Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen
Wirtschaft
14.08.2024

Bund muss über Gasförderung vor Borkum entscheiden

Trotz anhaltender Kritik genehmigt Niedersachsen die geplante Förderung von Erdgas in der Nordsee vor Borkum. Aus Sicht von Aktivisten wird das Projekt jetzt zum Klima-Prüfstein für die Ampel.

Hannover/Borkum.

Die umstrittene Erdgasförderung vor der Nordseeinsel Borkum wird zu einem Fall für die Bundesregierung. Zwar erteilte das zuständige niedersächsische Landesamt dem niederländischen Energiekonzern One-Dyas eine auf 18 Jahre befristete Genehmigung. Allerdings bedarf es für die Bohrungen, die unter dem Meeresboden in deutsches Gebiet reichen, auch eines Abkommens zwischen Deutschland und den Niederlanden. Außerdem wollen Umweltverbände weiterhin rechtlich gegen das Projekt vorgehen.

Druck bekommt die Bundesregierung unter anderem von Fridays for Future und Greenpeace. Klimaaktivistin Luisa Neubauer sagte, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) müssten nun zeigen, ob sie "auf der Seite eines fossilen Klimaschmutzkonzerns oder auf der Seite der Menschen, Umwelt und Energiewende" stünden. 

Habeck will Gerichtsentscheidungen zum Gasprojekt abwarten

Wirtschaftsminister Habeck reagierte zurückhaltend auf die Genehmigung des niedersächsischen Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie und sagte, er wolle mögliche Gerichtsentscheidungen abwarten. "Das ist heute keine gerichtsfeste Entscheidung, sie wird sicherlich beklagt werden", sagte der Grünen-Politiker in Berlin. Erst wenn die relevanten Urteile gefallen seien, werde entschieden, ob das Abkommen zwischen Deutschland und den Niederlanden unterzeichnet werde. 

Es gehe um ein vergleichsweise kleines Gasfeld, sagte Habeck. "Es ist weniger als der Jahresbedarf des deutschen Gasverbrauchs, und das wird sich dann ja über Jahrzehnte strecken." Der Effekt auf Energiesicherheit oder Preise sei höchstens minimal. "Und es ist ein sehr, sehr sensibles ökologisches Gebiet", betonte Habeck. Der Nationalpark Wattenmeer sei "eine Perle in dem Naturschutz". Im Falle einer Gasförderung drohe das Unesco-Welterbe aberkannt zu werden.

Das Bundesumweltministerium hatte schon vor der Entscheidung des Landesamts erklärt, man sehe eine "Zementierung von fossilen Infrastrukturen" kritisch und eine mögliche Genehmigung "mit Blick auf den Meeresschutz mit Sorge".

Umweltverbände und Stadt Borkum protestieren

Ein Bündnis um die Deutsche Umwelthilfe kündigte an, alle rechtlichen Mittel gegen das Projekt auszuschöpfen. Die Partner hatten kürzlich vor dem Verwaltungsgericht in Oldenburg schon erreicht, dass ein Kabel zur Stromversorgung der Bohrinsel vorerst nicht verlegt werden darf. Auch die Stadt Borkum will rechtliche Schritte prüfen. 

Niederlande erwarten schnelle Einigung

Die Niederlande erwarten nun, dass das bilaterale Abkommen schnell unterzeichnet wird. Beide Länder hätten zunächst abgewartet, bis alle notwendigen Genehmigungen erteilt waren, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Den Haag. Da dies nun auch auf deutscher Seite der Fall, sei, könne das Verfahren dazu beginnen. Der Vertrag müsse spätestens am 1. Dezember fertig sein, damit noch in diesem Winter die Gasförderung starten könne.

Niedersachsen sieht finale Entscheidung beim Bund

Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sagte, die letzte Entscheidung liege beim Bund: "Das sind letztlich auch energie- und geostrategische Entscheidungen, die der Bund hier treffen muss." Der Umweltminister des Landes, Christian Meyer von den Grünen, sagte, aus Sicht des Klimaschutzes seien neue fossile Gas- oder Ölförderungen unnötig.

