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Wirtschaft
Frachter-Untergang mit Tausenden VW-Autos - Wer zahlt?

Warum geriet das Autotransportschiff MS "Felicity Ace" im Februar 2022 in Brand? Und wer trägt dafür die Verantwortung? Das ist nun Thema vor Gericht. Die Ansichten gehen auseinander.

Braunschweig.

Tausende VW-Autos sanken im Februar 2022 mit dem Autofrachters MS "Felicity Ace" nach einem Brand. Nun soll geklärt werden: Wer kommt für den Verlust auf? Vor dem Landgericht Braunschweig hat dazu die Verhandlung einer Schadenersatzklage begonnen. 

Die Eigentümerin und Reederei des Schiffes sowie Versicherungen machen eine Lithium-Batterie eines Porsche Taycan für das Feuer verantwortlich. Die Batterie des Elektroautos soll sich an Bord des Schiffes aufgrund eines technischen Defektes selbst entzündet haben. Porsche und Volkswagen bestreiten das. "Volkswagen hält die Vorwürfe für unbegründet und wird sich energisch verteidigen", sagte ein Unternehmenssprecher. 

Was brannte zuerst? 

Die Klage richtet sich neben Porsche auch gegen die Volkswagen Konzernlogistik. Die Kläger fordern Schadenersatz im dreistelligen Millionenbereich - die genaue Höhe ist strittig. Auf Kläger-Seite steht unter anderem die japanische Reederei Mitsui O.S.K. Lines, die laut dem Vorsitzenden Richter sehr erfahren im Bereich Autotransporte ist. Ähnliche Verfahren laufen auch vor Gerichten in Stuttgart und Panama

Im Kern stellt sich unter anderem die Frage, ob ein Auto den Brand auslöste oder ob Autos durch ein Feuer in Brand geraten seien, sagte der Vorsitzende Richter Ingo Michael Groß. "Was ist Henne und was ist Ei?". Beide Seiten stritten sich dazu bereits zu Beginn der Verhandlung etwa darüber, auf welchem Schiffsdeck der Brand ausbrach und wie vertrauenswürdig bisherige Aussagen der Matrosen seien. 

Fraglich ist auch, wer welches Wissen hatte. "Wer hatte einen Wissensvorsprung?", fragte der Vorsitzende Richter. Dabei geht es darum, ob die Reederei bessere Sicherheitsvorkehrungen hätte treffen müssen. Oder ob Volkswagen die Reederei besser über mögliche Gefahren der Autos hätte informieren müssen. 

Die Volkswagen-Seite sagt, die Reederei sei über die Transportware und die Gefahren bestens informiert gewesen. Die Kläger verweisen unter anderem darauf, dass in den Porsche Taycans neuartige Batterien verbaut waren, auf die man nicht vorbereitet war. 

Autofrachter sank vor den Azoren 

Das Spezialschiff war auf dem Weg von Emden in die USA mit 3.928 Autos - größtenteils Neuwagen von VW-Marken wie Audi, Bentley, Lamborghini, Seat und eben Porsche. Darunter waren auch mehr als 100 Porsche-Elektroautos vom Typ Taycan. Auf Höhe der Azoren geriet es am 16. Februar 2022 in Brand, sechs Tage nach der Abfahrt in Emden. Verletzt wurde dabei niemand: Eine Stunde nach Erkennen des Feuers wurde das Schiff evakuiert. Einen halben Monat später sank es bei einem Abschleppversuch 150 Kilometer südlich der Azoren im Atlantik. 

Die Aktensammlung des Prozesses umfasst mehrere Tausend Seiten.
Die Aktensammlung des Prozesses umfasst mehrere Tausend Seiten. Bild: Maurice Dirker/dpa

Die beiden Parteien haben bis zum 8. Oktober Zeit für eine erste Stellungnahme. Anschließend sollen sie erneut mehrere Wochen Zeit bekommen, sich zu den unterschiedlichen Positionen zu äußern. Zeugen sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt gehört werden. Zuerst sollen Sachverständige zu Wort kommen. Das Schiff selbst kann nicht bei der Aufklärung des Falls helfen - es liegt auf mehr als 3.000 Metern Tiefe. 

Entscheidend dürfte daher werden, wie exakt es den Klägern gelingt, den vorgeworfenen technischen Defekt an dem Porsche Taycan zu erläutern. Die Hürden in dem Verfahren seien hoch, sagte der Vorsitzende Richter. Auch die Kläger-Seite räumte ein, dass das Risiko in dem Verfahren für sie hoch sei. Die beiden Parteien können sich auch jederzeit außergerichtlich einigen. 

Was besserer Schutz möglich? 

Im Vortrag des Vorsitzenden Richters wurde auch deutlich, dass technisch auf dem Schiff nicht alles reibungslos verlief. So habe etwa die Löschanlage nicht richtig ausgelöst. Die Volkswagen-Seite ist der Auffassung, dass diese den Brand hätte ausbremsen können, um das Schiff in einen Hafen zu steuern. Auch stellten die Anwälte die Sicherheitsabläufe an Bord des Schiffes infrage. Die Kläger halten dagegen, dass die verbaute Schaumlöschanlage ohnehin nicht auf Brände von E-Auto-Batterien ausgelegt sei. Denn: Zwar würden E-Autos nach Stand der Wissenschaft seltener brennen. Dafür aber heftiger. 

Versicherer fordern bessere Löschanlagen 

Nach dem verheerenden Brand auf dem Frachter hatte etwa der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bereits bessere Löschanlagen auf solch riesigen Transportschiffen gefordert. "Bei Warenwerten bis zu 500 Millionen Euro an Bord sollte bei diesen Schiffen in mehr Sicherheit investiert werden", sagte damals der GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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