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Wirtschaft
Streit bei Veltins: "Wenn Sie meine Mutter gekannt hätten"

Der Sohn hatte Millionen aus dem Erbe der Bierbrauer verlangt. Doch dass er leer ausging, ist laut Gericht rechtens. Daran ändert auch eine fragwürdige Unterschrift nach einer Partynacht nichts.

Arnsberg.

Er ist Spross einer der erfolgreichsten Bierbrauer-Familien Deutschlands. In den Genuss eines millionenschweren Erbes wird Carl Clemens Veltins allerdings vorerst nicht kommen. Seine Mutter, langjährige Inhaberin der Sauerländer Brauerei, hatte ihn in ihrem Testament ausdrücklich enterbt - zugunsten der beiden Schwestern. 

Am Donnerstag scheiterte der heute 63-Jährige vor dem Landgericht mit einer Klage in dem jahrelangen Erbschaftsstreit. "Auch die Enterbung eines Kindes ist zu respektieren", begründete die Richter ihre Entscheidung. Etwaige Ansprüche auf einen Pflichtteil, die der Kläger hatte geltend machen wollen, seien mehr als 30 Jahre nach dem Tod der Mutter längst verjährt. 

Hoher Prozesskostenvorschuss 

Noch in Unkenntnis der drohenden Niederlage hatte der heute 63-jährige Veltins-Spross vor dem Start der Gerichtsverhandlung gelöst gewirkt. Dabei geht es um viel: Auf 30 Millionen Euro beziffert das Gericht den Streitwert - allein bevor es losgehen konnte, musste der Veltins-Sohn eine Summe von 360.000 Euro als Prozesskostenvorschuss berappen, wie er berichtet. 

"Das ist ja ein teures Ding", antwortet er entsprechend auf die Frage der Richterin, warum er erst so viele Jahre nach dem Tod seiner Mutter Klage eingereicht habe. Erst als ihm jemand das Geld zur Verfügung stellte, habe er klagen können. 

Sohn zieht Testament der Mutter in Zweifel

Das jüngste von drei Geschwistern hatte zum einen versucht, das Testament seiner Mutter selbst in Zweifel zu ziehen: Sie sei schon gar nicht mehr Herrin ihrer Sinne gewesen, als sie es anfertigte. Das bestreitet die Seite der beklagten Schwestern. Immerhin habe die Familienunternehmerin bis kurz vor ihrem Tod die Brauereigeschäfte geführt, so ihre Anwälte. Auch das Gericht folgte dem Kläger in diesem Argument nicht. Es sei nicht zu erkennen, dass seine Mutter nicht mehr in der Lage gewesen sei, das Testament aufzusetzen. 

Die Veltins-Schwestern sind der Verhandlung ferngeblieben. Eine der beiden, Susanne Veltins, ist wie ihr Neffe in der Brauerei aktiv - eine der bekanntesten Deutschlands. Im Ranking des Branchenmagazins "Inside" der meist getrunkenen Biermarken in Deutschland steht Veltins auf dem dritten Platz nach Krombacher und Bitburger. Der Umsatz der mehr als 700 Mitarbeiter zählenden Brauerei im Hochsauerlandkreis beträgt knapp 460 Millionen Euro. Auf Anfrage lässt die Brauerei wissen, der Gerichtsstreit habe keine wirtschaftlichen Auswirkungen. Es handele sich "ausschließlich um eine Rechtsstreitigkeit, die Angehörige der Familie betrifft". 

Auch die Anwälte sind sparsam mit Angaben vor Gericht. Im Wesentlichen argumentiert die Seite der Beklagten mit Verjährung der Ansprüche. Eine Einigung komme nicht infrage. Auch auf Nachfrage im Anschluss an die Verhandlung möchten sie sich zu dem Familienstreit nicht äußern. 

Veltins-Sohn schildert resolutes Vorgehen der Mutter

Carl Clemens Veltins dagegen nutzt die Bühne, die Familienverhältnisse deutlich zu machen, zeichnet das Bild einer Familie, die ihn über den Tisch ziehen wollte. Und das von Anfang an: Gerade erst hatte er seinen 18. Geburtstag gefeiert, da habe ihn seine Mutter überrumpelt, eine Erklärung zum Verzicht seines Pflichterbe-Anteils zu unterschreiben. 

Nach einer durchzechten Nacht, noch alkoholisiert, sei ihm die Tragweite der Unterschrift nicht klar gewesen: "Ich wusste gar nichts. Ich schwör's", sagt er. Für Nachfragen sei da kein Platz gewesen: "Wenn sie meine Mutter gekannt hätten, wüssten sie, dass da kein Widerspruch geduldet war", so Veltins. 

Doch die Frage, ob seine Unterschrift unter der Verzichtserklärung nach einer durchzechten Nacht Gültigkeit hat, wird die Richter gar nicht mehr beschäftigen: Drei Jahre lang habe man Zeit, seinen Pflichtanspruch geltend zu machen, wenn klar ist, dass man ansonsten im Erbe nicht bedacht ist. 

Auch wenn Carl Clemens Veltins mehrfach beteuert, er habe all das nicht wirklich gewusst, nie ein Testament erhalten, sei falsch beraten worden, folgt das Gericht ihm nicht: Es gibt da auch gewisse Mitwirkungspflichten, wenn man sein Recht durchsetzen möchte, betont die Richterin zur Begründung der Verjährung. Die Prozessbeteiligten sind da längst abgereist. 

Ob nun Ruhe einkehrt im Erbschaftsstreit zwischen den Veltins-Geschwistern ist offen: Es kann vor dem Oberlandesgericht Berufung eingelegt werden. (dpa)

© Copyright dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH
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