Das niedersächsische Landesamt hatte erklärt, mit der Genehmigung sei geregelt, dass die Förderung vorzeitig ende, sobald durch die Wärmewende in Deutschland kein Erdgas mehr als Energieträger benötigt wird. "Solange aber in Deutschland noch Erdgas verbraucht wird, gilt: Das aus heimischen Lagerstätten geförderte Erdgas ist erheblich weniger klimaschädlich als das importierte", sagte der Präsident der Behörde, Carsten Mühlenmeier.

Bis zu 13 Milliarden Kubikmeter Gas

Der Konzern One-Dyas will noch in diesem Jahr damit beginnen, vor den Inseln Borkum und Schiermonnikoog Erdgas zu fördern. Dazu soll eine Förderplattform auf niederländischem Gebiet rund 20 Kilometer nordwestlich von Borkum errichtet werden. Geplant sind Bohrungen, die in einer Tiefe von 1,5 bis 3,5 Kilometern schräg ins deutsche Gebiet abgelenkt werden. Die erwartete förderbare Menge Erdgas für das gesamte Vorhaben beläuft sich auf 4,5 bis 13 Milliarden Kubikmeter. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Bundesnetzagentur in Deutschland rund 81 Milliarden Kubikmeter Gas verbraucht. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
Das könnte Sie auch interessieren
16:14 Uhr
2 min.
Tischtennis: Westsachse qualifiziert sich für Landesranglistenturnier
In Döbeln wurde am Wochenende die Rangliste 1 des sächsischen Tischtennis-Verbandes ausgespielt.
Trotz einer Niederlage hat Johannes Faltermaier vom TTC Sachsenring Hohenstein-Ernstthal in Döbeln den ersten Platz belegt. Auch ein Talent des Vereins schaffte den Sprung auf das Podest.
Axel Franke
20.08.2024
2 min.
Scholz hält Gasförderung vor Borkum für wahrscheinlich
Bundeskanzler Scholz hält Gasbohrungen vor Borkum für wahrscheinlich. (Archivbild)
Die geplante Gasförderung in der deutschen Nordsee steht heftig in der Kritik. Aus Sicht des Bundeskanzlers führt kein Weg daran vorbei.
07:20 Uhr
4 min.
So diskutiert das Netz über die VW-Krise: „Den überheblichen Mitarbeitern gönne ich das sogar“
Mit Trillerpfeifen und Plakaten drückten die VW-Beschäftigten am Rande der Betriebsversammlung ihren Ärger über die Ankündigungen des Vorstands aus.
Der angekündigte Sparkurs beim Autobauer ist Gesprächsthema Nummer eins in der Region Zwickau. Aus vielen Kommentaren in den sozialen Medien sprechen Missgunst und Schadenfreude.
Johannes Pöhlandt
08.09.2024
8 min.
Sachsens mächtigster CDU-Mann neben Michael Kretschmer nach der Landtagswahl: Wie tickt Christian Hartmann?
Sachsens CDU-Chef und sein Stellvertreter: Ministerpräsident Michael Kretschmer (links) auf der Wahlparty der CDU am 1. September gemeinsam mit dem inzwischen wiedergewählten Fraktionschef Christian Hartmann.
Dem frisch wiedergewählten Landtagsfraktionschef kommt bei der schwierigen Regierungsbildung eine Schlüsselrolle in der Landes-CDU zu. Ist der Ortsvorsteher der bessere Parteiversteher?
Tino Moritz
15.08.2024
3 min.
Klimaschützer: Bund soll Gasprojekt vor Borkum stoppen
Die Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer sieht in dem Streit um das Gasprojekt vor Borkum eine Grundsatzfrage in der Klimakrise. (Archivbild)
Mehrere Umweltverbände wollen die geplante Gasförderung in der deutschen Nordsee noch verhindern - mit Klagen und politischem Druck. Vor allem einen grünen Minister sehen sie in der Pflicht.
16:15 Uhr
2 min.
ZHC Grubenlampe: Erstes Heimspiel wird zur Berg- und Talfahrt
Die Zwickauer Oberliga-Handballer um Dmytrij Dych (links) haben nach zwei Unentschieden zum Auftakt noch Luft nach oben.
Für die Zwickauer Oberliga-Handballer war gegen Zwenkau mehr als eine Punkteteilung drin. Der Trainer haderte wie schon zum Auftakt mit der Abwehrleistung seines Teams.
Reiner Thümmler
Mehr Artikel