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Bei Thyssenkrupp Steel in Duisburg soll eine neue Direktreduktionsanlage die Hochöfen 8 und 9 ersetzen. Die neue Anlage ist bereits in Bau. (Archivbild)
Bei Thyssenkrupp Steel in Duisburg soll eine neue Direktreduktionsanlage die Hochöfen 8 und 9 ersetzen. Die neue Anlage ist bereits in Bau. (Archivbild) Bild: Rolf Vennenbernd/dpa
Wirtschaft
Drei deutsche Hersteller setzen Umbau zu Grünstahl fort

ArcelorMittal will in Deutschland nun doch nicht investieren, um klimaschonenderen Stahl zu kochen. Und wie sieht es bei den anderen deutschen Herstellern aus?

Duisburg/Frankfurt/Main.

Anders als Konkurrent ArcelorMittal wollen die deutschen Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel, Salzgitter und die Stahl-Holding-Saar (SHS) ihre Projekte zur klimaschonenderen Produktion weiterverfolgen. "Wir halten an unserem Plan fest, die erste Direktreduktionsanlage in Duisburg fertigzustellen", teilte ein Sprecher von Thyssenkrupp Steel auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Man bewege sich mit dem Projekt jedoch "an der Grenze der Wirtschaftlichkeit". 

Salzgitter will seine drei kohlebefeuerten Hochöfen nach und nach durch Anlagen ersetzen, die zunächst mit Erdgas und später mit grünem Wasserstoff laufen. Daran halte das Unternehmen auch fest, betonte eine Firmensprecherin.

"Wir werden unseren eingeschlagenen Weg der Transformation hin zur Produktion von CO2-reduziertem Stahl fortsetzen", teilte auch eine SHS-Sprecherin mit. Zu SHS gehören die Stahlunternehmen Dillinger Hüttenwerke und Saarstahl

Der internationale Konzern ArcelorMittal hatte am Donnerstag bekanntgegeben, in seinen Werken in Bremen und Eisenhüttenstadt nun doch nicht auf eine Stahlproduktion ohne Einsatz von Kohle umstellen zu wollen. Dies wurde mit der fehlenden Wirtschaftlichkeit einer CO2-reduzierten Stahlproduktion begründet. ArcelorMittal verzichtet mit dem Projektausstieg auf 1,3 Milliarden Euro bereits genehmigte Fördermittel.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche zog zwei Erkenntnisse aus dieser Entscheidung. "Wir brauchen geringere Energiepreise", sagte die CDU-Politikerin bei einem Besuch in der US-Hauptstadt Washington. Die deutsche Stahlindustrie müsse wieder wettbewerbsfähig werden. Dafür seien auch Verhandlungen mit China unter anderem über "Dumping von billigem Stahl" nötig. Und: "Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Transformation zu grünem Stahl ein langer und auch teurer Weg ist." Die Gesetze zum Wasserstoff und auch der Einsatz müssten in Deutschland geprüft werden.

Projekte bei Thyssenkrupp, Salzgitter und SHS werden fortgesetzt

Beim größten deutschen Stahlproduzenten Thyssenkrupp Steel hat der Bau der neuen Anlage bereits begonnen. Das Unternehmen soll insgesamt rund zwei Milliarden Euro Fördergelder vom Bund und vom Land NRW dafür erhalten. Die Anlage zur klimaschonenderen Stahlproduktion soll bis 2030 zwei Hochöfen ersetzen. Sie soll zunächst mit Erdgas, später dann mit Wasserstoff betrieben werden. 

Eine Sprecherin der Salzgitter AG sagte, die Umsetzung der ersten Stufe des Umbaus sei "bereits sehr weit fortgeschritten und wird wie geplant weiter vorangetrieben". Beim drittgrößten deutschen Stahlkonzern läuft der Umbau seit Ende 2023. Die erste Anlage soll 2027 in Betrieb gehen. 

Salzgitter investiert mehr als zwei Milliarden Euro, davon eine Milliarde Euro, die Bund und Land zuschießen. Bis 2033 will das Unternehmen komplett auf grünen Stahl umstellen.

Die Entscheidung von ArcelorMittal, seine Umbaupläne in Bremen und Eisenhüttenstadt vorerst auf Eis zu legen, bezeichnete die Salzgitter-Sprecherin als deutliches Signal dafür, dass die Rahmenbedingungen für Transformationsprojekte verbessert werden müssten. Jetzt komme es darauf an, den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft zu intensivieren und die Strompreise auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu senken.

Im Saarland sollen eine Direktreduktionsanlage sowie Elektrolichtbogenöfen errichtet werden. Die Direktreduktionsanlage soll die Standorte Dillingen und Völklingen mit Eisenpellets versorgen, in den Elektrolichtbogenöfen entsteht daraus dann unter Beifügung von Schrott CO2-reduzierter Stahl.

Der Umbau auf eine "grüne Stahlproduktion" soll dort insgesamt rund 4,6 Milliarden Euro kosten. Davon wollen der Bund und das Saarland 2,6 Milliarden Euro übernehmen. Die Inbetriebnahme ist für 2028/29 geplant.

IG Metall hält Ausstieg von ArcelorMittal für kurzsichtig und falsch

Die IG Metall kritisierte ArcelorMittal scharf. "Diese Entscheidung ist strategisch kurzsichtig, unternehmerisch falsch und mit Blick auf die Beschäftigten wie auch auf die gesamtgesellschaftlichen Folgen in höchstem Maße unverantwortlich", sagte Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der Gewerkschaft.

Der klimaneutrale Umbau der Stahlindustrie sei ein Jahrhundertprojekt. Es gehe um die Zukunft von tausenden Arbeitsplätzen in Bremen und Eisenhüttenstadt. Die Beschäftigten hätten sich darauf eingelassen, die Politik stelle Förderungen in Milliardenhöhe bereit und der Strompreis bewege sich in die richtige Richtung. "Die Einzigen, die die Nerven verlieren und wackeln, sind die Manager von ArcelorMittal", kritisierte Kerner. Die Bundesregierung müsse umgehend einen Krisengipfel für die Stahlindustrie einberufen. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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