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Wirtschaft
Entlastung: Reiche kündigt Industriestrompreis ab 2026 an

Die deutsche Industrie beklagt im internationalen Vergleich hohe Energiepreise. Die Bundesregierung will nun eine angekündigte Maßnahme umsetzen.

Berlin.

Energieintensive Unternehmen in Deutschland sollen ab 2026 durch einen staatlich subventionierten Industriestrompreis entlastet werden. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sagte in Berlin: "Ich gehe davon aus, dass wir den Industriestrompreis zum 1. 1. 2026 einführen werden."

Reiche kündigte kurz vor dem "Stahlgipfel" bei Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Donnerstag eine weitere Entlastung für Unternehmen mit viel Stromverbrauch an. Dabei geht es um eine Verlängerung der sogenannten Strompreiskompensation. Die IG Metall warnte, ohne wettbewerbsfähige Energiepreise drohten Zehntausende Arbeitsplätze verloren zu gehen. 

Industriestrompreis soll 2026 kommen

Unternehmen in Deutschland klagen seit langem über im internationalen Vergleich hohe Strompreise. Firmen seien daher nicht wettbewerbsfähig. Ein Industriestrompreis ist seit Jahren in der politischen Debatte. Die Bundesregierung will nun handeln. Reiche sagte, man sei bei Verhandlungen mit der EU-Kommission in den letzten Zügen. Die Kommission muss zustimmen, weil es sich um eine Beihilfe handelt.

Reiche sagte bei einer Industriekonferenz mit anderen EU-Ministern zum Industriestrompreis, Haushaltsmittel sollten rückwirkend 2027 eingesetzt werden. Man habe mit der EU-Kommission vereinbart, dass Nachweise der Unternehmen, im Gegenzug für einen Industriestrompreis mehr in Effizienz zu investieren, so "bürokratiearm" wie möglich sein sollten.

Brüssel hatte im Juni generell grünes Licht für einen Industriestrompreis gegeben. Damals hieß es, erlaubt sei ein Nachlass von bis zu 50 Prozent auf den Großhandelsstrompreis, allerdings höchstens für die Hälfte des jährlichen Stromverbrauchs einer Firma. Subventionen dürften dazu nur für maximal drei Jahre pro Unternehmen gewährt werden und müssten bis spätestens Ende 2030 auslaufen.

Konkrete Ausgestaltung offen

Wie genau der Industriestrompreis aussehen soll, ist noch unklar. In einem früheren Papier des Ministeriums war von 5 Cent pro Kilowattstunde die Rede.

Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft von Anfang Oktober liegt der durchschnittliche Strompreis bei Neuabschlüssen für kleine und mittlere Industriebetriebe derzeit bei bis zu 18 Cent pro Kilowattstunde, Firmen mit einem höheren Verbrauch zahlen etwas weniger.

Wirtschaftsministerin Reiche: Verhandlungen mit der Kommission vor Abschluss. (Archivbild)
Wirtschaftsministerin Reiche: Verhandlungen mit der Kommission vor Abschluss. (Archivbild) Bild: Michael Kappeler/dpa

Die staatliche Förderung dürfte Milliarden kosten. Das Geld dafür könnte aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen, einem Sondertopf des Bundes. In dem Konzept einer Allianz um die bundeseigene Deutsche Energieagentur heißt es laut "Handelsblatt", ein Industriestrompreis von fünf Cent für rund 2.000 Unternehmen würde den Bund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr kosten.

Weitere Entlastung

Der Industriestrompreis sei ein wichtiger Baustein für die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlbranche, sagte Reiche mit Blick auf den "Stahlgipfel". Als noch wichtiger bezeichnete sie es, die sogenannte Strompreiskompensation über 2030 hinaus zu verlängern. Auch dazu gebe es gute Signale der Kommission. Man gehe davon aus, dass dies in den nächsten Wochen beschlossen werde.

Bei der Strompreiskompensation werden Firmen indirekt von Kosten des CO2-Emissionshandels entlastet. Bereits auf dem Weg sind zudem Entlastungen bei den Netzentgelten.

IG Metall und BDI begrüßen Industriestrompreis

"Es ist ein wichtiges Signal, dass sich die Wirtschaftsministerin klar zum Industriestrompreis bekennt und die kurzfristige Einführung in Aussicht stellt", sagte Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. Es gebe keine Alternative zum Industriestrompreis, wenn Deutschland Industrieland bleiben wolle. Der Industriestrompreis dürfe aber kein "Blankoscheck" sein, sondern müsse an Beschäftigungssicherung, Tarifbindung und Zukunftsinvestitionen gekoppelt werden.

Zustimmung kam auch vom Bundesverband der Deutschen Industrie. "Für besonders energieintensive Industrien ist jede schnelle Entlastung von den hohen Stromkosten essenziell, um kurzfristig international wettbewerbsfähig zu bleiben", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Holger Lösch.

Ein Industriestrompreis wäre ein wichtiges Signal an die energieintensiven Industrien in Deutschland. Enge Vorgaben der EU-Kommission schränkten aber die Entlastungswirkung erheblich ein. Über den Industriestrompreis hinaus seien strukturelle Reformen im Energiesystem nötig, um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern, mahnte Lösch.

Klingbeil fordert Ende aller Stahlimporte aus Russland

Am Donnerstag will Kanzler Merz mit Reiche, anderen Ministern sowie Vertretern der Stahlindustrie über die schwierige Lage der Branche beraten - die neben Billigimporten aus China und hohen Kosten für den Umbau hin zu einer klimafreundlicheren Stahlproduktion auch von hohen Energiepreisen belastet wird.

Die Stahlindustrie ist schwer unter Druck.
Die Stahlindustrie ist schwer unter Druck. Bild: Sebastian Kahnert/dpa

Vizekanzler Lars Klingbeil fordert härtere Maßnahmen gegen Russland. Es müsse schnell ein "vollständiges Ende aller Stahlimporte aus Russland geben", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. "Noch immer sind Stahlbrammen, die in Russland produziert und in der EU weiterverarbeitet werden, von Sanktionen ausgenommen." Stahlbrammen sind ein Vormaterial für Bleche und Bänder. Die EU-Kommission hatte Anfang Oktober Schutzmaßnahmen für die heimische Stahlindustrie angekündigt. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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