sich die Fachkräftelücke in Hotel- und Gaststättenberufen zwischen Juni 2023 und Juni 2024 fast halbiert. Das heißt aber nicht, dass es genug Personal gibt. Ganz im Gegenteil. Die Betriebe suchen weiterhin, nur eben weniger Fachkräfte.

Die Personalsituation sei "prekär", sagt der Referatsleiter Gastgewerbe der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Mark Baumeister. Bedingt durch Zeitdruck, niedrige Einkommen und massive Mehrarbeit falle es der Branche schwer, Fachkräfte oder Auszubildende zu gewinnen,

Anteil ungelernter Mitarbeiter deutlich gestiegen

Weil viele Hotels, Restaurants und Cafés keine qualifizierten Beschäftigten finden und die wirtschaftliche Lage schlecht ist, werden Stellen vielfach nicht mehr ausgeschrieben. Betriebe passen Leistung und Öffnungszeiten an und setzen stärker auf Ungelernte als auf Fachkräfte. Für Kunden kann sich das spürbar auswirken. Ob Weinempfehlungen oder die korrekte Bedienung am Tisch - so etwas finde bei angelernten Kräften kaum statt, sagt Baumeister. In der Küche steige der Einsatz von Fertiggerichten, das Angebot werde eingeschränkt, Saisonkarten fielen weg. Im Hotel entfalle die fachgerechte Beratung der Gäste, es gebe weniger Begleitung und Unterstützung im Bankett- und Tagungsbereich.

Die Gründe für die Entwicklung liegen auch in der Coronazeit. Das Gastgewerbe war einer der Wirtschaftszweige, die am stärksten von der Pandemie betroffen war. Viele Fachkräfte orientierten sich im Zuge dessen in andere Berufe oder Branchen um. In den Jahren 2020 und 2021 sank die Zahl der Beschäftigten laut Gewerkschaft um 330.000. Im darauffolgenden Jahr sei sie zwar wider um 224.000 gestiegen. Zwei Drittel davon waren allerdings Minijobber, also Ungelernte. 

Jeder vierte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Gastgewerbe hat der Branche während der Pandemie den Rücken gekehrt
Jeder vierte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Gastgewerbe hat der Branche während der Pandemie den Rücken gekehrt Bild: Annette Riedl/dpa

Zwei Jahre nach der Pandemie kommt die Branche nicht auf die Beine. Die Unternehmen kämpfen nicht nur mit Personalproblemen. Die Kunden sparten zuletzt vielfach auch bei der Nutzung gastronomischer Angebote, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigt. Jeder Dritte gibt an, dabei in den vergangenen Jahren stärker auf den Preis geachtet zu haben. Das war mehr als in anderen Bereichen wie Tickets für Kino oder Konzerte, Möbel und Elektronik.

Laut einer Dehoga-Verbandsumfrage setzten die Hoteliers und Gastronomen im ersten Halbjahr 2024 trotz gestiegener Preise nominal knapp 11 Prozent weniger um als im Vorjahreszeitraum. Der Gewinn brach demnach sogar um 22 Prozent ein. Die Fußball-EM brachte nicht den erhofften Aufschwung. "Trotz größter Anstrengungen wird es für unsere Betriebe immer schwerer, wirtschaftlich zu arbeiten. Wenn sich nichts ändert, stehen weitere Tausende Betriebe vor dem Aus", sagt Dehoga-Präsident Guido Zöllick. 

Viele Betriebe sorgen sich um Liquidität

Laut einer kürzlich veröffentlichten DIHK-Konjunkturumfrage sorgen sich 29 Prozent der Unternehmen in der Gastronomie um ihre Liquidität. Die Zahl der Insolvenzen in der Branche ist im vergangenen Jahr mit 27 Prozent überdurchschnittlich gestiegen, wie die Wirtschaftsauskunftei Creditreform berichtete. 14.000 haben aufgegeben, etwa jedes zehnte Unternehmen. Wie schwierige die Lage ist, zeigt sich in der Rangliste der risikobehafteten Branchen, die Creditreform für das erste Halbjahr erstellt hat. Mit 447 gefährdeten Betrieben je 10.000 Unternehmen liegen Restaurants, Gaststätten, Imbissstuben, Cafés und Eissalons auf dem 8. Platz.

Das Gastgewerbe hadert auch nach wie vor mit der Mehrwertsteuererhöhung von 7 auf 19 Prozent zum Jahresanfang. Knapp 90 Prozent der Betriebe sahen sich laut Dehoga-Umfrage dadurch gezwungen, ihre Preise zu erhöhen. Zwei Drittel erlitten sinkende Umsätze und Gästezahlen. Nach den größten Herausforderungen gefragt, nennen die meisten Unternehmen neben der Anhebung der Steuer außerdem die steigenden Kosten für Lebensmittel und Getränke - und für Personal. 

Dehoga will Geflüchtete einbinden

Um die Personalengpässe auszugleichen, will das Gastgewerbe vermehrt auf ausländische Fachkräfte setzen und auch Geflüchtete stärker einbinden. "Es muss mehr getan werden, damit diejenigen Menschen aus dem Ausland, die bereits in Deutschland sind, möglichst mit Erwerbsarbeit ihren Lebensunterhalt bestreiten", sagt Dehoga-Geschäftsführerin Sandra Warden. Hier müssten größere Anreize geschaffen werden, in Deutschland zu arbeiten.

Ob Kochroboter eines Tages dazu beitragen können, die Branche zu entlasten? Viele Gäste schätzen der Dehoga zufolge die persönliche Gastfreundschaft. Das Gastgewerbe sei und bleibe geprägt von Menschen. 

Der Einsatz von Roboter hat dabei noch einen weiteren Haken: den Preis. Ein Exemplar kostet dem Verband zufolge meistens mehr als 10.000 Euro und übernehme letztendlich doch nur einfache "Läufer-Aufgaben". (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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